11. Forum Architekturwissenschaft
TRANSFORMATION:
Bestand umbauen, Bestehendes umdenken
Erneute gemeinwohlorientierte Forderungen
Das 11. Forum Architekturwissenschaft zielt darauf ab, die jüngsten Debatten über die Transformation von Bestehendem, der „Built Fabric“ zu synthetisieren. Gleichzeitig wird die Frage gestellt, welche neuen Forderungen formuliert werden müssen, um die Aspekte des sozialen, ökologischen und ästhetischen Gemeinwohls im Kontext der Transformation zu verhandeln.
Aktuell diskutieren verschiedenste Akteur:innen intensiv die Frage der Bestandstransformation. Angesichts ökologischer Herausforderungen und sozioökonomischer Veränderungen soll der Umgang mit dem Bestand erforscht werden, um einen weiteren Paradigmenwechsel einzuleiten. Initiativen und Forschungsprojekte wie Cure a Place of Care (Krvavica), HouseEurope, future.lab, Obsolete Stadt, Denkstatt, AKS Gemeinwohl und Haus der Statistik untersuchen die Hebel, Potentiale und Herausforderungen der Bestandstransformation. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteur:innen und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Maßstäbe reflektieren sie den Zusammenhang zwischen städtebaulichen/raum- und landschaftsplanerischen, architektonischen, ökonomischen, politischen und rechtlichen Voraussetzungen sowie zukünftigen Szenarien.
Die praktischen Vorhaben und geführten Debatten um bodenpolitische Instrumentarien verfolgen zum einen das Ziel, den materiellen Baubestand für eine Weiterverwendung zu befähigen. Zum anderen setzen sie sich fokussiert mit der Frage auseinander, wie das Gemeinwohl, die Verteilung von Ressourcen und bessere Lebensbedingungen im Kontext einer erfolgten Transformation konzipiert werden können, zwischen städtischem und ländlichem Raum.
Dennoch zeigt sich, dass insbesondere die Frage nach dem sozialen Beitrag der heutigen Bestandstransformation eine herausfordernde ist. Aufgrund der hohen Privatisierungswelle seit den 1990er Jahren, der zunehmenden Bedeutung des Immobilienmarkts als Investitionsziel seit 2008 und der gesellschaftlichen Diversifizierung ist die Steuerung der aktuellen Transformation auf den Konsens zahlreicher Akteur:innen angewiesen. Es bedarf mehr Verhandlungs- und Experimentierräume sowie vor allem längere Verhandlungsprozesse. Das planungspolitische Handlungspotential, das der Moderne zur Verfügung stand, um ihren Auftrag zu erfüllen – möglichst vielen Menschen einen „guten“, ästhetisch ansprechenden Wohnraum, eingebunden in eine soziale und städtische Infrastruktur (Stichwort: Bildung), nachhaltig zu gewährleisten – existiert heute in diesem Ausmaß nicht mehr. Zudem stehen wir vor der existentiellen Frage, wie die Aspekte sozialer Gerechtigkeit auch mit der zu bewältigenden Klimakrise in Einklang gebracht werden können.
Das führt uns zu den zentralen Fragen, welchen gesellschaftlichen Beitrag leistet die Transformation, wem nutzt sie, in welcher Form und auf welche Art und Weise? Wer ist an diesen Transformationsprozessen beteiligt, mit welchem Auftrag und mit welchem Ziel? Und nicht zuletzt: Welche politisch-ökonomischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen formen die aktuelle Bestandstransformation bzw. werden gebraucht?
