Das achte Feld
Geschlechter, Leben und Begehren in der Kunst seit 1960
The Eighth Square
Gender, Life, and Desire in the Arts since 1960
Museum Ludwig, Köln
19. Aug. 12. Nov. 2006
Mit der Ausstellung „Das achte Feld“ wagt sich das Museum Ludwig an die
Ränder der Sexualität. Zum ersten Mal wird der künstlerische Umgang mit
marginalisierter Sexualität so umfassend gewürdigt. Die Schau versammelt
über 260 Werke von mehr als 80 Künstlerinnen und Künstlern und bietet
damit einen Überblick über Trans-, Homo- und Intersexualität, Transgender,
Gender-Crossing, Drag und Travestie in der Kunst.
Rahmenprogramm
Vorträge:
Dienstag, 24. Oktober
19 Uhr
The Golden Years
Diedrich Diederichsen, Ruth Sonderegger, Christoph Gurk, Juliane
Rebentisch, Christine Frisinghelli, Matthias Haase GOLDEN YEARS - Ein
Gepräch und eine Buchvorstellung
David Johansen, Sänger der New York Dolls, war ein Protegé des queeren
Schaupielers und Regisseurs Charles Ludlam. Ludlam hatte mit John Vaccaro
das Ridiculous Theatre begründet, in dem sich in den 60ern viele Figuren
der Warhol-Welt tummelten. Aus der Hippie-Drag-Performance-Truppe The
Cockettes gingen nicht nur John-Waters-Darsteller und der Kern der Band
Tuxedomoon hervor, sondern auch die Gründerfigur queerer Disco-Kultur, das
Prince-Vorbild Sylvester.
Diesen und anderen Verbindungslinien, die fast immer zum Werk des
Performers, Filmemachers, Theatergründers und Theoretikers Jack Smith
zurückführen, spürte im Rahmen des Steirischen Herbstes 1999 eine Gruppe
von KulturwissenschaftlerInnen, PhilosophInnen und AutorInnen nach. Heute
stellen Mitglieder der Gruppe den Band "Golden Years" mit Beiträgen aller
Beteiligten sowie Material von u.a. Stefan Brecht, Jack Smith und Ronald
Tavel vor.
-Diedrich Diederichsen lehrt an der Merz-Akademie in Stuttgart und lebt
als freier Autor (u.a. für Theater heute und Texte zur Kunst) in Berlin.
- Christine Frisinghelli ist Kuratorin und Herausgeberin der Zeitschrift
Camera Austria in Graz. Von 1996 bis 1999 war sie Intendantin des
steirischen herbst, Graz.
- Christoph Gurk ist Dramaturg an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz
in Berlin.
- Matthias Haase ist wissenschaftlicher Assistent am philosophischen
Seminar der Universität Basel.
- Juliane Rebentisch ist Philosophin und Kunsttheoretikerin und lehrt an
der Universität Potsdam.
- Ruth Sonderegger ist Philosophin und arbeitet an der Universiteit van
Amsterdam.
Eine Veranstaltung der Freunde des Museum Ludwig und des
Wallraf-Richartz-Museums mit der Fritz Thyssen Stiftung und der
Gesellschaft für Moderne Kunst.
Einritt: 2,50 Euro, erm. 1,50 Euro. Mitglieder der Freunde WRM/ML und der
Gesellschaft: Eintritt frei.
Sonntag, 29. Oktober
19 Uhr
Queer (Exhibition) Space. Eran Schaerf im Gespräch mit Aaron Betsky
Was ist ein queerer Raum? Kann ein Museum für die Dauer einer Ausstellung
queer werden? Verliert eine künstlerische Praxis, die sich am Rand der
Gesellschaft abspielt, an Widerstandspotential, wenn sie in die Mitte - im
Museum - angekommen ist? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Berliner
Künstler Eran Schaerf. Im Gespräch mit Aaron Betsky – Autor des Buches
“Queer Space. Architecture and Same Sex Desire” - wird der Künstler seine
Ausstellungsarchitektur für „Das achte Feld“ zur Diskussion stellen.
Eran Schaerf war bis 2006 Professor an der Hochschule für bildende Künste
in Hamburg. In seiner künstlerische Praxis untersucht er räumliche
Strukturen an der Schnittstelle von Medien, Mode und Architektur.
Aaron Betsky ist Direktor des Netherlands Architecture Institute, dem
größten Architektur Museum der Welt. Er ist u.a. Autor von False Flat: Why
Dutch Design Is So Good (2004) und What Is Modern (im Druck).
Eintritt: 2,50 Euro, erm. 1,50 Euro.
