[Kultur und Politik in deutsch-tschechisch-slowakischen Beziehungen
Culture and Politics in German-Czech-Slovak Relations]
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Deutsch-Tschechische und Deutsch-Slowakische Historikerkommission
Tagung 2004
Kultur als Vehikel und als Opponent politischer Absichten.
Deutsch-tschechisch-slowakische Kulturkontakte von der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart
Prag, 25. - 28. März 2004
CALL FOR PAPERS
Deadline: 15. August 2003
Die deutsch-tschechischen und deutsch-tschechoslowakischen
Kulturbeziehungen, gerade auch im Hinblick auf ihre politische
Dimension, sind bislang in etlichen verstreuten Einzelstudien untersucht
worden. Gegenstand eines systematischeren Interesses waren sie aber
anders als etwa die deutsch-französischen Kulturkontakte - bisher nicht,
so dass viele wesentliche Fragen noch nicht einmal aufgeworfen worden
sind. Das wenige verfügbare "Wissen" darüber wird in verschiedenen
Bereichen nach wie vor von "Geschichtsbildern" bestimmt, die in hohem
Maße ideologisch konditioniert sind: durch das Erbe der
Nationalitätenkonflikte des 19. Jahrhunderts sowie durch Vorstellungen,
die sich in der NS-Zeit und in der Ära des Kalten Krieges verfestigt
haben. Neu zu stellen sind Fragen faktographischer wie auch
systematischer Natur; vor allem fehlt bislang die "Langzeitperspektive",
die Strukturen und mögliche Traditionslinien erkennen lassen würde.
Angestrebt wird daher naturgemäß keine umfassende "politische
Kulturgeschichte" der deutsch-tschechischen, deutsch-slowakischen und
deutsch-tschechoslowakischen Beziehungen. Vielmehr wird als
Hauptanliegen verfolgt, neuralgische Punkte des "Kulturtransfers"
aufzufinden und zu analysieren:
- Bedingungen, Praxis und Praktiken sowie Behinderungen direkter
Kommunikation und wechselseitiger Information auf offizieller wie
inoffizieller Ebene;
- Formen der Wahrnehmung bzw. Aneignung, einschließlich (ggf.
strategischer) Selektion und Transformation;
- Kulturexport und dessen Steuerung sowie Rückwirkungen;
- Abwehr von "Einflüssen" u.ä.m.
Von Interesse sind speziell politische Funktionen und Wirkungen von
Kulturkontakten:
- gezielte Instrumentalisierung für politische (auch Gruppen-)
Interessen von "oben" wie von "unten";
- Konstruktionen "kultureller Besitzstände" durch Abgrenzungsmechanismen;
- Kulturkontakte (auch deren Vermeidung) als "Ausweichschauplatz"
politischer Auseinandersetzung;
- komplementäre bzw. kompensatorische Funktionen von Kulturkontakten im
Hinblick auf politisches Geschehen;
- Kultur als Mittel zum Unterlaufen bzw. Konterkarieren politischer
Vorgaben;
- unerwünschte (politische und gesellschaftliche) Wirkungen kultureller
Kontakte usw.
Der Aufruf wendet sich an Historiker aller Fachgebiete ebenso wie an
Politikwissenschaftler, Literaturwissenschaftler (Slavistik,
Germanistik; Komparatistik), Musik- und Theaterwissenschaftler,
Volkskundler, Kunsthistoriker u.a.
Der Zeitraum, der abgedeckt werden soll, reicht vom ausgehenden 19.
Jahrhundert bis zur Gegenwart, d.h. über mehrere "Zeitenwenden" und
"Systemwechsel" hinweg. Dementsprechend sollen sowohl die
innerböhmischen und innertschechoslowakischen Kulturkontakte von
Tschechen und Slowaken mit böhmischen/slowakischen Deutschen bzw.
Sudetendeutschen in den Blick genommen werden wie Beziehungen innerhalb
der Habsburgermonarchie und Außenkontakte zum Deutschen Reich, zur
Bundesrepublik Deutschland und Österreich bzw. zur DDR. Die
vergleichende Perspektive, auch jenseits dieses Rahmens, ist
ausdrücklich erwünscht.
Beiträge können auf einzelne historische Abschnitte mit ihren
spezifischen politischen und kulturellen Rahmenbedingungen konzentriert
sein (Habsburgermonarchie/Deutsches Reich vor 1914; Erster Weltkrieg;
Zwischenkriegszeit; nationalsozialistische Zeit und Zweiter Weltkrieg;
Nachkriegszeit/Stalinismus/Tauwetter; -1968 ; Normalisierungsära in der
CSSR; 1989 und Folgezeit). Willkommen sind aber auch Vorschläge, die
Themen über politische Brüche hinweg verfolgen. In der chronologischen
Perspektive könnte sich Aufschluss insbesondere darüber ergeben, wie das
Argument der nationalen Kultur einerseits und das des politischen
Systems andererseits jeweils aufeinander bezogen bzw. gegeneinander
ausgespielt wurden.
