[English version below]
Call for Papers: Archimaera # 6: EINFÜGEN
Keine Architektur entsteht im leeren Raum – sie ist stets eingebettet
in einen wie auch immer gearteten Kontext. Zunächst einmal ist dies
der jeweilige Ort, an dem sie errichtet worden ist oder errichtet
wird. Er ist geprägt durch seine unmittelbare Nachbarschaft, den
Charakter eines Stadtquartiers oder einer Landschaft. Architektur
steht darüber hinaus in einem Verhältnis zur Geschichte dieses Ortes,
zu historischen Kontinuitäten oder zu Verwerfungen, die im Wechsel von
Stilen, Materialien oder Maßstäben sichtbar werden.
Eine wichtige Aufgabe der Architektur ist und war stets der Umgang mit
Vorhandenem, seien es einzelne Bauten oder ganze Quartiere. Der
Prozess ihrer Erhaltung ist mit der Fortschreibung, also der
Sanierung, dem Weiterbau oder der Nutzungsänderung des Bestehenden
verbunden. Dieses Fortschreiben macht Einfügen nötig, welches sehr
unterschiedlich motiviert sein kann. Mal ist eine nutzungsbedingte
oder eine schlichtweg gewünschte Ergänzung maßgeblich, mal eine nötig
gewordene Reparatur. Einfügen kann auf verschiedenen Maßstabsebenen
erfolgen; im Kleinen wird ein Materialwechsel durch kaum mehr als eine
Fuge angezeigt, im Großen handelt es sich um einen großflächigen
städtebaulichen Eingriff. Es kann zudem sehr verschiedene
Ausdrucksformen annehmen. So sind Spolien oder Zitate Indizien für die
beabsichtigte Rückbindung an historische Epochen oder an konkrete
Gebäude, oder die Unterscheidung des Neuen ist ein Zeichen der
bewussten Abgrenzung vom Alten.
Hier stellt sich also die Frage nach der Strategie, der ein
architektonischer Eingriff folgt: Das Einfügen steht dialektisch dem
Abheben gegenüber. Die harmonische Ergänzung des Alten durch Neues ist
ebenso denkbar wie die bewusste Distanzierung des Neuen vom Alten, um
es als Eingriff lesbar zu machen. Diese unterschiedlichen Haltungen
finden ihre Gemeinsamkeit darin, dass beiden ein – wenn auch nicht
immer reflektiertes – Werturteil über den Bestand eingeschrieben ist.
Versteht man Architektur als ein Kontinuum, in dem jedem Werk bereits
seine potentielle Fortsetzung eingeschrieben ist, so bietet Einfügen
die Möglichkeit zur Vervollständigung, die in jedem unabgeschlossenen
Moment liegt. Ein als Weiterbauen verstandenes Bauen geht immer schon
mit Interpretation einher. Damit gewinnt neben dem baulichen Eingriff
auch dessen zeitlicher Aspekt, dessen Geschichtlichkeit einen Einfluss
auf das Architekturschaffen. Einerseits stellt der Eingriff einen
Teil, nämlich die jüngste Zutat eines historischen Prozesses dar,
andererseits drückt er eine spezifische Haltung zum Vorhandenen aus.
Doch auch die Umkehrung dieser Sichtweise ist möglich. So ließe sich
nicht nur aus der Perspektive eines späteren, also eines
rückblickenden Zeitalters nach dem Stellenwert des Einfügens fragen.
Auch antizipierte Interventionen der Zukunft können zum Thema von
Architektur werden, wenn sie sich bewusst als „offen“ oder „unfertig“
versteht. Aus dieser Perspektive stellt Einfügen ein Alternativkonzept
zur Idee des Gesamtkunstwerks dar, eine Einladung zum
zeitüberspannenden Dialog unterschiedlicher Gestalter.
