CONF 11.11.2015

Aura-Politiken (Berlin, 2 Dec 2015)

Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund, Berlin, 02.12.2015

Marcelina Kwiatkowski

„Aura-Politiken. El Lissitzkys ‚Kabinett der Abstrakten‘ zwischen Musealisierung und Teilhabe“

(English version below)

Fachtag zum Projekt „Demonstrationsraum” in der Landesvertretung Niedersachsen, Berlin, im Rahmen des Jahresprogramms “inspektionen // teilhabe_n” in Zusammenarbeit mit dem DFG Graduiertenkolleg 1843 „Das fotografische Dispositiv“ an der HBK Braunschweig

Datum: Mittwoch, 2. Dezember 2015, 12.00 – 17.30 Uhr,
gefolgt von einem Abendvortrag um 19:00 Uhr
Ort: Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund, In den Ministergärten 10, 10117 Berlin

„Demonstrationsraum” ist ein Ausstellungsprojekt zum „Kabinett der Abstrakten” von El Lissitzky (1890–1941) in Form einer Augmented Reality-App. Das Projekt greift Lissitzkys künstlerische und soziale Vision der Verknüpfung von Kunst und Technologie auf und überführt sie in eine interaktive Anwendung auf Basis von historischen und aktuellen Fotografien. Der Einsatz neuester Medientechnologie macht die komplexe Geschichte des „Demonstrationsraums“ anhand seines Archivmaterials erfahrbar. Gleichzeitig eröffnet die Anwendung einen virtuellen Raum, in dem sich die Nutzerinnen und Nutzer fotografisch einschreiben können. Die für das „Kabinett der Abstrakten“ konstitutive aktive Beteiligung der Betrachterinnen und Betrachter an der Museumspräsentation wird im Digitalen reaktiviert und Teil der Historisierung dieses musealen Sammlungsobjekts. Damit untersucht der „Demonstrationsraum” als digitale, interaktive und erweiterbare Anwendung neue Methoden der Verbindung von Forschung, Ausstellung und Vermittlung mit dem Ziel einer fundierten und zugleich niederschwelligen Darstellung eines komplexen Sammlungsobjekts, an dem sich Geschichte und Kunstgeschichtsschreibung materialisieren.

Erstmals wird die App im Rahmen des Kunstprogramms „inspektionen // teilhabe_n" in der Niedersächsischen Landesvertretung, Berlin, vom 30. November bis 13. Dezember 2015 zu sehen sein, bevor sie im Juni 2016 im Sprengel Museum Hannover und im Oktober 2016 in der Galerie der HBK Braunschweig präsentiert wird.

Am Mittwoch, den 2. Dezember 2015, findet unter dem Titel „Aura-Politiken. El Lissitzkys ‚Kabinett der Abstrakten‘ zwischen Musealisierung und Teilhabe“ ein Fachtag in der Landesvertretung Niedersachsen, Berlin, zum „Demonstrationsraum“ und den mit der App verknüpften Fragestellungen statt.

Das Spannungsverhältnis zwischen Ent-Auratisierung und auratischer Aufladung, das Lissitzkys Rauminstallation von 1927 zu solch einem interessanten Fall für heutige künstlerische und kuratorische Praktiken hat werden lassen, findet sich heute durch seine kunsthistorische Kanonisierung zugespitzt: Während der urspru?ngliche Raum Mitte der 1930er Jahre im Zuge der kulturpolitischen Kampagnen des NS-Regimes im Provinzialmuseum Hannover zerstört, und erst 1968 rekonstruiert wurde, wird diese Rekonstruktion des „Kabinetts der Abstrakten” seit ihrem Umzug in das Sprengel Museum Hannover 1979 dort als Teil der Dauerausstellung präsentiert. Aus einem Raum für das Kunsterlebnis der Betrachterinnen und Betrachter ist durch die museale Eigenlogik ein (Gesamtkunst-)Werk entstanden, das heute auf Grundlage der Interpretation des historischen Dokumentationsmaterials konservatorischen Eingriffen unterworfen ist. Inwieweit ist der mit dem Raum verbundene Anspruch auf Teilhabe indessen mit seiner Musealisierung vereinbar? Müssen Aspekte des Raumes, die nicht in seiner Gestalt aufgehen, in den konservatorischen Erwägungen berücksichtigt werden? Und wie kann auf einen ursprünglichen Zustand geschlossen werden, wenn selbst die komplexe Gestalt des Raumes nur fragmentarisch (in Fotografien, Konstruktionsskizzen und Zeichnungen) überliefert ist? Wie kann seine ursprüngliche Bestimmung für die Betrachterinnen und Betrachter heute wieder erlebbar werden? Welche Methoden und Medien eignen sich zur Re-/Aktivierung des „Kabinetts der Abstrakten”?

Diese und weitere Aspekte des Projekts werden während des Fachtags am 2. Dezember in Kurzvorträgen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und direkt im Anschluss diskutiert.

