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Call for Papers für das Studienjahr 2013/14
Vortragsreihe „Kunst – Forschung – Geschlecht“
Vortragsreihe der Abteilung für Genderangelegenheiten, Universität für
angewandte Kunst Wien
Stoff wechseln?
Ein geschlechterkritischer Blick auf Material und Medium
Ob Farbe, Fell, Film, Schokolade, Stein, Stahl oder Schimmel,
fotografisch festgehalten oder performativ eingesetzt: An Materialien,
Medien und Verarbeitungsformen haftet ge- und verliehenes
Geschlechtliches und auch geschlechtliche Körper werden mit Qualitäten
anderer Materialien belehnt und aufgeladen. Selbst wo wir es mit
Immateriellem zu tun haben, kann noch vergeschlechtlicht werden, zum
Beispiel über die Negierung von Körperhaftigkeit.
In langer Tradition wurde Material als roher Stoff oder gestaltloser
Träger der Form untergeordnet. Diese Unterordnung geht in der
abendländischen Kunstgeschichtsschreibung mit der Unterordnung von
Künstlerinnen einher: Das Geistig-Ideelle wurde männlich konnotiert
und damit das unausgesprochen männliche Künstlergenie der freien
Künste höher eingeschätzt als das Stofflich-Natürliche, das dem
Bereich des Weiblichen und der angewandten Kunst zugeordnet wurde.
Monika Wagner hat sich in vielen Publikationen gegen die
Unaufmerksamkeit der Disziplin Kunstgeschichte gegenüber dem Material
gewandt und die Semantik und Ästhetik unterschiedlicher Materialien
und auch Medien mit Blick auf ihre geschlechtlichen Implikationen in
historischer Perspektive herausgearbeitet. Während Materie und Form
bereits in ein Dispositiv um Bipolarität eingeschrieben wurden, werden
die unterschiedlichen Materialien entsprechend ihres Grades an
Festigkeit, Gewicht oder Porosität etwa, entsprechend ihrer
Organizität/Anorganizität nochmals zueinander hin differenziert. Vor
diesem Hintergrund kann gesagt werden, dass die Positionierung in
Hinblick auf Geschlecht und Geschlechterfragen die Wahl von
Materialien mitbestimmt, sei es in Form einer Verwerfung, einer
Anrufung oder einer kritischen Aneignung.
Für die Vortragsreihe interessieren dabei eine ganze Reihe an
Fragestellungen zur künstlerischen und kunstwissenschaftlichen Praxis:
zu Verfahren der Subjektivierung von Materialien im konkreten; zum
Umgang mit ‚neuen‘ Materialien oder zur widerspenstigen Aneignung
bewährter Materialien; zu der im feministischen Zusammenhang
wesentlichen Wiederaneignung des eigenen Körpers und zum subversiven
Einsatz desselben als Material und Medium etwa für Schrift, für
wörtliche Einschreibungen in die Haut, unter Einsatz des so genannt
Abjekten. Es interessieren neue Blicke auf den historischen Diskurs um
eine weibliche Ästhetik, der um Materialien und Qualitäten wie
Viskosität, Taktilität und spezifische künstlerische Verfahrensweisen
gestrickt war. Das Thema betrifft auch die große Aufmerksamkeit, die
derzeit wieder Textilem sowohl in der künstlerischen als auch der
wissenschaftlichen Praxis zukommt, und die Frage nach der
Im/materialität der Projektion. Nicht zuletzt interessieren auch
Überlegungen und Fallbeispiele zum Verhältnis von Material, Medium und
der Ware in ihren Bewegungen, zum Begriff der Arbeit und den
Arbeitsformen, die im Werkstoff bereits eingeschrieben sind sowie das
Verhältnis von Materialästhetik und Prozessen der Fetischisierung.
Durch welche Strategien können die Materialien und Medien
eingeschriebenen Geschlechtlichkeiten weiter umgeschrieben werden? Wie
durchbrechen KünstlerInnen geschlechterstereotype Zuschreibungen, wenn
sie mit spezifisch männlich oder weiblich konnotierten tools oder
Techniken arbeiten? Wie können durch neue Medien oder neue Einsätze
von Materialien andere Körperkonfigurationen und KünstlerInnenbilder
entwickelt, Identitätspolitiken aufgelöst oder modifiziert werden?
Zur Vortragsreihe: Die Vortragsreihe „Kunst – Forschung – Geschlecht“
wird im Studienjahr 2013/14 an der Universität für angewandte Kunst
Wien stattfinden und kann auch als Lehrveranstaltung absolviert
werden. Die Vortragsreihe wird von der Abteilung für
Genderangelegenheiten organisiert. Wir laden WissenschaftlerInnen und
KünstlerInnen aller Disziplinen ein, ihre Perspektive zu obigen
Fragestellungen vorzustellen. Insbesondere möchten wir
NachwuchswissenschaftlerInnen auffordern, Abstracts einzureichen – zum
Beispiel aus dem Bereich Ihrer Dissertation. Vortragende erhalten ein
Honorar von € 300,- Reisekosten werden übernommen. Eine Publikation
der Beiträge ist geplant.
