ANN Oct 6, 2006

Drohender Verkauf der Karlsruher Handschriften

Redaktion H-ArtHist

Anm. der Redaktion:
Protestschreiben gegen den Verkauf von Handschriften aus der
Landesbibliothek Karlsruhe.

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From: Ulmer Verein - Verband für Kunst- und Kulturwissenschaften
Subject: Protestbrief zum drohenden Verkauf Karlsruher Handschriften
an den Kulturstaatsminister

An den
Kulturstaatsminister Bernd Neumann der Bundesregierung
Bundeskanzleramt
Willy-Brandt-Str. 1
10557 Berlin

Betr.: Geplante Zerschlagung des Bestandes der Karlsruher Handschriften

Berlin, den 04. Oktober 2006

Sehr geehrter Herr Kulturstaatsminister,

der "Ulmer Vereins - Verband für Kunst- und Kulturwissenschaften"
(www.ulmer-verein.de) ist eine Interessensvertretung von
Kunsthistorikerinnen und Kunsthistorikern aus den geisteswissenschaftlichen
Bereichen der Denkmalpflege, Museen, Universitäten und freiberuflichen
Sparten. Der Ulmer Verein wendet sich mit diesem Schreiben an Sie, um seiner
großen Besorgnis über den geplanten Verkauf der Karlsruher Handschriften
Ausdruck zu verleihen. Wir schreiben ausdrücklich Sie an, Herr
Kulturstaatsminister, da dem Tagesspiegel vom 01. Oktober 2006 zu entnehmen
ist, daß beim momentanen Stand der Entwicklung allein der
Kulturstaatsminister noch die Möglichkeit besitzt, diese wohl beispiellose,
staatlich verordnete Kultur-Barbarei zu verhindern.

Die baden-württembergische Landesregierung ist dabei, die traditionsreiche
und einmalige Handschriftensammlung der Landesbibliothek Karlsruhe zu
zerreißen. 70 Millionen Euro, so die durchaus vage Hoffnung, soll der
weltweite Verkauf von 3500 Handschriften aus dem Gesamtbestand von 4200
Codices einbringen. Der Ausverkauf kultureller Identität, dazu rufen wir Sie
dringend auf, muß verhindert werden. Die profitorientierte Ökonomisierung
unserer Gesellschaft ist weit genug fortgeschritten. Es ist Zeit,
zukunftsweisende Maßstäbe zu setzen und den Raubbau an Kulturgütern der
Länder ebenso zu stoppen, wie deren finanzielle Vernachlässigung.

Der Ulmer Verein schließt sich dem Protestschreiben der amerikanischen
Geisteswissenschaftler vom 22. September 2006 (erschienen in FAZ, 28.09.06)
ebenso an, wie er noch einmal ausdrücklich an den klärenden Artikel in der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 28. September 2006 erinnern möchte, in
dem der Autor, Prof. em. Dr. Reinhard Mußgnug, sehr eindeutig die
juristische Lage klärt. Daraus geht hervor, daß nicht nur die
Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek als ursprüngliches
Kronvermögen seit 1818 längst in Staatsvermögen übergegangen ist. Ihre zum
Verkauf freigegebenen Bestände sind nicht Eigentum des Markgrafen von Baden.
Deren Räumungsverkauf wäre also nicht nur aus moralisch-kulturpolitischer
Perspektive, sondern ebenso juristisch aufs schärfste zu verurteilen.

Im Namen der Mitglieder des Ulmer Vereins

Hochachtungsvoll

(gez. im Namen des Vorstandes Dr. Philipp Zitzlsperger)

www.ulmer-verein.de

Reference:
ANN: Drohender Verkauf der Karlsruher Handschriften. In: ArtHist.net, Oct 6, 2006 (accessed Oct 9, 2024), <https://arthist.net/archive/28573>.

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