CONF 26.04.2004

Das Tragische im Denken d. 18. Jh (Potsdam, 04.06.04)

Das Tragische im Denken des achtzehnten Jahrhunderts
Tagung am Freitag, den 4. Juni 2004
Forschungszentrum Europäische Aufklärung
Am Neuen Markt 9d, Potsdam 14467

Programm

10.00 Uhr
Eröffnung der Tagung: Prof. Dr. Günther Lottes, Direktor
Forschungszentrums Europäische Aufklärung

Moderation: PD Dr. Brunhilde Wehinger (FEA)

10.15 Uhr
Prof. Dr. Roland Galle (Essen):
"Die Entkonturierung der Tragödie und des Tragischen im Licht der
Aufklärung"

11.00 Uhr
Dr. Veit Elm (Princeton, Institute for Advanced Studies):
Tragödie und Zivilisationsgeschichte im Werk von Voltaire, Rousseau und
Madame de Staël.

11.45-12.00: Pause

12.00 Uhr
Dr.Vanessa de Senarclens (FEA):
Griechische Tragödien für ein "höfliches und aufgeklärtes Jahrhundert":
Le Théâtre des Grecs (1730) von Pierre Brumoy

12.30 Uhr
Dr. Brigitte Heymann (HU Berlin):
Aspekte des Tragischen bei Madame de Staël: Geschichte,
Moral,Inszenierung

13-14.30 Uhr: Mittagspause

Moderation: PD Dr. Alexander Košenina (HU Berlin)

14.30 Uhr
Dr. Martin Dönike (Heinse-Nachlass-Edition/TU Berlin):
"Versuche im Felde des Heroischen und Tragischen" -Zur Rezeption antiker
Gewaltdarstellungen in Kunst und Kunsttheorie des europäischen
Neoklassizismus

15.00 Uhr
Marie-Christin Wilm (FU Berlin)
Warum im griechischen Drama der 'freie Mensch zur Maschine' wurde:
Lessings Lektüre des "Lettre à d'Alembert" und seine neue Sicht der alten
Tragödie

15.45-16.00 Uhr: Pause

16.00-17.00 Uhr: Podiumsdiskussion:
Wie viel Tragik verträgt das 18. Jahrhundert?
Moderation: Prof. Dr. Roland Galle
mit PD Dr. Alexander Košenina (HU Berlin, Germanistik), PD Dr. Martin
Vöhler (FU Berlin, Altphilologie), Dr. Christoph Frank (FEA,
Kunstgeschichte)

Exposé

In diesem Kolloquium geht es um einen in der Forschung bislang
vernachlässigten Aspekt der Rezeption der griechischen Antike im
Jahrhundert der Aufklärung. Die griechische Antike appelliert nicht nur
an das Schönheitsideal der "edlen Einfalt und stillen Größe", sondern
greift das Thema der menschlichen Leidenschaften auf. Mythische Figuren,
wie Oedipus, Medea oder Philoctet sind fühlende und leidende Wesen: ihre
Ohnmacht gegenüber dem Schicksal stellt im Jahrhundert der Vernunft und
des Fortschrittsoptimismus eine Provokation dar. Der Begriff "Tragik", in
seiner philosophischen und ästhetischen Bedeutung wird Gegenstand von
Interpretationen und Umdeutungen, die das ambivalente Verhältnis des
achtzehnten Jahrhunderts zu diesem Aspekt der griechischen Antike zum
Ausdruck bringen. Viele Autoren verstehen die Tragik, das Scheitern des
Menschen vor der Macht der Götter, die bei den alten Griechen Furcht und
Mitleid auslöste, als Symptom eines frühen Entwicklungsstadiums. Im
Zeichen des Fortschritts gelte es, diese archaischen Restbestände zu
überwinden und die Gesellschaft zu zivilisieren, zu erziehen und zu
reformieren. Dieses Programm erweist sich jedoch als inkompatibel mit
einer Literatur, die große Emotionen hervorrufen möchte. Ein Autor wie
Voltaire, der 27 Tragödien schreibt, konstatiert enttäuscht, dass die
Errungenschaften der Zivilisation und des Rationalismus sich als
Hindernis erweisen, wenn es darum geht das Publikum mit seinen
Theaterstücken zu bewegen. Für Autoren des achtzehnten Jahrhunderts wäre
eine neue Form der Tragödie ideal, die den in der Moderne erreichten
philosophischen Fortschritt berücksichtigt, aber dennoch imstande ist,
die Leidenschaft der Zuschauer zu entfachen. Aber ist das überhaupt
möglich? Kann ein Theater, das sich an der griechischen Tragödie
orientiert, gleichzeitig an die Emotionen und an das Urteilsvermögen der
Zuschauer appellieren? Kann man sich einen Zuschauer vorstellen, der
gefesselt, fasziniert und erschüttert ist und zugleich kritisch,
emanzipiert und modern ?

Konzeption / Organisation:
Dr. Vanessa de Senarclens (senarclrz.uni-potsdam.de) in Zusammenarbeit
mit PD Dr. Brunhilde Wehinger (wehingerrz.uni-potsdam.de).

Quellennachweis:
CONF: Das Tragische im Denken d. 18. Jh (Potsdam, 04.06.04). In: ArtHist.net, 26.04.2004. Letzter Zugriff 09.05.2025. <https://arthist.net/archive/26319>.

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