Fusionskultur: Mode jenseits von Orientalismus und Okzidentalismus
Internationale Tagung vom 5.11.-7.11. 2009 an der Universität Potsdam
Fusion Culture: Fashion beyond Orientalism and Occidentalism
University of Potsdam, November 5-7, 2009, house 8, rooms 0.60/0.61
Gefördert durch die Volkswagen-Stiftung
Konferenzsprachen: Englisch und Französisch
Veranstalterinnen: Prof. Dr. Gertrud Lehnert, Universität Potsdam und
Prof. Dr. Gabriele Mentges, Technische Universität Dortmund
Eingeladen sind internationale Experten/innen aus den Disziplinen
Literaturwissenschaft, Kulturanthropologie/Ethnologie/Volkskunde, Geschichte,
Designgeschichte, Kunstgeschichte, Wirtschaftswissenschaften, Politologie,
Kommunikations- bzw. Medienwissenschaften.
In Anlehnung an die kritische Revision und Differenzierung des Begriffes
Orientalismus durch die postkolonialen Studien und die moderne
Geschichtsschreibung (entangled history) diskutiert diese Tagung im ersten
Fokus die Modepraktiken auf der historischen Hinterbühne des Orientalismus:
d.h. die historischen Konsumakteure und deren vestimentäre Praktiken in den
westlichen Ländern, die zwar mit dem Orientalismus verbunden, aber deren
koloniales Interesse nur indirekt vermittelt ist. In diesem Sinne stellen
diese Praktiken nicht nur einfache Entsprechungen des kolonialen Interesses
dar, sondern können dieses different auslegen, subvertieren oder ihm sogar
entgegenstehen. Ein zweiter Fokus der Tagung liegt auf den orientalisierten
Moden als wirksames Instrumentarium in der globalen – vor allem von
marktwirtschaftlichen Interessen geleiteten — Auseinandersetzung. Wie werden
kulturelle Ressourcen als ökonomische Ressourcen genutzt und umgekehrt? Mit
welchen Strategien gestaltet sich die heutige „orientalische“ Repräsentation
und welche Okzidentalismus-Bilder entstehen dabei. Dabei interessiert auch
die Frage, welche Rückkoppelungseffekte dies auf die Körper- und
Kleidungspraktiken in der westlichen Welt hat.
In der Gegenwart werden modische Prozesse in arabo-asiatischen Gesellschaften
analysiert, die - vorläufig allgemein zusammengefasst und undifferenziert -
mit dem Begriff der „Re-Orientalisierung“ neue Strategien umfasst, um das
kulturelle orientalische Selbst auf der globalen Bühne zu vermarkten und zu
repräsentieren. Von Interesse ist für uns, wie westliche Gesellschaften diese
Repräsentationen rezipieren und inwieweit dies Konsumpraktiken beeinflusst.
Umgekehrt wollen wir der Modegeschichtsschreibung und den Theorien von Mode
und Bekleidung neue Impulse geben, indem wir den Orientalismus, insbesondere
als Konzept der Alterität, systematisch als integrales Element der Mode
betrachten.
Modekonsum – und repräsentation werden im Prozess der Globalisierung zu
einem zentralen Instrument kultureller Transformationen wie z.b. dem
Aushandeln von religiös-profanen Grenzen (siehe islamischer Modekonsum), der
neuen Sichtbarkeit von Frauen in der Öffentlichkeit oder neuer
Körperdefinitionen. Diese veränderten kulturellen Selbstverständnisse und
Darstellungsformen zeigen sich auch in der Schaffung eines neuen Modedesign
und einer veränderten Modeproduktion, die gleichwohl eine Re-Positionierung
sowohl innerhalb der ehemaligen kolonialen Räume, als auch auf der globalen
Bühne bewirken. Der Markt muss demnach programmatisch als Ort der
Repräsentation, Deutungsgebung und Ermöglichung von Strategien zur
Konstruktion des kulturellen Selbst in die Analyse des Orientalismus
einbezogen werden. Dabei geht es nach den bisherigen Befunden offenbar
weniger um Grenzziehungen, sondern um Inklusions- bzw. Exklusions- und
Modernisierungstrategien nach innen und nach außen.