Dienstag, 7. November
19 Uhr
„Man erringt das andere Geschlecht zunächst einmal in sich selbst“
Katharina Sieverding im Gespräch mit Frank Wagner
Katharina Sieverdings Film „Life - Death“ von 1969 ist ein frühes
Protokoll der Auseinandersetzung mit Gender und Personalität. Der Film ist
ein radikales Selbstporträt der Künstlerin, in dem sich Travestie und
Transsexualität zu überlagern scheinen. 1974 nahm sie als einzige
weibliche Künstlerin an der Schweizer Ausstellung „Transformer - Aspekte
derTravestie“ teil. „Auf der Suche nach Identität ist Abweichung
unumgänglich. Identität ist ein permanenter Wandlungs- und
Entwicklungsprozess“, sagt die Künstlerin in einem Interview mit Harald
Fricke. Frank Wagner wird mit Sieverding über ihre frühen Jahre, ihre
schöpferische Auseinandersetzung mit der eigenen Person und ihre
Geschlechterinszenierungen sprechen.
Katharina Sieverding wurde 1944 in Prag geboren. Sie studierte an der
Kunstakadamie Düsseldorf bei Joesph Beuys. Seit 1992 lehrt sie an der
Universität der Künste Berlin. Sie lebt in Düsseldorf und Berlin. Frank
Wagner lebt als freier Kurator in Berlin. Er kuratierte zahlreiche
Ausstellungen im In- und Ausland. Er ist Gastkurator der Ausstellung „Das
achte Feld“.
Eine Veranstaltung der Freunde des Museum Ludwig und des
Wallraf-Richartz-Museums mit der Fritz Thyssen Stiftung und der
Gesellschaft für Moderne Kunst.
Einritt: 2,50 Euro, erm. 1,50 Euro. Mitglieder der Freunde WRM/ML und der
Gesellschaft frei.
Finissage: Sonntag, 12. November
Judith "Jack" Halberstam, Del LaGrace Volcano
Die Ästhetik des Unerwarteten
17 Uhr
Führung durch die Ausstellung auf Englisch.
18:30 Uhr
Vortrag/Performance auf Englisch.
Eingangshalle des Museum Ludwig
Beim Schachspiel sind viele der Zugsequenzen obligatorisch, wenn nicht gar
namentlich festgelegt. Doch hin und wieder überrascht ein kreativer
Spieler mit einem „Zwischenzug“, also etwas Unerwartetem. Vielleicht wird
dieser Spieler nicht gewinnen, doch er wird die Spielfolge ändern. -
Zusammen mit dem Queer-Fotografen Del LaGrace Volcano untersucht die
Kulturkritikerin Judith Halberstam die Ästhetik des Unerwarteten in der
zeitgenössischer Darstellung von Homosexuellen. Anhand von Arbeiten
homosexueller Künstler - u.a. Deborah Kass, Diane Arbus, Andy Warhol und
Cathrine Opie - werden Theorie und Praxis unberechenbarer ästhetischer
Vorgänge dargelegt.
Judith Halberstam ist Autorin und Professorin für Frauen- und
Geschlechterforschung und Englisch an der University of Southern
California. Derzeit arbeitet sie an einem Buch über „alternatives Denken“.
Der kalifornische Foto-Künstler Del LaGrace Volcano ist ein Vorreiter der
Intersexuellen-Bewegung. In seinen Arbeiten bezieht er sich oft auf den
eigenen Körper. Im kommenden Jahr erscheint sein neuer Bildband „Femmes of
Power“.
In Kooperation mit den JungenKunstFreunden und mit freundlicher
Unterstützung des US-Generalkonsulats/Amerika Haus Köln.
Einritt: 2,50 Euro, erm. 1,50 Euro. Mitglieder der Freunde WRM/ML:
Eintritt frei.
Film-/Konzertprogramm:
Donnerstag, 19. Oktober
19 Uhr
Vorfilm: Das Sommerkleid
(Fr 1996, OmU, R: Francois Ozon, 15 Min)
Sébastien hat Streit mit seinem Freund und verlässt wütend das gemeinsame
Ferienhaus. Am Strand trifft er auf Lucia, die ihm ein freizügiges Angebot
macht. Obwohl er sonst nur mit Männern schläft, lässt er sich von ihr
verführen. Da Sébastiens Hose gestohlen wird, überlässt sie ihm ihr Kleid,
das ihm vorzüglich steht. Ozon erzählt hier die Geschichte eines
besonderen Coming-Outs.
