Das Künstler:innenatelier wird gerne als Ort der Widersprüche dargestellt: Es kann für die Einsamkeit oder Isoliertheit des künstlerischen Schaffens in gleichem Maße stehen, wie es gesellschaftliches Interesse weckt und dem Austausch über dieses Schaffen einen möglichen Raum gibt; es ist zuweilen verschlossen, es kann aber auch geöffnet und veröffentlicht werden.
Die Setzung des Ateliers als solitärer Ort, als Ort von abgeschiedener Arbeit, erweist sich zumeist als utopisch. Das gilt nicht zuletzt insofern, als jede Form von Arbeit – und entsprechend auch die Arbeit im Künstler:innenatelier – als soziale Beziehung zu verstehen ist, die gesellschaftlich und politisch bestimmt ist. Wir wollen das Atelier nicht nur als Ort der Arbeit begreifen, sondern spezifischer als Ort eines (sich Ab-)Arbeitens am Sozialen, im Sozialen. Entgegen der Perpetuierung eines »secret de l’atelier« (André Chastel), dessen Praktiken sich dem Verständnis und der Beobachtung von Außen entzögen, geht es uns im Kontext des Workshops daher um konkrete Praktiken im konkreten Raum.
Zuletzt bleibt die (kunst)historische Arbeit jedoch meist konfrontiert mit der faktischen Entzogenheit bzw. Unzugänglichkeit historischer Ateliersituationen und damit zugleich angewiesen auf die in Bildern und Texten vermittelten (Selbst-)Darstellungen. Diese Problemstellung bietet einen weiteren möglichen Ausgangspunkt für die gemeinsame Diskussion der vorgestellten Fallstudien, die den Zeitraum von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts umfassen.
Der Workshop ist öffentlich, um Anmeldung wird gebeten unter hgoetzedfk-paris.org.
Programm
Donnerstag, 4. Dezember 2025
13.30 Uhr
Begrüßung und Einführung
Peter Geimer (Direktor des DFK Paris)
Elisabeth Fritz (Stellvertretende Direktorin des DFK Paris)
Hannah Goetze (Doktorandin, DFK Paris)
Dennis Jelonnek (Forschungsleiter, DFK Paris)
14.00 Uhr
Hannah Goetze (Deutsches Forum für Kunstgeschichte Paris)
Gesellschaftsspiele. Jean-Pierre Dantans doppeltes Atelier
14.45 Uhr
Buket Altinoba (Ludwig-Maximilians-Universität München)
Vom Atelier zur Maschine. Infrastrukturen bildhauerischer Arbeit im 19. Jahrhundert
15.30 Uhr
Ana Nasyrova (Alte Nationalgalerie Berlin)
Zimmer mit Aussicht. Das Hotelzimmer als urbanes Atelier Camille Pissarros
16.45 Uhr
Max Brenner (Berlin)
Wohnen im Atelier. Vilhelm Hammershøis Gemälde zwischen Fiktion und Realität
17.30 Uhr
Ulrike Blumenthal (Deutsches Historisches Institut Paris)
Picasso locataire bourgeois? Zur sozialen Ambivalenz des Atelierraums in Brassaïs Fotografien
Freitag, 5. Dezember 2025
10.00 Uhr
Johanna Schiffler (Berlin)
Giovanni Segantinis Panorama-Ateliers
10.45 Uhr
Dennis Jelonnek (Deutsches Forum für Kunstgeschichte Paris)
Der Ateliergarten als Gartenatelier. Ferdinand Hodler in Les Acacias (1915–1918)
11.45 Uhr
Angela Nikolai (Berlin)
Drawing things together. Kollaborative Praktiken im Atelier Meurer
12.30 Uhr
Léa Kuhn (Zentralinstitut für Kunstgeschichte München)
Zum Innen und Außen des Ateliers. Roger Vailland zu Besuch bei Pierre Soulages (1961)
14.15 Uhr
Friederike Sigler (Universität Wien)
Faschismus im Studio. Heroische Symbole und deutsch-französische Freundschaften bei Anselm Kiefer
15.00 Uhr
Sabine Weingartner (Akademie der Bildenden Künste München)
Zwischen Wohnen, Fürsorgen und Arbeiten. Die Inszenierung des Heimateliers von Marisa und Mario Merz in domus (1972)
16.00 Uhr
Isabelle Lindermann (Universität für angewandte Kunst Wien)
Kunstbetriebe. Ausstellungen als Orte künstlerischer Produktion
16.45 Uhr
Veronica Peselmann (Rijksuniversiteit Groningen)
Zwischen Ort und Netzwerk. Mail Art als Transformation künstlerischer Produktionsräume
Konzeption und Organisation:
Hannah Goetze, Dennis Jelonnek
Reference:
CONF: Arbeit im Atelier, Arbeit am Atelier (Paris, 4-5 Dec 25). In: ArtHist.net, Nov 10, 2025 (accessed Nov 12, 2025), <https://arthist.net/archive/51111>.