CFP 01.12.2004

Region - Kunst - Regionalismus (April 2005)

Michaela Marek

Call for Papers

Region - Kunst - Regionalismus. Regionale Identifizierungen mit den Mitteln
der Künste in Zentral-, Ostmittel-, Südost- und Osteuropa von der 2. Hälfte
des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart

Jahrestagung des Johann Gottfried Herder-Forschungsrates 2005
Marburg, Herder-Institut, 1.-3. April 2005

Deadline: 18.12.2004

Prozesse der kulturellen Integration und Identitätsbildung bzw. der Abgrenzung
in der Moderne werden derzeit überwiegend in den Kategorien "Nation" und
"Staat" erörtert; als weitere, offene und tendenziell diese übergreifende
Kategorie tritt die des "(Kommunikations-)Raumes" hinzu. Das Interesse der
hier geplanten Tagung zielt demgegenüber darauf, "Region" als kleinere und in
diesem Sinne zu den genannten Bezugsrahmen alternative Einheit in den Blick zu
nehmen: die Konstituierung regionaler kultureller Besonderheit als Reaktion
auf das - sowohl kommunikationstechnisch und wirtschaftlich als auch politisch
betriebene - "größer Werden" der Welt und auf Neuordnungen, welche
grundsätzlich unabhängig von historischen Strukturen, zum Teil auch gegen
diese, erfolgten.

Im Hinblick auf Künste, Kunstpolitik und die dazugehörigen Deutungen ging dem
Konzept der Region der Begriff der "Kunstlandschaft" voraus, wobei dessen
Bedeutungsfeld nach wie vor maßgeblich von den Definitionen aus den 1920er bis
1940er Jahren geprägt wird. Bis heute klingt darin die Vorstellung nach, wie
sie - insbesondere im Hinblick auf die östlichen Teile Europas - im Dienste
der NS-Ideologie entwickelt worden ist: die Vorstellung eines im Mittelalter
etablierten und durch alle nachfolgenden Epochen hindurch im Wesentlichen
unverändert wirksamen "Charakters", der durch die Mentalität der kulturell
dominanten Bevölkerungsgruppen geprägt worden sei. Die einschlägige Forschung
("Kunstgeographie" und ihre Revisionen) ist hier nochmals kritisch zu
referieren, und vor diesem Hintergrund soll versucht werden, neue Perspektiven
auf das Verhältnis Kunst - Region (und vice versa) zu entwickeln.

Hat die Kunstgeschichte für die Epochen bis zum Barock an zahlreichen
Beispielen aufgezeigt, dass "Kunstlandschaften" als temporäre und von
vielfältigen - soziokulturellen, politischen, ökonomischen - Faktoren
abhängige Gebilde zu betrachten sind, so stehen entsprechende Untersuchungen
(unter dieser Fragestellung) für die vergangenen eineinhalb Jahrhunderte
weitestgehend noch aus - und das, obwohl regionale Identifizierungs- und
Abgrenzungsprozesse (eben auch mit Hilfe der Künste) wesentlichen Anteil an
allen geopolitischen Veränderungen in diesem Zeitraum hatten.

Es gilt mithin zu fragen, in welchen historischen Situationen und
Konstellationen das Konzept einer regionalen Identifikation aktuell geworden
ist und in welcher Weise es jeweils entwickelt wurde. Als Arbeitshypothese mag
die Annahme dienen, dass Regionalisierungsprozesse in den Künsten in diesem
Zeitraum weniger als je zuvor eigendynamisch in Gang gekommen sind: Vielmehr
waren sie offenbar überwiegend Ergebnisse benennbarer bzw. rekonstruierbarer
Interessen, oft politischen Willens. Daher ist ihnen 1) passagerer, 2)
instrumenteller, 3) Konstruktcharakter zuzusprechen.

Daran knüpfen sich konkretere Fragen und Gesichtspunkte:
- "Erfindung" regionaler Eigenheiten / zielgerichtete (auch: widersinnige)
Deutung von Vorgefundenem (Rückprojektionen) / Bezüge auf tatsächliche
regionale Traditionen
- selektiver Charakter "regionaler Historismen" (mit dem Ziel zugespitzter
Identitätsbildung)
- situativer Charakter künstlerischer / kultureller Regionalismen
- (wechselseitiges) Verhältnis zu nationaler / staatlicher / "Block-"Integrität
- einzelne soziale Gruppen als Träger regionaler Interessen (einschl.
Rückwirkungen auf die Ausprägung der "regionalen Teilkultur")

Es ist vorgesehen, die Beiträge der Tagung in der Reihe "Völker, Staaten und
Kulturen im östlichen Mitteleuropa" (München: Oldenbourg) zu veröffentlichen.

Information zum Johann Gottfried Herder-Forschungsrat: http://www.hfr.lmu.de/

Ansprechpartner für die Tagungsplanung:

Prof. Dr. Michaela Marek
Universität Leipzig
Institut für Kunstgeschichte
Luppenstr. 1b
D - 04177 Leipzig
Tel. 0049/(0)341/97 35 550
e-mail: marekrz.uni-leipzig.de
http://www.uni-leipzig.de/~kuge/

Dr. Dietmar Popp
Herder-Institut
Bildarchiv
Gisonenweg 5-7
D - 35037 Marburg
Tel. 0049/(0)6421/184 0
e-mail: poppdstaff.uni-marburg.de
http://www.herder-institut.de

Quellennachweis:
CFP: Region - Kunst - Regionalismus (April 2005). In: ArtHist.net, 01.12.2004. Letzter Zugriff 10.05.2025. <https://arthist.net/archive/26842>.

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