Leitende Fragestellungen der Tagung:
1. In welcher Weise ist der Mode-Prozess konstitutiv an der Herstellung des
Orientalismus als Diskurs beteiligt?
2. Welche Bedeutung hat der „Orientalismus“ als materielles Wissen für die
Entwicklung der westeuropäischen Mode gehabt (Theaterkostüm,
Ethnomaskerade, Stilfragmentierungen)?
3. In welcher Weise bewirken die aktuellen Prozesse von „Orientalismus“
und „Okzidentalismus“ auf globaler Ebene Änderungen im eurozentrischen
Konzept der Mode? Lassen sich solche Prozesse mit Bhabhas Konzepten des
„third space“ und der Hybridität fassen? Wenn ja, wie müssten sie
modifiziert werden, um auf die Kleidung/Mode anwendbar zu sein?
4. In welcher Beziehung steht der historische Orientalismus (Renaissance
bis Mitte 20. Jh.) zum aktuellen Orientalismus unter den Bedingungen der
Globalisierung?
4. Welche kulturellen Veränderungen werden durch die
Crosscultural-Consumption und Re-Orientalisierungsstrategien u.a. in den
arabo-asiatischen Gesellschaften sowie in den arabo-asiatischen
kulturellen Gruppierungen im „Westen“ eingeleitet?
5. Wie beeinflusst die „Rückkehr des Lokalen“ die globalen
Repräsentationen und Praktiken der Mode.
6.Wie manifestiert sich die Bedeutungshoheit der Ökonomie
(Marktwirtschaft) in den Re-Orientalisierungsstrategien?
Programm der Tagung:
Thursday, November 5, 2009
9.00
Welcoming Address:
Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. phil. Sabine Kunst (President of the University
of Potsdam)
Prof. Dr. Rüdiger Kunow (Head of the Research and Study Program “Cultures
in/of Mobility)
Introduction:
Prof. Dr. Gertrud Lehnert
Prof. Dr. Gabriele Mentges
Section I: Orientalism as Sensual Fantasy of „Other“ and “Self”
10.00-10.45
Ina McCabe (Tufts University, USA)
Orientalism in France: Shaping Fashion through Resisting the Exotic
10.45 – 11.30
Gabriele Mentges (Technische Universität Dortmund, Germany)
Positions and Demarcations. The Oriental Othering in the Costume Books of
the Renaissance
11.30-12.00
Coffee Break
12.00-12.45
Nicole Pellegrin (Institut d'Histoire Moderne et Contemporaine, France )
Être (dés)habillé en Turc : habits de parade et vêtements d'intérieur.
Pour une histoire de la robe de chambre masculine (XVIe-XIXe siècles)
12.45.-14.15
Lunch
14.15-15.00
Nina Trauth (Universität Trier, Germany)
"As favoured by Europeans": Oriental Clothing in Portraiture
15.00 – 15.45
Marianne Koos (Université de Fribourg, Germany)
Artists and Garments in Transfer. The Case of the Genevan 'Peintre Turc'
and 'Peintre de la vérité' Jean-Étienne Liotard
15.45-16-15
Coffee Break
Section II: Practices of Fragmentation and Assimilation of the „Other“
16.15 -17.00
Gertrud Lehnert (Universität Potsdam, Germany)
Orientalism in 18th and 19th Century Fashion Journals
17.00-17.45
Daniel Devoucoux (Technische Universität Dortmund, Germany)
Orientalisme plus occidentalisme, ou les nouvelles strategies
vestimentaires dans le cinéma de Bollywood
Friday, November 6, 2009
Continuation of Section II
9.00-9.45
Simona Segre Reinach (Università IUAV di Venezia, Università IULM di
Milano, Italy )
>From “made in China” to “made for China”
9.45-10.30
Yuniya Kawamura (State University of New York, USA)
