21.-22.11.03)
Date: 06 Oct 2003
Graduiertenkolleg: Bild. Körper. Medium. Eine anthropologische
Perspektive
Staatliche Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe
Öffentliche Tagung - Teil 1
Körper und Bild im Spätmittelalter. Techniken und Reflexionen des Bildes
21.-22. November 2003
Ort:
Zentrum für Kunst und Medientechnologie
Vortragssaal
Lorenzstr. 15
76135 Karlsruhe
Im Mittelalter existiert wie zu keiner anderen Zeit ein Bewusstsein für
den Körper des Menschen und den Menschen als Körper. Dies lässt ihn zur
Projektionsfläche für religiöse Praktiken und Selbstinszenierungen
werden. Am Körper als Ausdruck symbolischer Ordnung kristallisieren sich
wesentliche anthropologische, erkenntnistheoretische und moralische
Fragen der Zeit. Damit steht der Körper in einem Kontext der
Repräsentation. Wenn die Tagung die Frage nach Körperbildern im
Mittelalter aufgreift, so geschieht dies, um insbesondere die
wechselseitigen Verflechtungen von Körper und Bild in den Blick zu
nehmen und sich den Bedeutungsfeldern des Körperbegriffs im
Spätmittelalter zuzuwenden. Dabei kann und soll es nicht in erster Linie
darum gehen, möglichst viele verschiedene Körperkonzeptionen und -
diskurse zusammenzutragen, umfassende „framings“ (Kay/Rubin 1994) oder
„mappings“ (Biddick 1993, Sarasin 1999) des Körpers vorzunehmen. Es soll
vielmehr das mögliche Verhältnis von Körper und Bild in einem gegebenen
Zeitabschnitt, dem ausgehenden Mittelalter, anhand von Fallstudien
untersucht werden.
Ausgangspunkt eines solchen Ansatzes sind Beobachtungen, dass die vielen
„Körper“ in den zahlreichen Feldern, die sie besetzen, in diesem
Zeitraum eine Auf- oder Umwertung erfahren, bzw. dass sich „neue Körper“
konstituieren. Dabei verändern sich auch die Bezugsachsen von Körper und
Bild. Die semantische Verbindung von Körper und Bild hat für das
christliche Mittelalter ihren Ursprung in der Setzung des Fleisch (i.e.
Körper) gewordenen Christus als Bild Gottes. Heilsgeschichtlich
bedeutsame Momente wie die leibliche Auferstehung Christi und die
Wundmale sind „Bilder am Körper“ oder „Bilder durch den Körper“.
Die Umwertung, die das Verhältnis von Körper und Bild im späten
Mittelalter erfährt, schlägt sich in einer differenzierten
Körperreflexion nieder, von der die Menschendarstellungen der Zeit
zeugen. Im England des 14. Jahrhunderts kommt die Effigies als getreues
Abbild des Königskörpers auf. Die Entstehung des frühen Porträts im 13.
Jahrhundert geht jüngsten Forschungen zufolge auf den Versuch zurück,
durch die Ähnlichkeit zum Dargestellten dessen Nähe zu Gott aufzuzeigen.
Der Körper wird zu einem ganz neuartigen Bild, wenn sich am Leib des
stigmatisierten Franziskus die göttliche Gegenwart auf spektakuläre
Weise manifestiert. Anhand des Körpers werden neue Bildfragen
diskutiert, wenn sich die Frage der „Seligen Schau“ im frühen 14.
Jahrhundert an dessen Gegebenheiten knüpft. Die Tagung geht der Frage
nach, wie Bild und Körper im späten Mittelalter konzeptuell
zusammenzuführen sind, auch im Hinblick auf Probleme, die bisher
vorwiegend aus anderen Perspektiven bearbeitet wurden. Hier ist etwa das
Problem zu betrachten, ob sich mnemotechnische Bildprogramme auch als
Frage von Bild und Körper denken lassen, nämlich als Verweis auf einen
impliziten Betrachterkörper im Bild, durch den Rezeptions- und (Bild-)
Speicherfähigkeiten mitgedacht sind.
All diese Beispiele verweisen auf die Existenz zahlreicher, aber dennoch
auf die gleichen Parameter (Körper, Bild) bezogenen Fragekomplexe:
Welche Körperdiskurse, welche eventuellen medialen Widersprüchlichkeiten
werden in den Bildern formuliert und thematisiert? Auf welche
Körpervorstellungen beziehen sich Darstellungen und in welcher Weise
werden Körper zu Bildern und Bilder zu Körpern?