Pro Studienjahr werden üblicherweise acht Vorträge ausgewählt, die
jeweils mittwochs an der Angewandten stattfinden. Die Dauer des
Vortrages ist mit maximal 60 Minuten angesetzt. An den Vortrag
schließt eine Diskussion an.
Konzept & Organisation der Reihe: Abteilung für Genderangelegenheiten
Einreichungen bitte per E-Mail bis spätestens 2.6.2013 an
genderuni-ak.ac.at mit
- Arbeitstitel
- Abstract (300 Wörter)
- Kurzbiografie
- Vollständigen Kontaktdaten
Einreichungen können in deutscher oder englischer Sprache erfolgen.
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Call for Papers for the 2013/14 Academic Year
Lecture Series „Art – Research – Gender“
Lecture Series of the Office of Gender Issues, University of Applied
Arts Vienna
Substantial Change? A Gender-Critical Look at Material and Medium
Be it color, fur, film, chocolate, stone, steel or mold, whether
captured photographically or used performatively: Materials, media,
and forms of processing are charged and bestowed with gender
representations and sexual bodies are invested with the qualities of
other materials. We even find ways to genderize when we deal with
immaterial aspects, for instance through the negation of corporality.
Over a long tradition, material as a raw substance or amorphous
carrier has been subordinated to form. In Western art historiography,
this subordination is concomitant to the relegation of female artists:
Intellect and ideation were endowed with male connotations and thus,
the implicitly male liberal arts genius was regarded as higher in
value than the material and natural, which was associated with the
realm of femininity and applied arts.
In many of her publications, Monika Wagner has pointed to the
inattentiveness of the discipline of art history towards materials and
developed a semantics and aesthetics of various materials as well as
media, contemplating their gender implications from a historical
perspective. While matter and form have already been inscribed into a
dispositive surrounding bipolarity, the various materials are further
differentiated from each other according to their degree of firmness,
weight, or porosity, among others, or their organicity / inorganicity.
Against this background, we can say that the position an artist takes
with regard to gender and gender questions informs his or her choice
of materials, be it in the form of rejection, invocation or critical
appropriation.
This series of lectures focuses on a broad range of questions
pertaining to the practice of art and the study of art: to procedures
of subjectivization of materials on a concrete level; to approaches to
‚new‘ materials or the rebellious appropriation of approved materials;
to the crucial feminist concept of re-appropriating one’s own body and
its subversive use as material and medium, for example for script, for
literal inscriptions into skin, under the deployment of abjection.
Interest is also focused on new looks at the historical discourse
surrounding a female aesthetics, which centered on materials and
qualities such as viscosity, tactility, and specific artistic
techniques. The subject matter also encompasses the great attention
textiles have recently attracted both in artistic and scholarly
practice as well as the issue of the im/materiality of projection. Not
least, interest is directed at considerations and case studies on the
relationship of material, medium, and the movement of the commodity;
at concepts and modes of work, which are already inscribed in the raw
material; and at the relationship of material aesthetics and processes
of fetishization.
Which strategies can help us further rewrite the gender representation
inscribed in materials and media? How do artists break the mold of
stereotypical gender attributions when they work with tools or
techniques that have male or female connotations? How can new media or
the use of new materials facilitate the development of other body
configurations and our image of the artist as well as the dismantling
or modification of policies of identity?
About the Lecture Series: The „Art – Research – Gender“ lecture series
will be held at the University of Applied Arts Vienna over the 2013/14
academic year and can be taken as a course as well. It is organized by
the Office of Gender Issues. Scientists and artists of all disciplines
are invited to present their perspectives on the questions raised
above. We particularly welcome submissions by young researchers – from
the area of their thesis, for example. Speakers are paid compensation
of € 300 and can claim reimbursement of travel costs. The publication
of the contributions is planned.
Usually, eight lectures are selected for each academic year, which are
held on Wednesdays at the University of Applied Arts in Vienna. We
expect talks to take up to 60 minutes; a discussion follows.
Concept & Organization: Office of Gender Issues
Please submit your proposal by email on or before June 2, 2013, to
genderuni-ak.ac.at
Please include:
- Working title
- Abstract (300 words)
- Short biography
- Your contact data
Submissions are accepted in German or English.
Please forward!
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Abteilung für Genderangelegenheiten
Universität für angewandte Kunst Wien
Oskar Kokoschka-Platz 2, 1010 Wien
Tel.: +43 1 71133 2156
www.dieangewandte.at/gender
Reference:
CFP: Lecture Series "Art - Research - Gender" (Vienna, 2013/14). In: ArtHist.net, Apr 19, 2013 (accessed Apr 25, 2025), <https://arthist.net/archive/5122>.