The Globalization of Japanese Lolita Fashion
10.30-11.00
Coffee Break
Section III: Re-Orientalizing, Re-Occidentalizing: Cross Cultural
Consumption, Cultural Self-Reflexion, Return of the Local
1. Transcultural Concepts of Fashion
11.00-11.45
Giorgio Riello (University of Warwick, United Kingdom)
Fashion and the Four Parts of the World: Historical Interpretations of
Fashion as Concept and Practice in the Early Modern Period
11.45-12.30
Dorothy Ko (Columbia University, USA)
Fashion in the Orient: Toward a Definition of Non-Western Fashion
12.30-13.15
Pravina Shukla (Indiana University, USA)
The System of Fashion in the East – Dress in Modern India
13.15-14.00
Lunch
2. Transculture, Fusion Culture
14.00-14.45
Lise Skov (Copenhagen Business School, Denmark)
How Orientalism/Occidentalism in Fashion Design is Produced, Discovered
and Valued across Cultures
14.45-15.30
Heike Jenß (Parsons The New School for Design, USA)
Hybrid Wardrobes: Fashioning Trans-Cultural Identities
15.30-16.00
Coffee Break
16.00-16.45
Mona Abaza (The American University in Cairo, Egypt)
Ethnic Chic, Islamic Fashion and the Globalisation of Fashion in Egypt
17.00-18.30
Reception and Performance of Oriental Dance
Saturday, November 7, 2009
3. Re-Orientalizing
9.00-9.45
Maxine Berg (University of Warwick, United Kingdom)
Trading Asian Export Ware 1650-1800
9.45-10.30
Reina Lewis (University of East London, United Kingdom)
Mixing and Matching: Fashion and the Politics of Cultural Exchange
10:30-11.00
Coffee Break
11.00-11.45
Emma Tarlo (Goldsmiths University of London, United Kingdom)
Dis-Orienting Fashion: Islamic Fashion Trends in the West
11.45-12.30
Oly Firsching-Tovar (Technische Universität Dortmund, Germany)
Reviving Kimono: Fashion as Memory at the Turn of the Century
12.30-13.15
Final Discussion
Ansprechpartnerinnen:
Prof. Dr. Gertrud Lehnert
Universität Potsdam
Institut für Künste und Medien
Lehrstuhl für Allgemeine und
Vergleichende Literaturwissenschaft
Tel.: +49 (0)331-977-4180
E-Mail: glehnertuni-potsdam.de
Prof. Dr. Gabriele Mentges
Technische Universität Dortmund
Institut für Kunst und Materielle Kultur
Professur für Kulturgeschichte der Bekleidung/Mode/Textilien
Tel.: +49 (0)231-755-2960
E-Mail: gabriele.mentgestu-dortmund.de
Adresse und Anfahrtmöglichkeiten
Universität Potsdam
Am Neuen Palais 8
Foyerräume 0.60/0.61
mit den Buslinien
695, 606 und 605 sowie X5 von Potsdam Hauptbahnhof bis Haltestelle Neues
Palais
mit der Regionalbahn:
aus Berlin RE 1 in Richtung Brandenburg oder von Potsdam Hauptbahnhof RB
21 in Richtung Wustermark bis Bahnhof Park Sanssouci
mit dem Auto:
· über A10 - Abfahrt Potsdam Nord - B 273 Richtung Potsdam -
Amundsenstraße, Richtung Neues Palais
· über A10 Abfahrt Potsdam Süd - B 2 Richtung Potsdam - Breite Straße -
Zeppelinstraße - Geschwister-Scholl-Str. - Am Neuen Palais
Prof. Dr. Gabriele Mentges
Institut für Kunst und Materielle Kultur
Seminar für Kulturanthropologie des Textilen
Emil-Figge-Str. 50
44227 Dortmund
Tel. 0231-7552906/Sek. 7552974
Quellennachweis:
CONF: Fashion beyond Orientalism and Occidentalism (Potsdam, 5-7 Nov 2009). In: ArtHist.net, 20.09.2009. Letzter Zugriff 20.10.2025. <https://arthist.net/archive/31798>.