Mögliche Themenfelder sind u.a. die folgenden:
- Nationalkulturelle Werte in der Konfrontation und im Dialog; Formen
und Motivationen der (wechselseitigen?) Aneignung von Themen und
Modellen in der Konstruktion nationaler Kulturen im 19. Jahrhundert;
bes. Avantgarden: Spannung zwischen europäischen und nationalen
(Selbst-)Deutungen
- Durchlässigkeit deutscher, tschechischer und slowakischer Kultur in
der (Tschechoslowakei der) Zwischenkriegszeit; staatliche Förderung und
Formen der Integration "deutscher Kultur" in der Ersten
Tschechoslowakischen Republik; Kontakte zum Deutschen Reich und zu
Österreich
- Kultur unter nationalsozialistischer Okkupation der Tschechoslowakei:
Kulturpolitik des Okkupationsregimes; Kultur als Instrument des
Widerstandes; Kultur als Plattform der Kollaboration; kulturelles
Selbstverständnis im Reichsgau Sudetenland
- "Damnatio memoriae" der "deutschen Kultur" in der Tschechoslowakei
nach 1945/48, ihre Formen und ihre Grenzen
- Ausstellungswesen, Kunsthandel, Musik- und Theaterproduktionen,
Literaturübersetzungen Tschechoslowakei - Bundesrepublik (und
Österreich) bzw. DDR vor 1989; Wahrnehmung der "offiziellen" und der
"oppositionellen" Kultur in der Tschechoslowakei durch bundesdeutsche
(und österreichische?) Kritik sowie ihre Rückwirkungen; deutschsprachige
(staatliche) Publizistik in der Tschechoslowakei vor 1989 und ihr Export
- Bedeutung der (bundes-)deutschen/österreichischen (?) Kultur im
politischen Tauwetter der sechziger Jahre und im Prager Frühling; Rolle
der tschechoslowakischen Exilkultur nach 1968 für das
Tschechoslowakei-Bild in der Bundesrepublik und in Österreich
("Substitution"?)
- grenzüberschreitende Kulturarbeit der Kirchen vor 1989
- Kultur(-traditionen) als Argument für Tschechiens "Rückkehr nach
(Mittel-)Europa"; Reintegration der böhmisch- (und slowakisch-)deutschen
Kultur ins (populäre) Geschichtsbild Tschechiens und der Slowakei
Wir bitten um Beitragsvorschläge mit Abstracts, möglichst nicht länger
als eine Seite, bis zum 15. August 2003. Die endgültige Auswahl der
Referate werden die Organisatoren gemeinsam bis Ende September treffen.
Falls die Fülle und Vielfalt der Vorschläge den Rahmen einer Tagung
überschreiten sollte, ziehen wir eine zweite Veranstaltung in Betracht.
Konferenzsprachen sind Deutsch, Englisch, Tschechisch und Slowakisch.
Vorträge und Diskussion werden simultan gedolmetscht.
Die Vorschläge werden erbeten an:
Prof. Dr. Michaela Marek
Universität Leipzig
Institut für Kunstgeschichte
Luppenstr. 1b
D - 04177 Leipzig
Tel. 0049-(0)341-97 35 549
Fax 0049-(0)341-97 35 559
michaela.marekrz.uni-leipzig.de
http://www.dt-ds-historikerkommission.de
Prof. Dr. Jiri Pesek
Institut mezinarodnich studii
Katedra pro nemecka a rakouska studia FSV UK
U Krize 8
CZ - 150 00 Praha 5
Tel. 004202/51 080 250
Fax 004202/56 102 94
jiripesekhotmail.com
Dr. Dusan Kovac, DrSc.
Vedecky sekretar SAV
Predsednictvo SAV
Stefanikova 49
SK - 814 38 Bratislava
Tel. 00421/7/52 49 56 34
kovacup.upsav.sk
German-Czech and German-Slovak Committee of Historians
Conference 2004
Culture as a vehicle and as an opponent of political intentions.
German-Czech-Slovak cultural contacts from the second half of the 19th
century until today
Prague, March 25th - 28th, 2004
CALL FOR PAPERS
Deadline: August 15th, 2003
The German-Czech and German-Czechoslovak relations within the scope of
culture - especially in terms of their political dimensions have so far
been analysed in a number of single publications. But they have not been
a subject of a more systematic interest yet, unlike, for example, the
German-French cultural contacts. Therefore many of the basic questions
have not even been brought up until today. The very little "knowledge"
we have on this range of problems is for the most part still dominated
by views of history, which are highly ideologized: this is due to the
heritage of the national conflicts of the 19th century as well as to the
concepts which were reinforced during the National Socialist period and,
subsequently, in the Cold War era. As a consequence, questions of a
factographic kind have to be raised anew and questions of a systematic
kind must be put on the research agenda. Above all, a long-term
perspective should be addressed, which might show structures and
possible lines of tradition.