Tropfen auf heiße Steine
(Fr 2000, DF, R: Francois Ozon, 90 Min)
Verfilmung eines Theaterstücks von Rainer Werner Fassbinder. Im
Mittelpunkt steht Leopold Blum (Bernhard Giraudeau), ein Geschäftsmann,
der den 20jährigen Franz (Malek Zidi) in seinen Bann zieht. Sie beginnen
ein Verhältnis, und Franz übernimmt den Haushalt in Leos Apartment. Als er
merkt, dass Leo auch eine dunkle Seite hat, droht die Beziehung zu
zerbrechen. Während Franz noch überlegt, zu seiner ehemaligen Freundin
Anna (Ludvine Sagnier) zurückzukehren, verführt Leo auch diese. Als dann
plötzlich noch Leos Ex-Lover (Anna Thomson), die transsexuelle Vera
auftaucht, entfaltet das Stück seine tragische Dimension.
Eintritt: 4 Euro
21 Uhr
Die bitteren Tränen der Petra von Kant
(BRD 1972, OV, R: Rainer Werner Fassbinder, 124 Min)
Eine erfolgreiche Modeschöpferin (Margit Carstensen), von Männern
enttäuscht und verlassen, findet auch in den Beziehungen zu Frauen kein
Glück. Ihre bitteren Tränen -“Ich bin im Arsch“ - vergießt sie auf dem
Flokati ihres Luxusapartments. Einsam und allein bleibt sie am Schluss
zurück. Fassbinder schwelgt in einer stilisierten Inszenierung. Ein von
seelischer Eiseskälte beherrschten Melodram, das seine Herkunft vom
Theater gar nicht leugnen will.
Eintritt: 4 Euro
Donnerstag, 26. Oktober
19 Uhr
Vorfilm: Hallelujah!
(D 2005, OV, R: Jochen Hick, 5 Min)
Entstanden am Rande des Weltjugendtags in Köln 2005. Der Papst kommt
vorbei im Papamobil. Aber noch nicht sofort. Erst in drei Stunden. Noch
genug Zeit, um zu singen und den Herrn zu loben. Auch eine kleine Gruppe
Lesben und Schwule ist gekommen und hat ihre eigenen Lieder mitgebracht ...
Ich kenn´ keinen - Allein unter Heteros (D 2003, OV, R: Jochen Hick, 99
Min) Jochen Hick dokumentiert homosexuelles Leben auf dem Lande. Er
porträtiert fünf schwule Schwaben, junge und alte, zeigt, wie sich diese
mit ihrer heterosexuellen Umgebung am Stammtisch oder im Kirchenchor
abgefunden haben, und begleitet sie auf ihren kleinen Fluchten in die
Großstadtszene oder an den thailändischen Badestrand. Der Film macht
deutlich, wie schwer es immer noch sein kann, sich der Hetero-Norm zu
entziehen. Er offenbart aber auch, wie sehr sich manche Schwule und Lesben
nach einer bürgerlichen Existenz - dem vermeintlich Normalen - sehnen.
Jochen Hick ist anwesend und wird Publikumsfragen beantworten.
Eintritt: 4 Euro
Dienstag, 31.10.06
MOVE YOUR BODY
Konzert und Party im Rahmen der Sonderausstellung "Das
achte Feld"
NAMOSH LIVE (Berlin)
Namosh, 24, ist Solokünstler und Live-Musiker. Namosh singt, schreit,
stöhnt auf der Bühne - und tanzt synchron dazu. Auch das Spielen der
verschiedenen Geschlechterrollen beherrscht er vorzüglich.
Eine Performance irgendwo zwischen Prince und Iggy Pop.
DJ Steffen Irrlinger (Donna Regina) & Gäste
Beginn: 22 Uhr
Einritt: 8 EUR
Donnerstag, 9. November
19 Uhr
Tropical Malady (Th/Fr/D/I 2004, OmU, R: Apichatpong Weerasethakul, 118 Min)
Der junge Soldat Keng (Banlop Lomnoi) und sein Freund Tong (Sakda
Kaewbuadee) verbringen eine unbeschwerte Zeit miteinander - mal bei Tongs
Familie auf dem Dorf, mal in den Karaoke-Bars der Stadt. Eines Tages ist
Tong verschwunden, sein Dorf lebt in Angst - eine wilde Bestie fällt über
die Kühe der Bauern her. Einer thailändischen Sage nach kommt es vor, dass
Menschen sich plötzlich in wilde Tiere verwandeln. Keng macht sich auf die
Suche nach dem verschollenen Geliebten. Mit seiner ruhigen Erzählweise
gelingt dem Film eine berührende Aktualisierung des mythischen Stoffs.
Eintritt: 4 Euro
Quellennachweis:
ANN: Das achte Feld (Museum Ludwig, Koeln). In: ArtHist.net, 20.10.2006. Letzter Zugriff 27.04.2025. <https://arthist.net/archive/28668>.