Programm:

11.30
Einlass

12.00
Stefanie Sembill, Kuratorin, Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund:
Begrüßung und Einführung

12.15
Dr. Isabel Schulz, Sprengel Museum Hannover:
“Die Rekonstruktion von El Lissitzkys ‘Kabinett der Abstrakten’ auf dem Prüfstand: Geschichte, Museumspraxis, Pläne”

12.50
Prof. Dr. Kai-Uwe Hemken, Kunsthochschule Kassel:
“Der bioskopische Raum: Lissitzkys Kabinett für abstrakte Kunst”

13.25
Prof. Markus Miessen, Studio Miessen, Berlin und University of Southern California | Los Angeles, USA:
„Albtraum Partizipation"

14.00
Pause

15.00
Carolin Anda, Yvonne Bialek, Cornelia Durka, Alexander Karpisek, Natascha Pohlmann und Philipp Sack, Kuratorenteam „Demonstrationsraum", DFG-Graduiertenkolleg 'Das fotografische Dispositiv' an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig

15.30
Prof. Dr. Charlotte Klonk, Humboldt-Universität zu Berlin:
"Kollektive Erfahrung im Zeitalter des Digitalen"

16.05
Prof. Dr. Annette Tietenberg, Hochschule für Bildende Künste Braunschweig:
"From A to B and back again. Raum wird zum Bild, Bild zum Raum"

16.40
Steven Ten Thije, Van Abbemuseum, Eindhoven:
„The Politics of An Abstract Cabinet in a Provincial Museum"

17.10
Abschluss

Während des gesamten Fachtags besteht die Möglichkeit, die “Demonstrationsraum”-App auf Leihtablets zu nutzen.

Im Anschluss an den Fachtag laden wir herzlich ein zur Eröffnung der Ausstellung ab 19 Uhr mit Grußworten von Staatssekretär Michael Rüter (Bevollmächtigter des Landes Niedersachsen beim Bund), Generalsekretärin Lavinia Francke (Stiftung Niedersachsen), Dr. Reinhard Spieler (Direktor des Sprengel Museums Hannover) und Prof. Dr. Katharina Sykora (Sprecherin des Graduiertenkollegs „Das fotografische Dispositiv“). Den Festvortrag, „’Der erste Raum für abstrakte Kunst in deutschen Museen.’ (Kurt Schwitters)” Lissitzkys Raum für Hannover und seine frühen Raum- und Ausstellungskonzepte”, hält Prof. Dr. Ulrich Krempel (Autor und Direktor des Sprengel Museum Hannover a.D.).

„Demonstrationsraum“ wurde konzipiert von den Mitgliedern des DFG Graduiertenkollegs 1843 „Das fotografische Dispositiv“ an der HBK Braunschweig Carolin Anda, Yvonne Bialek, Cornelia Durka, Alexander Karpisek, Natascha Pohlmann und Philipp Sack als Kooperationsprojekt mit der Landesvertretung Niedersachsen, Stefanie Sembill, und dem Sprengel Museum Hannover, Dr. Isabel Schulz und Inka Schube. Das Projekt wird gefördert von der Landesvertretung Niedersachsen, dem DFG Graduiertenkolleg „Das fotografische Dispositiv“, der Stiftung Niedersachsen, der HBK Braunschweig, der NORD/LB und dem Förderkreis der HBK Braunschweig. Die technische Umsetzung erfolgt durch “Die Etagen GmbH”, die das Projekt großzügig unterstützt. Gestaltung: Friederike Kühne.

Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch. Für die Teilnahme am Fachtag bitten wir um Anmeldung bis zum 30.11.2015 mit dem Betreff “Fachtag 2.12.2015” per Email an veranstaltungenlandesvertretung-niedersachsen.de. Weitere Infos: http://demonstrationsraum.de

Invitation to the Conference: "Politics of Aura. El Lissitzky’s ‘Abstract Cabinet’ between Musealisation and Participation“

Conference on the project „Demonstrationsraum“ (Demonstration Room) at the Representation of Lower Saxony at the Federal Government in Berlin as part of its annual program "inspections // participation" in cooperation with the DFG Post-Graduate Program 1843 "The Photographic Dispositif" at the Braunschweig University of Art

Date: Wednesday, December 2, 2015, noon – 5.30 pm
followed by an evening lecture at 7 pm
Location: Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund, In den Ministergärten 10, 10117 Berlin

"Demonstrationsraum" is an exhibition on the "Abstract Cabinet" by El Lissitzky (1890-1941) conceived as an Augmented Reality app. The project is based on Lissitzky’s artistic and social vision of the combination of art and technology which is transferred into an interactive application consisting of historical and contemporary photographs. By employing this media technology, the complex history of the "Demonstrationsraum" is rendered visible with the help of its archival material. At the same time, the application opens a virtual space in which users can inscribe themselves into the historiography of this museum object by taking a selfie. The active participation of the viewer as an constitutive part of the museum presentation of the "Abstract Cabinet" is thereby reactivated. The project explores new methods of research, exhibition and knowledge production with the aim of a scientifically sound and at the same time low-threshold representation of the history and art historiography of this complex art object.

