un|planbar 4: Ort und Gegen-Ort. Ein Zuhause in der Moderne
Spätestens als das gewerkschaftseigene Wohnungsbauunternehmen "Neue
Heimat" 1982 in eine existentielle Krise geriet, war die Epoche der
Großsiedlungen in Deutschland beendet. Der Neubau von
Trabantensiedlungen mit Wohnhochhäusern, mit denen sich die Architektur
der 1960er und 70er Jahre deutlich von der zuvor betriebenen
Siedlungsbauweise im Heimatstil unterschied - ohne dessen Anspruch auf
Schaffung einer "Heimat" aufzugeben - wurde eingestellt. Schon seit den
1920er Jahren hatten heimatbindende Konzepte und Ideologien die
progressive Moderne begleitet und dabei ihren technokratischen
Optimismus und Drang zur Mobilität zuweilen konterkariert. Entweder fand
sich der Begriff "Heimat" in Bekenntnissen zu Funktionstrennung,
Urbanität oder Großstadt, oder er war Teil von Gegenkonzepten dazu. Vor
dem Hintergrund eines offenbar allseitigen Einverständnisses über eine
existentielle Notwendigkeit von "Heimat", griffen Architekten nicht nur
auf formale Bezüge von Tradition und Ort zurück, sondern boten auch die
Teilhabe an einer als wohltätig verstandenen technischen Entwicklung an.
Eine transzendierende Verwendung von heimatbindenden Konzepten in Wort
und Entwurf lässt sich damit im Verlauf des 20. Jahrhunderts an
zahlreichen Beispielen vermuten: Ostflüchtlingssiedlungen,
Kirchenneubauten, Massenwohnungsbau in der BRD und in Ländern des
ehemaligen Ostblocks. Auch versprechen die unterschiedlichen
Wiederaufbaukonzepte in der ehemaligen DDR, z. B. in Neubrandenburg,
Potsdam und Dresden, Aussicht auf neue Interpretationen von Heimat. Für
diese Tagung interessiert deshalb, welche Planungen als Antwort auf
Heimatlosigkeit entwickelt wurden. Treten unterschiedliche Konzepte von
Heimat in Konkurrenz zueinander? Für welche Gruppen und für welche
Bedürfnisse wurde Unbehaustheit konstatiert und Obdach angeboten?
Tagungsprogramm
Donnerstag, 13. Juni 2013
(TU-Dresden, Andreas-Schubert-Bau, Zellescher Weg 19, Raum 120)
Abendvortrag
18:30
Hans-Georg Lippert (Dresden)
Zuhause in der Kontingenz. "Heimat" als Thema der Architekturmoderne
Freitag, 14. Juni 2013
(TU-Dresden, Hörsaalzentrum, Bergstraße 64, Raum E 01, EG)
Konstruktion von Heimat
09:00
Begrüßung und Einführung in die Tagung
09:15
Jan Lubitz (Stuttgart)
Die Sehnsucht nach regionaler Identität - Hamburger Architektur im
frühen 20. Jh.
09.55
Carmen Maria Enns (München)
Die städtische Wiederaufbauorganisation in München als heimatstiftendes
Stadtumbauprogramm
10.35 Kaffeepause
11.00
Andreas Putz (Zürich)
Massenproduktion des heimatlichen Bestandes. Die Bestandserfassung durch
den Technischen Arbeitsdienst für stellenlose Techniker, Zürich
1932-1938
11.40
Hubertus Adam (Basel)
Seldwyla revisited
12.20 Mittagspause
Heimat im Sozialismus
14:00
Diana Zitzmann (Berlin/Dresden)
Byt im Wohnungsbau der frühen Sowjetunion (1917-1932). Sankt Petersburg
als Labor der Heimatstiftung
14:40
Ulrich Wieler (Wien/Weimar)
Die Gablonzer kommen. "Umsiedler" und ihre Beheimatung in einer
sozialistischen Moderne
15:20
Tanja Scheffler (Dresden)
Plattenbau-Großsiedlungen als Heimat für die "sozialistische
Gesellschaft" der DDR? Das frühe Ende einer Illusion
16.00 Kaffeepause
Heimat als Konstrukt
16:25
Kerstin Renz (Stuttgart)
Schule als Heimat - Wiederkehr eines Topos nach 1945
17:05
Stephan Dreischer (Dresden)
Das "Haus Europa" - Heimat und Beheimatung in Bauten der Europäischen
Union?
Anstelle eines Fazits
17:45
Manfred Seifert (Dresden)
Brauchen wir Heimat?
Schlussdiskussion
Ende der der Tagung ca. 18:45
Tagung des architekturhistorischen Projekts L des
Sonderforschungsbereichs 804 "Transzendenz und Gemeinsinn"
an der Technischen Universität Dresden
Quellennachweis:
CONF: un|planbar 4: Ort und Gegen-Ort (Dresden, 13-14 Jun 13). In: ArtHist.net, 26.04.2013. Letzter Zugriff 25.04.2025. <https://arthist.net/archive/5201>.