CONF 09.05.2003

Originalkopie - Praktiken des Sekundären (Köln, 22-24 May 03)

Brigitte Weingart

ORIGINALKOPIE - PRAKTIKEN DES SEKUNDÄREN

Konferenz des Kulturwissenschaftlichen Forschungskollegs "Medien und
kulturelle Kommunikation", Universität zu Köln, 22.-24. Mai 2003

Mit der Änderung des Urheberrechts sollen neben Problemen der Autorschaft
und der Zugangsberechtigung auch Praktiken des Kopierens und Zitierens
medienübergreifend und dem (digitalen) State of the Art entsprechend
geregelt werden. Die Diskussion darüber setzt häufig bei der Feststellung
ein, die Grenze zwischen Original und Kopie sei längst gefallen, man befände
sich ohnehin immer schon 'im Zitat'. Dem würde in der gegenwärtigen Debatte
über Performativität und Wiederholung, wie sie seit den 1990er Jahren in den
Kulturwissenschaften geführt wird, wohl kaum widersprochen. Und doch ist
gerade hier häufig zu beobachten, daß die entsprechenden Ansätze mit
Kategorien von Authentizität und Originalität operieren - etwa der Annahme
einer Integrität des Zeichens, die das Mäandern durch die Kontexte und
Medien unbeschadet übersteht, oder der Vorstellung eines Körpers, dessen
unwillkürliches Agieren zur Instanz für Unwiederholbarkeit wird.

Die Konferenz setzt bei dem Vorschlag an, die Perspektive auf die kultur-
und medienspezifischen Normen und Konventionen von Aneignung und Verfremdung
zu lenken, wie sie in Zitierpraktiken am Werk sind: Wie wird das, was
jeweils als 'Identisches' gilt, bestimmt und definiert? Wie wird es
legitimiert und autorisiert? Gibt es kulturelle Praktiken, die nicht auf die
Unterscheidungen zwischen Primärem und Sekundärem, Original und Kopie,
Ereignis und Wiederholung setzen, die diese Oppositionen unterlaufen?
Inwiefern haben Wiederholungsstrukturen wie Rekurrenz, Serie oder Rhythmus
eine kohärenzstiftende Funktion - sei es für einzelne Texte oder für ganze
Kulturen? Nach welchen Kriterien werden die Kontexte konstruiert, innerhalb
derer ein Anspruch auf 'Originalität' oder 'Eigentum' überhaupt geltend zu
machen ist? Und welche Rolle spielen die lokalen Bedingungen von
Aneignungsprozessen, wenn Produkte und Produktionsverfahren global
zirkulieren?

Ausgehend von der medienhistorischen Zäsur digitaler Reproduzierbarkeit im
20. Jahrhundert wird die Konferenz die Kultur- und Medienabhängigkeit von
"Praktiken des Sekundären" untersuchen. Zur Diskussion stehen mediale
Verfahren, die auf den Status des Vorgefundenen, des Nicht-Authentischen,
des Abgeleiteten setzen - oder aber derartige Zuschreibungen gezielt
problematisieren: Iterieren, Zitieren, Duplizieren, Simulieren und Kopieren.

Konzeption und Moderation: Gisela Fehrmann, Erika Linz, Eckhard Schumacher,
Brigitte Weingart

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PROGRAMM

Donnerstag, 22.5. (Neuer Senatssaal)

15.00-18.45 ITERIEREN

Iteration und Aufpropfung
Uwe Wirth (Frankfurt/Main)

Bild-Fortpflanzungen. Multiplikationen und Modulationen
als kulturelle Praktiken in Ostasien
Birgit Mersmann (Karlsruhe)

'Echte Kopien' – technisch möglich, ästhetisch reizvoll,
juristisch indiskutabel (Sampling in der Popmusik)
Susanne Binas (Berlin)

Die Reservearmee der Zeichen: Marx und das Internet
Leander Scholz (Köln)

19.15-20.45 COPY/RIGHTS
(Hörsaal XVIII)

Der tote Autor und die kollektive Intelligenz
Volker Grassmuck (Berlin)

Diskussion mit Statements von Mercedes Bunz (Berlin)
und Oliver Passek (Berlin)

Freitag, 23.5. (Hörsaal XVII)

9.30-13.00 ZITIEREN

Was ist ein Beispiel? Zur Wissenspoetik des Exemplarischen
Stefan Willer (Berlin)

Alles nebeneinander, nacheinander, miteinander:
Rolf Dieter Brinkmanns 'Schnitte' zitieren
Nils Plath (Osnabrück)

Batman oder die Logik der Datenbank
Karin Krauthausen (Karlsruhe)

14.30-18.15 DUPLIZIEREN

Kopie der Kopie oder Was heißt Parodieren?
Heide Volkening (München)

Remake Pastiche. Gus van Sants Psycho
Ekkehard Knörer (Frankfurt/Oder)

Die hohe Kunst der Kopie. Überlegungen zur Geschmackssoziologie
der Coverversion in der populären Musik
Ralf Hinz (Bochum)

Lenin-Stalin/Original-Kopie. Die Überwindung des Sekundären
in der medialen Repräsentation Stalins
Riccardo Nicolosi (Konstanz)

21.00-22.45 BILDER/SERIE (Kölner Filmhaus)
"Kopier-Werk – Filme und Videos aus gefundenem Material"
Filme von und Diskussion mit Matthias Müller (Bielefeld)

22.45 Trinken im Foyer

Samstag, 24.5. (Hörsaal XVIII)

10.00-11.30 SIMULIEREN

Affekt-Bilder. Mimik zwischen Mimesis und Simulation
Petra Löffler (Köln)

Computersimulation
Jens Schröter (Siegen)

12.00-14.30 COPY/ORIGINAL (Panel in English)

Ones of a Kind and Originopoly
Hillel Schwartz (San Diego)

Originality and Conceptual Art
Stefan Römer (Köln)

References
Statement by Thomas Locher (Berlin)

Discussion with Thomas Locher, Stefan Römer and Hillel Schwartz

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Dr. Brigitte Weingart
Kulturwissenschaftliches Forschungskolleg
"Medien und kulturelle Kommunikation"
SFB/FK 427 - Universitaet zu Koeln
Bernhard-Feilchenfeld-Str. 11
D-50969 Koeln
Tel. +49 221/470-6798
Fax. +49 221/470-6773
http://www.uni-koeln.de/inter-fak/fk-427

Quellennachweis:
CONF: Originalkopie - Praktiken des Sekundären (Köln, 22-24 May 03). In: ArtHist.net, 09.05.2003. Letzter Zugriff 28.03.2024. <https://arthist.net/archive/25646>.

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