Wandel der Lebensformen vom 18.-21. Jahrhundert
Konzepte von Familie und Freundschaft
4. Fachtagung Frauen- und Genderforschung in Rheinland Pfalz, Teil III
Freitag, 04. 02. 2005 und Samstag, 05. 02. 2005
Universität Trier, A 9/10
Programm:
Freitag, 4.2.2005, A 9/10
09.15-09.45
Begrüßung und Einführung
Dr. Rita Voltmer, Geschichtliche Landeskunde/ Frauenbeauftragte des FB III
und stellvertretende Frauenbeauftragte des Senats, Universität Trier
Katja Wolf, M.A., Koordinationsstelle für interdisziplinäre und
Interkulturelle Geschlechterstudien, Universität Trier
Modelle und Bilder von Familie
9.45-10.45
Hegels Modell der Familie in der Philosophie des Rechts (1821)
Susanne Brauer, M.A., Chicago/Zürich, Philosophie
10.45-11.15 - Kaffee -
11.15-12.15
"Sex and the city", sex and the church. Religiöse Familienbilder und
praktiziertes Zusammenleben in den 1960er und 1970er Jahren
PD Dr. Thomas Großbölting, Westfälische Wilhelms-Universität Münster,
Geschichte
12.15-13.15
Familienporträts. Fotografische Inszenierungen
Ju.-Prof. Dr. Alexandra Karentzos, Universität Trier, Kunstgeschichte
13.15-14.15 - Mittagessen -
Deutungsmuster und lebenspraktische Realisierungen von Familie
14.15-15.15
Partnerschaft und Familie unter Bedingungen der aktuellen gesellschaftlichen
Krise
Dr. Ute Luise Fischer, Universität Dortmund, Soziologie
15.15-15.45 - Kaffee -
15.45-16.45
"Wir erwarten ein Kind" - Zur Konstruktion von Mutter- und Vaterschaft in
der BRD und der Slowakei der 1970er Jahren
Mgr. Andrea alingová, Ph.D., Nitra, Slowakei, Ethnologie
16.45-17.45
Natur - Community - ICH: Strategien ländlicher Identitätsbildung von in die
ungarische Provinz umsiedelnden Westeuropäern
Dr. Katalin Járosi-Müller, Universität Trier, Ethnologie
Samstag, 5.2. 2005
Freundschaftsdiskurse
09.15-10.15
(K)ein Königreich für einen Mann - Zur Debatte um die Etablierung
alternativer Familienformen in der Nachkriegszeit
Dr. (des.) Michaela Kuhnhenne, Universität Bremen, Zentrum für feministische
Studien
10.15-10.45 - Kaffee -
10.45-11.45
Selbst/ Inszenierungen von Familie und Freundinnenschaft in den Briefen
einer jungen Wienerin um 1900
Li Gerhalter, M.A., Sammlung Frauennachlässe am Institut für Geschichte der
Universität Wien und Stiftung Bruno Kreisky-Archiv, Wien
11.45-12.45
Männerfreundschaft, Homosexualität und Nationalsozialismus
Dr. Susanne zur Nieden, Humboldt-Universität zu Berlin, Geschichte
Die häufig als "traditionell" bezeichneten Vorstellungen von Familie,
verstanden als die privatisierte und intimisierte Kernfamilie, sind seit
den 1970er des 20. Jahrhunderts einem bis dahin nicht gekannten
Wandlungsprozess unterworfen. An die Stelle der lebenslangen "Neigungsehe"
treten aufgrund neudefinierter genderspezifischer Determinanten,
ökonomischer Zwänge sowie einer zunehmenden Säkularisierung ehemals auf
religiösen Normen fundierter Lebens- und Wohngemeinschaften, neue Formen des
Zusammenlebens. Das lediglich durch kurzfristige Beziehungen unterbrochene
Single-Dasein gewinnt dabei ebenso wie die Patchworkfamilien an Bedeutung.