Wir möchten mit dem 11. Forum Architekturwissenschaft ein ambitioniertes, weil synthetisiertes Zwischenfazit in Zeiten eines offensichtlichen Umbruchs ziehen. Unser Interesse gilt explizit den Debatten und Potentialen, die das hier beschriebene transformatorische Brennglas zwischen städtischem und ländlichem Raum pendelnd hinterfragen. Welcher neuen Anwaltschaft bedarf es, um die Fragen des sozialen, ökologischen und ästhetischen Gemeinwohls im Kontext der Transformation verschränkt miteinander auszuverhandeln? Wo müsste dieser Prozess konkret ansetzen? Dabei wollen wir aktuelle und zukünftige Alternativräume, -szenarien und -prozesse sowie historische Ansätze und Projekte (neu) lesen und schließlich als Ideengeber:innen kritisch diskutieren.
Überzeugt von der Bereicherung durch das Aufeinandertreffen von Disziplinen sowie von Theorie und Praxis äußern wir ein explizites Interesse an Einreichungen unterschiedlicher Protagonist:innen, die Transformationsprozesse beforschen oder an ihnen beteiligt sind. Folgende Themenbereiche im Hinblick auf das Forumsthema schlagen wir vor:
(1) Denkmodelle, Instrumentarien, Wissenssysteme, Gesetzgebungen
Welcher bodenpolitischen und ökonomischen Denkmodelle, Instrumentarien, Wissenssysteme bedarf es für eine Bestandstransformation? Welche legislativen, institutionellen (Heraus-)Forderungen für eine Umsetzung ergeben sich aus den aktuellen Praktiken heraus? Welche Schnittstellen müssen hierfür aktiviert werden?
(2) Historische Planungen neu befragt
Welche historischen Mechanismen und Konzepte in Architektur, Stadt- und Raum- und Landschaftsplanung bieten aktuell Anregungen für die Formulierung von zukünftigen Möglichkeitsräumen? Welche Ideologien sind ihnen eingeschrieben? Wie materialisieren sich diese konkret?
(3) Gemeinwohl und Verteilung von Ressourcen als eine komplexe Agency
Wie wird die Frage der Gleichheit im Gemeinwohl, der Verteilung von Ressourcen und die Verbesserung der Lebensumstände im Zuge der Bestandstransformation formuliert und mitverhandelt? Welche Potentiale bietet die Bestandstransformation für die soziale und ökologische Gerechtigkeit? Welche Akteur:innen sind in die Entscheidungsprozesse involviert? Wer und vor allem was erhält eine Agency?
Das 11. Forum Architekturwissenschaft vom 4. bis 6. Dezember 2025 wird als Diskussionsplattform zwischen Theorie und Praxis auf Basis der ausgearbeiteten Beiträge in Wien stattfinden.
Organisatorisches
Bitte senden Sie ein Abstract (max. 3.000 Zeichen) und eine Kurzbiographie (max. 500 Zeichen) bis 13. Juni an die Initiatorinnen:
forum11architekturwissenschaft.net
Die Auswahl der Beiträge erfolgt bis zum 11. Juli 2025.
Das Forum wird von 4. bis 6. Dezember 2025 in Wien (Akademie der bildenden Künste Wien, Technische Universität Wien, Architekturzentrum Wien (tbc)) stattfinden.
Im Anschluss an die Veranstaltung wird eine gemeinsame peer-reviewed und Open-Access-Publikation in der Buchreihe des Forums veröffentlicht (Ende 2026).
Konzept und Organisation
Anamarija Batista (Wien), Waltraud P. Indrist (Wien)
Das Forum Architekturwissenschaft ist eine Veranstaltung des Netzwerks Architekturwissenschaft e.V. (www.architekturwissenschaft.net). Das 11. Forum Architekturwissenschaft steht in Kooperation mit der Akademie der bildenden Künste Wien, der Technischen Universität Wien und dem Architekturzentrum Wien (tbc). Die Veranstaltung wird finanziert mit Mitteln der Sutor-Stiftung.
Quellennachweis:
CFP: 11. Forum Architekturwissenschaft: Transformation (Vienna, 4-6 Dec 25). In: ArtHist.net, 12.05.2025. Letzter Zugriff 14.05.2025. <https://arthist.net/archive/49224>.