CONF 01.04.2009

Die Moriskentaenzer im Muenchner Stadtmuseum (Muenchen, 2-3 Jul 09)

Iris Lauterbach

Die Moriskentänzer im Münchner Stadtmuseum:
Repräsentation und Performanz städtischen Selbstverständnisses

Der Bildhauer und Baumeister Erasmus Grasser (um 1450-1518) aus
Schmidmühlen in der Oberpfalz schuf mit den Münchner Moriskentänzern
ebenso einzigartige wie rätselhafte Hauptwerke der süddeutschen
Bildschnitzerei des Spätmittelalters.
Die zehn 1480 entstandenen Holzfiguren gehören zu den bedeutendsten
Kunstwerken der Stadt München, deren Ratsvertretung den ungewöhnlich
hoch dotierten Auftrag vergeben hatte. Sie wurden im damals neu
errichteten Tanzhaus am Marienplatz aufgestellt, das heute als das "Alte
Rathaus" bekannt ist. Eine Deutung der Figuren als frühe Zeugnisse
bürgerschaftlicher Repräsentation scheint nahezuliegen. In ihrem
ursprünglichen Zusammenhang waren die Moriskentänzer jedoch in ein
komplexes heraldisches Programm eingebunden, das den bayerischen
Landesherrn ins Zentrum eines kosmologischen Weltentwurfs rückte. Als
exotische Entourage im höfischen Zeremoniell übernahmen die Figuren die
in der zeitgenössischen Bildsprache gängige Funktion der Wappenträger
und ordneten sich als preziöses Ornament in einen Kontext ein, mit dem
der Herzog von Bayern einen dynastischen Anspruch auf die
Vormachtstellung im Reich anmeldete.
Mit der Darstellung der ursprünglich wohl maurischen Tanzsprünge und
ihrer grotesken Bewegungsmotive, die den Posen heutiger Raver nicht
unähnlich sind, scheint der Künstler nicht zuletzt die gestalterischen
Möglichkeiten der Holzschnitzerei demonstriert zu haben, einer
traditionellen Technik, der in Skulpturen aus Stein und Bronze eine neue
Konkurrenz erwuchs. Das statuarische Prinzip des Bildwerks fand in den
Moriskentänzern zu einer virtuos interpretierten Auflösung.
Anlässlich ihrer neuen Präsentation im Münchner Stadtmuseum stehen die
Moriskentänzer im Blickpunkt einer interdisziplinären Tagung, die den
offenen Fragen aus historischer, kunstgeschichtlicher,
konservatorischer, musikwissenschaftlicher sowie kostümkundlicher Sicht
nachgeht und die Figuren in ihren historischen Kontext zurückführen
will.

Konzeption: Iris Lauterbach und Thomas Weidner

Donnerstag, 2. Juli 2009, Ort: München, Altes Rathaus, Marienplatz 15

19 Uhr: Begrüßung Thomas Weidner (Münchner Stadtmuseum)
19.15 Uhr: Darbietung der "Münchner Moriskentänzer. Tanzgruppe der
Technischen Universität München." Unter Leitung von Gertrude Krombholz
19.30 Uhr, Abendvortrag: Richard Bauer (München) Dynastie und
Bürgerschaft in Konkurrenz: München um 1480

Freitag, 3. Juli 2009, Ort: München, Münchner Stadtmuseum,
St.-Jakobs-Platz 1, Stadtmuseumssaal

9.30 Uhr Begrüßung und Moderation Thomas Weidner (Münchner Stadtmuseum)
9.30 Uhr: Hans Ramisch (München) Ist über Grasser schon alles gesagt?
10.00 Uhr: Manuel Teget-Welz (Zentralinstitut für Kunstgeschichte) Die
Moriskentänzer des Erasmus Grasser und die Darstellung der Bewegung in
der Skulptur um 1480
10.30 Uhr: Thomas Eser (Germanisches Nationalmuseum) "Bewegte
Figürlichkeit" und die Kategorie des Neuen in der süddeutschen Kunst um
1480
11.00 Uhr: Diskussion, anschließend
Angela Hückel und Henning Rader (Münchner Stadtmuseum) Der "Hochzeiter"
in x-ray. Fragen zur Fassung der Moriskentänzer und Führung durch den
Moriskensaal in der Dauerausstellung "Typisch München!"

14.00 Uhr: Begrüßung und Moderation Iris Lauterbach (Zentralinstitut für
Kunstgeschichte)
14.00 Uhr: Julian Jachmann (Kunsthistorisches Institut der Universität
zu Köln) Die Moriskentänzer im Kontext: Kommunale Räume in süddeutschen
Reichs- und Residenzstädten
14.30 Uhr: Lorenz Welker (Institut für Musikwissenschaft,
Ludwig-Maximilians-Universität München) Die Rezeption des Fremden in
Musik und Tanz der Renaissance: Die Moresca
15.00 Uhr: Johannes Pietsch (München) Die Kostüme der Moriskentänzer
15.30 Uhr: Diskussion und Pause
16.30 Uhr: Filmvorführung Carl Lamb (1908 - 1968), "Die Moriskentänzer
des Erasmus Grasser" (D/1955)
16.45 Uhr: Ulrich Kirstein (München) Der Moriskentänzer im
Herrgottswinkel. Zur Rezeption im Nationalsozialismus
17.15 Uhr: Diskussion
18.00 Uhr, Abendvortrag: Thomas Weidner (Münchner Stadtmuseum) Die
Moriskentänzer im musealen Exil. Ein Resümee

Das Symposium "Die Moriskentänzer im Münchner Stadtmuseum:
Repräsentation und Performanz städtischen Selbstverständnisses" (2. und
3. Juli 2009) wird veranstaltet vom Münchner Stadtmuseum und dem
Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München.
Mit freundlicher Unterstützung durch The Linde Group.

Ansprechpartner:
Dr. Thomas Weidner
Münchner Stadtmuseum
St.-Jakobs-Platz 1
80331 München
thomas.weidnermuenchen.de

Dr. Iris Lauterbach
Zentralinstitut für Kunstgeschichte
Meiserstr. 10
80333 München
I.Lauterbachzikg.eu

Anmeldungen bitte unter: moriskenzikg.eu
Information:
www.zikg.eu/morisken
www.stadtmuseum-online.de

Münchner Stadtmuseum
Tel. 089-233-22370
Fax 089-233-25033

Veranstaltungsorte:
Altes Rathaus München, Marienplatz 15
S/U-Bahn Station Marienplatz

Münchner Stadtmuseum
St.-Jakobs-Platz 1
80331 München
S/U-Bahn Station Marienplatz
U-Bahn Station Sendlinger Tor
Bus 152 Haltestelle St.-Jakobs-Platz

Quellennachweis:
CONF: Die Moriskentaenzer im Muenchner Stadtmuseum (Muenchen, 2-3 Jul 09). In: ArtHist.net, 01.04.2009. Letzter Zugriff 04.07.2025. <https://arthist.net/archive/31516>.

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