Freitag, 21. November 2003
9.30: Begrüßung
Prof. Peter Weibel, Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe.
Prof. Dr. Peter Sloterdijk, Hochschule für Gestaltung Karlsruhe.
Moderation: Dr. Martin Schulz, Hochschule für Gestaltung Karlsruhe.
10.00 – 10.45: Philip Cordez, École des Hautes Études en Siences
Sociales, Paris.
Die Reliquien und ihre Bilder: die illustrierten Verzeichnisse am Ende
des Mittelalters
10.45 – 11.30: Dr. Steffen Krämer, Universität München.
Heinrich III., die Heilig-Blut-Reliquie und die Abteikirche von
Westminster
11.30-12.00: Pause
12.00- 12.45: Dr. Christoph Diedrichs, Humboldt Universität Berlin.
Virtus und Virtualität. Zum Verhältnis von Reliquie und Bild im
Mittelalter
12.45-14.00: Mittagspause
14.00-14.45: Kristin Marek, Hochschule für Gestaltung Karlsruhe.
Bild, Heiligkeit und Souveränität im Spätmittelalter
14.45-15.30: Prof. Dr. Gerhard Wolf, Kunsthistorisches Institut Florenz.
Titel noch offen
15.30-16.00: Pause
16.00-16.45: Dr. Louise Bourdua, Universität Aberdeen.
Titel noch offen
Moderation: Sabine Schwarz, Museum für Neue Kunst Karlsruhe
16.45-17.30: Dr. Tanja Michalsky, Berlin.
NE MORS QVIDEM IPSA DISIVNXIT. Grabfiguren und ihre lebendigen
Zeitgenossen in Neapel um 1500
17.30-18.15: Dr. Ariane Mensger, Universität Heidelberg.
Der “schlafende“ Erzbischof. Fragen zum Grabmal des Jean Carondelet aus
St. Donatian in Brügge
Samstag, 22. November 2003
Moderation: Dominic Olariu, École des Hautes Études en Siences Sociales
Paris
9.30-10.15: Prof. Dr. Silke Tammen, Universität Giessen.
Blick und Wunde: zur Deutungsproblematik der Seitenwunde Christi in der
spätmittelalterlichen Buchmalerei
10.15-11.00: Prof. Dr. Jean-Claude Schmitt, École des Hautes Études en
Siences Sociales Paris
Der ekstatische Körper der Nonne Elisabeth von Schönau (1152-1164)
11.00-11.30: Pause
11.30- 12.15: Raphaèle Preisinger, Hochschule für Gestaltung Karlsruhe.
Inneres Bild und äußerer Blick. Vorstellungsbilder und Malerei in der
Andachtspraxis des Franziskanerordens
12.15-13.00: Prof. Dr. Klaus Krüger, Freie Universität Berlin.
Das Imganinarium der Vollendung. Körper-Bilder in der Frühen Neuzeit
13.00- 14.30: Mittagspause
Moderation: Prof. Dr. Jutta Held, Universität Osnabrück
14.30-15.15: Marius Rimmele, Universität Konstanz.
Die Schreinmadonna: Bild - Körper – Matrix
15.15-16.00: Dr. Steffen Bogen, Universität Konstanz.
Der Körper des Diagramms. Präsentationsfiguren, mnemonische Hände,
vermessene Menschen
16.00-16.30: Pause
16.30-17.15: Katrin Kärcher, Hochschule für Gestaltung Karlsruhe.
Neues zum Doppelkörper im Stundenbuch des Duc de Berry
17.15-18.00: Prof. Dr. Dieter Blume, Universität Jena.
Körper und Kosmos im Mittelalter
18.00-18.45: PD Dr. Christiane Kruse, Universität Trier.
Rosenroman - Pygmalion oder Narziß
Öffentliche Tagung - Teil 2
Das individuelle Portrait: Reflexionen zu einer Repräsentationsform vom
XIII. bis zum XV. Jahrhundert
6. - 7. Februar 2004
Ort :
École des Hautes Études en Siences Sociales
105, Boulevard Raspail (Amphitheater/Erdgeschoss)
75005 Paris
Kontakt: bildundkoerperhfg-karlsruhe.de
Konzept/Organisation: Katrin Kärcher, Kristin Marek, Dominic Olariu,
Raphaèle Preisinger, Marius Rimmele
Quellennachweis:
CONF: Koerper/Bild im Spaetmittelalter (Karlsruhe, 21.-22.11.03). In: ArtHist.net, 06.10.2003. Letzter Zugriff 22.12.2024. <https://arthist.net/archive/25940>.