Vortragsreihe: Ethnografisches Crossover.
Aneignung und Rezeption des Fremden in der populären Kunst und Kultur der Moderne
Jeweils Dienstags, 18 Uhr, Museum für Gegenwartskunst, Siegen
Zu den zentralen Konstanten der Moderne zählt die Suche nach den Quellen einer vermeintlich archaischen und ursprünglichen Kreativität, deren unverfälschtes Schöpfertum der als überlebt empfundenen abendländischen Kultur vitalisierende Impulse verleihen soll. Im Zeitalter imperialistischer Machtpolitiken, kolonialistischer Eroberungen und zunehmender ethnografischer Forschungen waren es besonders die als «primitiv» apostrophierten Kulturen jenseits der westlichen Hemisphäre, die in vielfältiger Weise «entdeckt» und rezipiert wurden. Nicht nur die künstlerische Avantgarde begeisterte sich damals für die Kulturen Afrikas, Asiens, Ozeaniens oder Südamerikas. Auch in der Populärkultur fand das «Fremde» in vielfältiger Weise Eingang, sei es in Form der überaus beliebten «Negerrevuen», des als «African Craze» goutierten Idioms der Jazzmusik oder des «Style nègre» in Design und Haute Couture, um nur wenige Beispiele zu nennen. Während Ethnografie und Völkerkunde die kulturellen Artefakte nicht-westlicher Gesellschaften erforschten, sammelten und klassifizierten, wurden diese Gegenstände zugleich massenwirksam popularisiert und damit kommerzialisiert. Im Exotischen und «Primitiven» meinte man dabei paradoxerweise einen zwar radikalen Gegenentwurf zur westlichen Zivilisation zu sehen, der sich indes in seiner Fremdheit gleichwohl «verlustfrei» aneignen und amalgamieren ließ. Zugleich war die Aneignung des Fremden keine Einbahnstraße. Parallel lassen sich vielfältige Phänomene der Rezeption westlicher Kulturen im globalen Süden beobachten. Im globalen Kontext betrachtet, stellt sich die Moderne als Crossover und Austausch dar, bei dem das jeweils andere popularisiert wurde.
Die Ringvorlesung will der Frage nachgehen, welchen Einfluss ethnografisches Crossover und Rezeption des Fremden auf die populäre Kultur der Moderne seit dem späten 19. Jahrhundert ausübten und welche ideologischen Implikationen sich damit verbanden.
12. November 19
Patricia Meneses:
Creating Otherness: The Circulation of Ethnographic Photography in Imperial Brazil
26. November 19
Joseph Imorde:
Regarding the Unknown: Popular Reproductions in Art History and Anthropology
03. Dezember 19
Priyanka Basu:
Anthropological Histories and Techniques in Philip Scheffner's Films
17. Dezember 19
Andreas Zeising:
Die Pariser Kolonialausstellung 1931
14. Januar 20
Anna Brus:
Kanon und Störung. Zur Provenienz- und Wissenschaftsgeschichte transkultureller Objekte in ethnographischen Sammlungen
21. Januar 20
Kerstin Schankweiler:
Reklamekunst in Afrika. Aneignungen populärer Kultur von den 1950 Jahren bis zur Gegenwartskunst
28. Januar 20
Erhard Schüttpelz:
Schlangen, Chimären und Camouflage: Aby Warburg am Nullpunkt der Ikonologie
Quellennachweis:
ANN: Ethnografisches Crossover (Siegen, 12 Nov 19-28 Jan 20). In: ArtHist.net, 22.10.2019. Letzter Zugriff 30.12.2024. <https://arthist.net/archive/21885>.