Daneben treten vielfältige Variationen der Partner- sowie
Eltern-Kind-Gemeinschaften: Alleinerziehende Frauen und Männer, Wochenend-
und Fernbeziehungen. Eng verknüpft mit den Bildern von "Familie", von
Lebens- und Wohngemeinschaft sind die der Freundschaft - die lange Zeit ein
Synonym für Verwandtschaft war und deren Konzeption ebenso tiefgreifenden
Veränderungen unterliegt wie das der Familie. Neben der allmählichen
Zurückdrängung einer patriarchalisch-hierarchischen Herrschaftsstruktur
innerhalb des familialen Verbandes, der zivilrechtlichen Erlaubnis, den
Ehepartner nach Erreichen der Mündigkeit ohne elterlichen Konsens wählen zu
können, der zivilrechtlichen Zulassung der Ehescheidung und der
Frauenbewegung durchlief die Bewertung gleichgeschlechtlicher Beziehungen
den wohl tiefgreifendsten Wandel: Während bis in die nahe Gegenwart
Homosexualität ein Straftatbestand blieb, sind inzwischen Ehe und
eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare formalrechtlich
legalisiert worden, wenngleich diese Form des familialen Zusammenlebens
immer noch in Teilen der Gesellschaft diskriminiert wird. Sind jedoch unsere
Vorstellungen von Familie und Freundschaft tatsächlich so weit von den so
genannten "traditionellen" Vorstellungen entfernt? Tatsächlich dürfen die
Kategorien "Familie" und "Freundschaft" nicht als festgefügte Größen
behandelt werden, die kaum einem historischen Wandel unterworfen waren und
deren heutige Vielgestaltigkeit deshalb umso überraschender erscheint,
sondern vielmehr als wirtschaftlich, politisch und sozial motivierte
Organisations- und Handlungsräume menschlicher Lebensgestaltung, die stets
ein Höchstmaß variabler Ausformungen kannten. Darauf hin deuten nicht
zuletzt die Begrifflichkeiten, taucht der deutschsprachige Begriff "Familie"
doch erst im 18. Jahrhundert auf. Bekanntermaßen entwickelte sich "die
Familie" im als "traditionell" bezeichneten Sinne eines arbeitsteilig
organisierten, von der Öffentlichkeit abgewandten, von Gatten-, Mutter- und
Elternliebe geprägten Hortes zur Zeugung und Erziehung von Nachkommen erst
im Laufe des 19. Jahrhunderts und zunächst auch nur in "bürgerlichen", mit
einer gewissen Auskömmlichkeit ausgestatteten sozialen Gruppen. Auch die
"Patchworkfamilie" ist kein Phänomen des 20. und 21. Jahrhunderts, vielmehr
führte ein spätes Heiratsalter bei Männern, eine hohe Sterblichkeitsrate bei
Frauen und die ökonomische wie soziale Notwendigkeit schneller
Wiederverheiratung schon in den Jahrhunderten davor zu so genannten
"Stieffamilien".
Angesichts dieser, hier nur unvollständig skizzierten Diskursfülle will die
Tagung "Konzepte von Familie und Freundschaft" ein Diskussionsforum für ein
möglichst breites interdisziplinäres Spektrum thematischer Annäherungen
bieten. Die Konferenz ist der dritte Teil einer Serie von drei Tagungen, die
gemeinsam die 4. Fachtagung Frauen- und Genderforschung in Rheinland-Pfalz
bilden. Diese beschäftigt sich mit dem "Wandel der Lebensformen vom 18.-21.
Jahrhundert". Teil I widmete sich am 16. und 17. Juli 2004 dem "Verhältnis
von Leben und Arbeit", Teil II hat sich am 26. November 2004 mit "Formen des
Zusammenlebens" auseinandergesetzt.
Es werden keine Tagungsgebühren erhoben. Eine Anmeldung ist erwünscht.
Tagungsort:
Universität Trier, A 9/10
Anreise:
Ab Bahnhof oder Porta Nigra Platz mit der Buslinie 3 Richtung (ab 18.00
Linie 83) Richtung Tarforst bzw. Weidengraben; Ausstieg Bushaltestelle
Universität
Die Tagung findet im A-Gebäude statt.
Information und Anmeldung:
Katja Wolf, M.A. Koordinationsstelle Interdisziplinäre und Interkulturelle
Geschlechterstudien (KIIG)
Universität Trier
http://www.uni-trier.de/zig
Dr. Rita Voltmer, Geschichtliche Landeskunde, Frauenbeauftragte des FBR III
und stellvertretende Frauenbeauftragte des Senats
Universität Trier
http://www.uni-trier.de/hexen
Quellennachweis:
CONF: Wandel der Lebensformen vom 18.-21. Jh (Trier, 4-5 Feb 05). In: ArtHist.net, 19.01.2005. Letzter Zugriff 03.07.2025. <https://arthist.net/archive/26907>.