Call for Paper
Makabre Erotik von Niklaus Manuel bis in die Gegenwart
Bern, 28. bis zum 30. April 2006
12. Jahrestagung der Europäische Totentanz-Vereinigung
Gastgeber ist das Historische Museum, das in seinen Räumen die ältesten
Kopien des Totentanzes präsentiert, den Niklaus Manuel Deutsch 1516/17 auf
die Friedhofsmauer des Berner Dominikanerklosters gemalt hat. Die
Bilderfolge, die auf 80 Metern in 24 Szenen Vertreter aller Stände vom
ranghöchsten Kirchenfürst bis zu den Ungläubigen in Begleitung des
Knochenmanns darstellt, wurde 1660 zerstört. Doch die 1649 von Albrecht Kauw
angefertigten Gouachen vermitteln sinnfällig, was damals zu sehen war.
Da Moralvorstellungen und Sittenkritik im Werk von Niklaus Manuels eine
herausragende Rolle spielen, wird der Tagungsschwerpunkt der makabren Erotik
gewidmet sein. Schon im Zeitalter der Reformation liebkosen Gerippe
scheinbar unschuldige Jungfrauen, bedrängen sie schamlos, greifen ins
Dekolleté oder gar unter den Rock. Eros und Thanatos sind nahe verwandt,
nicht nur in der antiken Mythologie, sondern auch in der christlichen Kunst.
Theologen und Künstler greifen dabei gleichermaßen auf den biblischen
Sündenfallbericht zurück. In spät- und nachmittelalterlicher Zeit hat sich
der Tod und das Mädchen als eines der erfolgreichsten Einzelmotive aus der
Totentanzthematik emanzipiert. Es begegnet in Handschriften und Drucken, in
Gemälden, Liedern und Dramen bis hin zu Comic und Film. Dabei mag es
überraschen, dass die Todeskandidatin oft so gar nichts Kindlich-Naives an
sich hat. Die Rollen sind vielfältig: vom mehr oder weniger wehrhaften Opfer
über die abgestrafte Verführerin zur gebärfreudigen Siegerin, die den
Fortbestand des Lebens gewährleistet. Im Totentanz ist bis hin zur
Pornographie fast alles möglich: Es gibt Kaiserinnen und von
Geschlechtskrankheiten gezeichnete Huren, Nonnen und freudig erregte Bräute,
dämonische Schönheiten, Trauernde und Greisinnen, die sich längst ihrem
Schicksal ergeben haben.
Willkommen sind Beiträge zur makabren Kunst aus den Fächern Literatur-,
Film- und Theaterwissenschaft, Theologie, Volkskunde, Medizin- und natürlich
Kunstgeschichte. Pro Referat sind 20 Minuten zuzüglich 10 Minuten Zeit zur
Diskussion vorgesehen. Die Veröffentlichung erfolgt in "L'art macabre", dem
Jahrbuch der Europäischen Totentanz-Vereinigung.
Informationen zum Ablauf der Tagung erteilt:
Europäische Totentanz-Vereinigung, Dr. Uli Wunderlich, Marienstraße 25,
D-40212 Düsseldorf, Telefon +49 211 8549005, Fax +49 211 8693790, Mail:
webmastertotentanz-online.de
Tagungsinformationen im Internet unter
http://www.totentanz-online.de/tagungen/ankuendigung.htm
Quellennachweis:
CFP: Makabre Erotik v. Niklaus Manuel-heute (Bern 28-30 Apr 06). In: ArtHist.net, 20.05.2005. Letzter Zugriff 10.05.2025. <https://arthist.net/archive/27197>.