Der Brand im Münchner Glaspalast 1931. Folgen und Narrative des Verlusts
Konzeption und Organisation des Workshops: Matilde Cartolari, Christian Fuhrmeister und Franziska Lampe
Call for contributions
Der Brand im Glaspalast München am 6. Juni 1931 zerstörte nicht nur rund 3.000 Kunstwerke, er war in mehrfacher Hinsicht folgenreich: Für die zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler, deren Arbeiten vernichtet wurden, für die Sonderschau zur deutschen Romantik, und für den Ausstellungsort selbst, den 1854 errichteten Glaspalast, der entscheidend zum Ruf der „Kunststadt München“ beigetragen hatte. Der zunächst für den gleichen Standort im Alten Botanischen Garten geplante Wiederaufbau wurde wenig später in Gestalt des Hauses der Deutschen Kunst im Englischen Garten vollzogen.
Der Workshop möchte Forschende zusammenbringen, um die zeitgenössischen, aber auch die mittel- und langfristigen Auswirkungen der Brandkatastrophe zu kontextualisieren und zu diskutieren, die in zahlreichen schriftlichen und visuellen Überlieferungen vorliegen. Eine zentrale Rolle spielt sicherlich die Sonderausstellung „Werke deutscher Romantiker von Caspar David Friedrich bis Moritz von Schwind“. Der Münchner Bruckmann Verlag war im Vorfeld mit einem Katalog beauftragt worden, der alle Leihgaben in fotografischer Reproduktion zeigen sollte. Dieser Band wurde durch die Vernichtung zu einem “in memoriam”-Katalog umgewidmet, der schließlich unter dem Titel “Die verlorenen Meisterwerke deutscher Romantiker” publiziert wurde. Die “billige” Volksausgabe, die als fotografisches Substitut der zerstörten Werke fungierte, ging bereits nach drei Monaten in die dritte Auflage – ein Indiz nationaler Selbstvergewisserung?
Hinsichtlich der rund 1.000 zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler, deren Werke ebenfalls verbrannten, ist beispielsweise die Unterstützung durch den Verein "Glaspalast Künstlerhilfe" zu untersuchen, der zur Sammlung von Spendengeldern für die Geschädigten gegründet wurde. Ist dieser Akt der Solidarität ein Münchner Alleinstellungsmerkmal? Und wie reagierte der Kunstmarkt auf den Brand? Wie waren die Ausstellungen versichert und welche finanziellen Kompensationen wurden gezahlt?
Ausdrücklich soll somit 2024 im Jubiläumsjahr zum 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich zu einer breiten, diskursiven Durchdringung der weiteren mit dem Brand von 1931 verbundenen Facetten und Forschungsfragen aufgefordert werden. Wir laden dazu ein, sowohl Quellen und Forschungsliteratur als auch Perspektiven und Methoden zur Erforschung des Brandes von 1931 und seiner Folgen kritisch zu befragen. Wir bevorzugen dabei eine offene und multidisziplinäre Sondierung, die Spuren sichert und Narrative analysiert – auch und gerade im Hinblick auf eine zunehmend national ausgerichtete Kunst und Kunstgeschichte in den frühen 1930er Jahren. In diesem Sinne soll der Workshop auch die methodologische Reflexion über die Rolle des Brandes in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts intensivieren.
Daneben sind weitere Perspektiven möglich, wie z. B.
• Die Kunst der deutschen Romantiker als Projektionsfläche für die nationale Identität?
• Verlusterfahrungen, Phantomschmerzen, Absenzen, Sehnsüchte in der Kunstgeschichte und Provenienzforschung
• Materialität, Rhetorik und Diskurse der Zerstörung von Kulturgut
• Landschaftsmalerei als (deutsche) Obsession?
• Spannungsverhältnis von historischen Bewertungen und heutigen Einschätzungen – der Brand als historiographisches Grundproblem
• Geschichte der Brandkatastrophen in der Ausstellungsgeschichte
• Zerstörung und Eroberung (der Natur) – Ökologische und andere systemische Perspektivierungen
• Fotografien als (Forschungs-)Quellen zerstörter Kunstwerke
Mit diesem Call for contributions bitten wir um Ideenskizzen für Beiträge von rund 15 Minuten an brand1931zikg.eu. Bitte erläutern Sie dabei in einem kurzen Abstract (max. eine Seite), welchen Input Sie leisten wollen und fügen gebündelt in einem Dokument einen knappen CV von max. 500 Zeichen oder Link zu Ihrem CV an.
Der Workshop wird hybrid durchgeführt. Reise- und Unterbringungskosten können nur in begrenztem Umfang übernommen werden. Bitte teilen Sie uns Ihren Bedarf mit, damit wir Ihre Teilnahme online oder in Präsenz einplanen können.
Bitte senden Sie uns Ihre Skizze bis zum 31. Januar 2024 zu. Wir werden das Programm bis Ende März 2024 finalisieren und kommunizieren.
Quellennachweis:
CFP: Der Brand im Münchner Glaspalast 1931 (München/online, 24 Jul 24). In: ArtHist.net, 18.12.2023. Letzter Zugriff 23.05.2025. <https://arthist.net/archive/40849>.