Die sechste Ausgabe von archimaera widmet sich dem Thema Einfügen: Wir
laden zu architektur- und städtebauhistorischer, kunst- und
kulturgeschichtlicher, theoretischer und praktischer Behandlung der
oben angeregten wie auch weiterer Fragen des Einfügens ein. Neben
wissenschaftlichen Beiträgen sind künstlerische Interpretationen und
Projekte zum Thema sehr willkommen.
Bitte senden Sie Vorschläge für Beiträge in Form eines Exposés von
max. 2.500 Zeichen bzw. einer Arbeitsprobe bis zum 24. Februar 2014 an
archimaera # 6, Adria Daraban und Rainer Schützeichel:
einfuegenarchimaera.de
Die Auswahl der Beiträge erfolgt bis zum 15. März 2014. Die
ausgewählten Beiträge sind in ausgearbeiteter Form bis zum 15. Juli
2014 einzureichen. Fristen:
24. Februar 2014 (Exposés)
15. Juli 2014 (Full Papers)
www.archimaera.de
www.archimaera.ch
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Call for Papers: Archimaera # 6: EINFÜGEN (INSERTIONS)
Architecture is always inserted into and dependent on a certain
context. The specific place where it has been built, the immediate
vicinity, the character of a part of town or a landscape leaves its
mark on it. Besides that, architecture is connected to the history of
a place or to historic continuities or breaks with the past that are
visible in the change of styles, materials, or scale.
An important task of architecture has always been a negotiation
between the new and the existing, whether dealing with single
buildings or with whole districts of a city. The processes of
preservation or replacement are connected to the continuation of
existing structures, either by redeveloping, by adding parts or by
changing their use. All these phenomena are forms of insertions. These
can be motivated in various ways: The main reason can be the adding of
parts that became necessary or were simply desired, or it can be
repairs that urgently had to be undertaken. Insertions are possible in
different scales: In a small scale, joints may discreetly hint at
newly added materials, and in a large scale, insertions may comprise
whole parts or new quarters of a city. Insertions may also be staged
in very different ways: On the one hand, spolia or citations can
indicate an intended connection to historic epochs or certain
buildings, and on the other hand, a clear differentiation of newly
added parts can manifest a dissociation towards the old.
Architectural interventions therefore stick to different strategies.
Insertions and dissociations may namely be described and understood as
a dialectic pair, because a harmonic addition is just as conceivable
as a strict differentiation that makes an intervention legible. These
different strategies find their common ground in the fact that they
are judgements on the existing, be it reflected or not.
If architecture is understood as a historic process in which every
work already bears the option of its continuation, insertions offer
the possibility of completion. The act of inserting has always been
accompanied by interpretation and forms of presentation, which makes
obvious the importance of historicity for architecture: On the one
hand, an architectural intervention itself becomes a part of a
historical building process, and on the other hand, it expresses the
planer’s attitude towards the existing. In addition, when asking for
the importance of insertions, one could not only look at it from the
perspective of a later age that is looking backwards. It is also
possible to think of anticipated interventions in the future to an
architecture that defines itself as “open” or “unfinished”. From this
point of view, insertions would become an alternative concept to the
idea of a total work of art, that is, an invitation to a dialogue
between architects of different times and epochs.
archimaera # 6 is dedicated to the topic “insertions”: It invites
architects and urban planners, artists, art historians and cultural
historians for contributions dealing with the phenomenon of
insertions. Apart from scientific contributions, artistic
interpretations or projects are also very welcome.
Please send your proposals as an exposé of max. 2.500 characters or as
a sample of work by 24th February 2014 to archimaera # 6, Adria
Daraban and Rainer Schützeichel: einfuegenarchimaera.de
The editorial board will decide about the contributions until 15th
March 2014. Accepted contributions have to be submitted as completed
manuscripts until 15th July 2014. Deadlines:
24th February 2014 (exposés)
15th July 2014 (full papers)
www.archimaera.de
www.archimaera.ch
Quellennachweis:
CFP: Archimaera, issue: Einfügen/ Insertions. In: ArtHist.net, 20.01.2014. Letzter Zugriff 22.12.2024. <https://arthist.net/archive/6807>.