Vom 24.4.-26.4. veranstalten Prof. Dr. Sabiene Autsch (Institut für
Kunst/Musik/Textil) und Prof. Dr. Claudia Öhlschläger (Institut für
Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft) und ein
interdisziplinäres Symposium an der Universität Paderborn zum Thema
Pragmatik und Ästhetik des Kleinen.
Literarische, visuelle und mediale Mikroformate im 20. und 21.
Jahrhundert
mit internationaler Beteiligung.
Dabei stehen literarische, künstlerische und mediale Formate des
Kleinen, die parallel zu der sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts
rapide beschleunigenden Lebenszeit an Signifikanz gewinnen, im
Mittelpunkt der Beiträge. Es ist zu beobachten, dass Literatur, Kunst
und (populäre) Medien des 20. und 21. Jahrhunderts auf die
Dynamisierung von Vernetzungs- und Interaktionsprozessen und die
daraus resultierende Begrenzung von Aufmerksamkeits- und
Zeitressourcen mit dem 'kommunikativen Imperativ' der Kürze reagieren.
Sie stehen damit an der Spitze eines Transformationsprozesses von
Zeiterfahrung, der im 19. Jahrhundert seinen Ausgang nimmt und im
gegenwärtigen Zeitalter der Globalisierung, des Turbokapitalismus und
Internets zu einem Höhepunkt gelangt ist.
Informations- und Kommunikationsformate der Kürze finden sich in
narrativen und visuellen wie objektbezogenen und installativen
Mikroformaten, die sich als Resultat vorausgegangener Praktiken der
Mikroanalyse, wie etwa der Zerschlagung großer Sinneinheiten, der
Fokussierung von Details, oder der Neuordnung von Fragmenten
präsentieren. Solche Mikroformate, soweit ihnen die temporale Qualität
der Kürze eignet, reagieren auf die Erfahrung von Zeitknappheit, auf
den Wunsch nach umstandsloser Erfassung des Gegenstands und die
Distribution von Wissen in komplex gewordenen Lebenswelten; nicht
selten werden sie aber zu Indikatoren eines zunehmenden Bedürfnisses
nach Entschleunigung: Sie sistieren den Augenblick im Vollzug seines
Vergehens, sie schärfen den Blick für die Materialität und
Erscheinungsweise des Flüchtigen, Ephemeren und lenken die
Aufmerksamkeit auf das Detail, auf das scheinbar Nebensächliche,
Triviale, Unauffällige. Weil das Kleine immer nur in Relation zum
Großen als klein erscheint, ist die qualitative Größe des Kleinen
schwer zu definieren, sie hat 'viele Gesichter'.
In welcher Weise machen Mikroformate die Wirkungsrelevanz von
Vergänglichkeit und Flüchtigkeit im Raum erfahrbar? Inwiefern schärfen
sie das Bewusstsein für eine noch nicht absehbare Wende in der
Neukonstituierung und Neuordnung kulturellen Wissens? In welcher Weise
scheint gerade im Kleinen das Große beschlossen zu liegen? Und: Welche
Bedeutung kommt dem Kleinen bei der Vermittlung von Normen und Werten
und bei der Prägung von Identität und kollektiven Gedächtnissen zu?
Aus erfahrungsgeschichtlicher Perspektive sind es insbesondere die
kleinen, alltäglichen Geschichten (Oral History) durch die das
Individuum einen Bezug zwischen einer Gegenwart und einer
Vergangenheit herstellt und sich in seiner jeweiligen 'Zeitheimat' zu
verorten versucht.
Programm
Mittwoch, den 24. April 2013
8.30h-9.00h: Begrüßung und Einführung
Claudia Öhlschläger, Sabiene Autsch, Christoph Ribbat (Paderborn):
Das Kleine denken/schreiben/zeigen.