Therefore the aim of the conference is of course not an extensive
"political-cultural history" of the German-Czech, German-Slovak or
German-Czechoslovak relations. Our main concern is to identify and
analyse critical points of the "cultural transfer":
- conditions, practice and circumstances as well as impediments of
direct communication and reciprocal information on official and informal
levels;
- forms of perception or appropriation, including (if necessary
strategic) selection and transformation;
- cultural export, its control and repercussions;
- repulse of "influences" (and so forth).
Our interest particularly focuses on political functions and effects of
cultural contacts:
- its calculated instrumentalization in the service of political
(group-) interests coming from above as well as from below;
- constructions of "cultural properties" via mechanisms of distinction;
- cultural contacts (or their prevention) as a substitute venue of
political conflicts;
- complementary or compensational functions of cultural contacts with
regard to political events;
- culture as a way to elude or to thwart politics;
- unintended (political and social) effects of cultural contacts (and so
forth).
This call for papers addresses historians of all fields of research as
well as political scientists, literary scholars (Slavic studies, German
studies, comparative studies), musicologists, ethnologists, art historians.
The period of time to be dealt with stretches from the late 19th century
to the present times, including the various turning points in history
and changeovers of political systems. Therefore the inner-Bohemian and
inner-Czechoslovak cultural contacts of Czechs and Slovaks with the
Bohemian/Slovak Germans or Sudeten Germans as well as the relations
within the Habsburg monarchy and the foreign relations to the German
Empire, to the Federal Republic of Germany and Austria and to the German
Democratic Republic can be made a subject of discussion. The comparative
perspective, even if going beyond this scope, is expressly welcome.
Contributions may focus on single historical periods with their specific
political and cultural conditions (Habsburg monarchy/German Empire
before 1914; World War I; the interwar period; the National Socialist
period and World War II; the post-war time/the Stalinist and the thaw
periods; "1968"; the "normalization" era in Czechoslovakia; 1989 and the
subsequent period). Suggestions pursuing phenomena across political
turning points are, however, especially welcome. The chronological
perspective could give information on how the argument of the national
culture on the one hand and the argument of the political system on the
other hand were related to each other or how they were played off
against each other.
Possible topics among others are:
- National values of culture in confrontation and in dialogue; forms and
motivations of the mutual appropriation of topics and models in the
construction of national cultures in the 19th century; especially
avantgardes: tensions between European and national self-interpretations
- Permeability of German, Czech and Slovak culture in the interwar
period (within and beyond Czechoslovakia); governmental and public
patronage and ways of integrating "German culture" in the First
Czechoslovak Republic; contacts to the German Empire and to Austria
- Culture under the National Socialist occupation of Czechoslovakia;
cultural politics of the occupational regime; culture as an instrument
of resistance; culture as a platform of collaboration; cultural
self-image in the "Reichsgau Sudetenland"
- "Damnatio memoriae" in regard to "German culture" in Czechoslovakia
after 1945/48, its forms and its limits
- Exhibitions, art trade, music and theater productions, translations of
literature Czechoslovakia - Federal Republic of Germany (and
Austria)/GDR before 1989; perception of the "official" and the
"oppositional" culture in Czechoslovakia by German (and Austrian ?)
critiques and commentators as well as its repercussions; official German
language publishing in Czechoslovakia before 1989 and its export
- The importance of German/Austrian (?) culture during the thaw period
in the sixties and The Prague Spring; the significance of the
Czechoslovak exile cul-ture after 1968 for the image of Czechoslovakia
in Germany and Austria ("substitution"?)
- Cross-border cultural activities by churches before 1989
- Culture (cultural traditions) as an argument for the Czech "return to
(Central) Europe"; reintegration of the Bohemian- (and Slovak-) German
culture into the (popular) view of history in the Czech Republic and in
Slovakia.
We ask for suggestions of contributions with abstracts - not more than
one page - until August 15th, 2003. The organizers will select the
papers until the end of September.
If the number of contributions exceeds the limit of the conference, a
second event might be taken into consideration.
Conference languages are German, English, Czech and Slovak. Lectures and
discussion will be translated simultaneously.
Please send your suggestions to:
Prof. Dr. Michaela Marek
Universität Leipzig
Institut für Kunstgeschichte
Luppenstr. 1b
D - 04177 Leipzig
Tel. 0049-(0)341-97 35 549
Fax 0049-(0)341-97 35 559
michaela.marekrz.uni-leipzig.de
http://www.dt-ds-historikerkommission.de
Prof. Dr. Jiri Pesek
Institut mezinarodnich studii
Katedra pro nemecka a rakouska studia FSV UK
U Krize 8
CZ - 150 00 Praha 5
Tel. 004202/51 080 250
Fax 004202/56 102 94
jiripesekhotmail.com
Dr. Dusan Kovac, DrSc.
Vedecky sekretar SAV
Predsednictvo SAV
Stefanikova 49
SK - 814 38 Bratislava
Tel. 00421/7/52 49 56 34
kovacup.upsav.sk
Quellennachweis:
CFP: Deutsch-tschechisch-slowakische Kulturkontakte (Prag 25.-28.3.04). In: ArtHist.net, 02.07.2003. Letzter Zugriff 27.12.2024. <https://arthist.net/archive/25775>.