9.00h-10.00h
Maren Jäger (Mainz):
Die Kürzemaxime im 21. Jahrhundert vor dem Hintergrund der antiken und
(früh)neuzeitlichen brevitas-Diskussion
10.00h – 11.00h
Andreas Käuser (Siegen):
Fragment und Moderne: Theorie und Empirie
11.00h-11.30h Kaffeepause
11.30h-12.30h
Serena Grazzini (Pisa):
Kabarettistische Kleinkunst in den ersten drei Jahrzehnten des 20.
Jahrhunderts
12.30h-13.30h
Christa Baumberger (Bern):
Emmy Hennings als Feuilletonistin der Zwanziger und Dreißiger Jahre
13.30h-14.30h Mittagspause
14.30h-15.30h
Monika Leipelt-Tsai (Taiwan):
Mikrologische Formen von Bildern und Texten Else Lasker-Schülers
15.30h-16.30h
Silke Horstkotte (Leipzig):
„Augenblicksbeobachtungen“: Wahrnehmungen beim frühen Kafka
16.30h-17.00h Kaffeepause
17.00h-18.00h
Robert McCulloch (Baltimore, USA):
Robert Walsers literarische Kurzformen
18.00h-20.00h Abendessen
20.30h Abendvortrag
Renate Brosch (Stuttgart):
Visualität der Short Story
Donnerstag, den 25. April 2013
9.00h-10.00h
Cornelia Blasberg (Münster):
Kurzformen in großen Gattungen
10.00h-11.00h
Jens Birkmeyer (Münster):
Kürze als Kritik der Zeit. Verdichtung und Verknappung in Alexander
Kluges Erzählungen
11.00h-11.30h Kaffeepause
11.30h-12.30h
Matthias Thiele (Dortmund):
Notizen
12.30h-13.30h
Johannes Süßmann (Paderborn):
Das Geschichtsfeuilleton in Frankreich und Deutschland (Thédore
Gosselin und Friedrich Sieburg)
13.30h-14.30h Mittagspause
14.30h-15.30h
Jens Schröter (Siegen):
Sehr kurze Bewegungsbilder. Zur Geschichte und Theorie einer kleinen
Form
15.30h-16.30h
Matthias Brütsch (Zürich):
Auf den Punkt gebracht. Formen der Verdichtung und Pointierung im Kurz-
und Kürzestfilm
16.30h-17.00h Kaffeepause
17.00h-18.00h
Alexander Schlicker (München):
Filmische Mikrostrukturen in medientheoretischer Perspektive
18.00h-19.00h
Christoph Jacke (Paderborn):
Verknappung, Vereinfachung und Konzentration in popkulturellen
Formaten (Musik-Videoclips)
19.00h Abendessen
Freitag, den 26. April 2013
9.00h-10.00h
Gunnar Schmidt (Trier):
Miniaturen in der Medienkunst (Bill Viola, Tony Oursler)
10.00h-11.00h
Jutta Ströter-Bender (Paderborn):
Historische Architekturmodelle: Materialität und ästhetische Präsenz
11.00h- 11.30h Kaffeepause
11.30h-12.30h
Michael Niehaus (Dortmund):
Mikro-Narrationen im Comic-Strip als Medium der Kulturanalyse
12.30h-13.30h
Joseph Imorde (Siegen):
Nippes. Beheimatung in Kleiner Form
13.30h- 14.00h Mittagsimbiss
14.00h-15.00h
Therese Weber (Basel):
Kleinste Einheit der Form - Papierfaser
15.00h-16.00h
Lisa Gotto (Köln):
Über/Schreiben. Zur Vervielfältigungsform der TippExperience
16.30h -17.30h
Harald Lemke (Lüneburg)/Sabiene Autsch (Paderborn)
Molekularküche
Reference:
CONF: Pragmatik & Ästhetik des Kleinen (Paderborn, 24-26 Apr 13). In: ArtHist.net, Apr 21, 2013 (accessed Apr 25, 2025), <https://arthist.net/archive/5151>.