In June 2016, the app "Demonstrationsraum" will be available in the "Abstract Cabinet" at the Sprengel Museum Hannover. It will be presented in the Representation of Lower Saxony at the Federal Government in Berlin as part of the annual program "inspections // participation" from November 30 to December 13, 2015. In October 2016, the project will be presented in the gallery of the Braunschweig University of Art.

On December 2, 2015 the conference "Politics of Aura. El Lissitzky’s ‘Abstract Cabinet’ between Musealisation and Participation“ at the Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund, Berlin, will discuss the project and the issues it aims to address.

The tension between aura detachment and the auratic appearance of the means to achieve it that made Lissitzky’s installation such an interesting case for contemporary artistic and curatorial practices is accelerated by its art historical canonization. The primal space was destroyed in the 1930s under the pressure of the cultural political campaigns of the nazi regime and re-erected as late as in 1968. This reconstruction of the “Abstract Cabinet” was moved to the Sprengel Museum Hannover in 1979, where it has since been on view as part of the permanent collection. The museum’s logic transformed it into a Gesamtkunstwerk, in opposition to a space dedicated to the experience of the spectator. An object, that today is the subject of considerations of conservation on the basis of the interpretation of historical documents of the space.

To what extent is the “Abstract Cabinet’s” claim of participation compatible with its musealization? Do non-morphological aspects of the space have to be taken into account when it comes to its preservation? And how can an original state be postulated, when even the complex form of the installation is only fragmentarily conveyed in photographs, construction sketches and drawings? How can its initial mission be experienced now by contemporary visitors? Which methods and media could be employed to re-activate the “Abstract Cabinet”?

These and further aspects of the project will be reflected from different perspectives in the format of short lectures followed by a discussion during the conference on December 2.

Schedule:

11.30 a.m.
Admittance

12.00 p.m.
Stefanie Sembill, Curator, Lower Saxony State Chancellery:
Opening Remarks

12.15 p.m.
Dr. Isabel Schulz, Sprengel Museum Hannover:
”Die Rekonstruktion von El Lissitzkys „Kabinett der Abstrakten“ auf dem Prüfstand: Geschichte, Museumspraxis, Pläne”

12.50 p.m.
Prof. Dr. Kai-Uwe Hemken, Kunsthochschule Kassel:
“Der bioskopische Raum: Lissitzkys Kabinett für abstrakte Kunst”

1.25 p.m.
Prof. Markus Miessen, Studio Miessen, Berlin and University of Southern California | Los Angeles, USA:
„Albtraum Partizipation"

2.00 p.m.
Break

3.00 p.m.
Carolin Anda, Yvonne Bialek, Cornelia Durka, Alexander Karpisek, Natascha Pohlmann and Philipp Sack, Curatorial Team of „Demonstrationsraum", DFG Post-Graduate Program 1843 “The Photographic Dispositif” at the Braunschweig University of Art

3.30 p.m.
Prof. Dr. Charlotte Klonk, Humboldt-Universität zu Berlin:
"Kollektive Erfahrung im Zeitalter des Digitalen"

4.05 p.m.
Prof. Dr. Annette Tietenberg, Braunschweig University of Art:
"From A to B and back again. Raum wird zum Bild, Bild zum Raum"

4.40 p.m.
Steven Ten Thije, Van Abbemuseum, Eindhoven:
“The Politics of An Abstract Cabinet in a Provincial Museum”

5.10 p.m.
Conclusion

The “Demonstrationsraum” app will be available on tablet computers throughout the whole conference.

Following the conference, we invite you to the evening program starting with opening remarks by State Secretary Michael Rüter, General Secretary Lavinia Francke (Stiftung Niedersachsen), Dr. Reinhard Spieler (Director of the Sprengel Museum Hannover) and Prof. Dr. Katharina Sykora (Chair of the DFG Post-Graduate Program "The Photographic Dispositif“) followed by the lecture “‘Der erste Raum für abstrakte Kunst in deutschen Museen.’ (Kurt Schwitters) Lissitzkys Raum für Hannover und seine frühen Raum- und Ausstellungskonzepte” by Prof. Dr. Ulrich Krempel (author and former Director of the Sprengel Museum) Hannover at 7 p.m.

"Demonstrationsraum" is a project by Carolin Anda, Yvonne Bialek, Cornelia Durka, Alexander Karpisek, Natascha Pohlmann and Philipp Sack, members of the DFG Post-Graduate Program 1843 "The Photographic Dispositif" at the Braunschweig University of Art, in cooperation with the Representation of Lower Saxony at the Federal Government in Berlin, Stefanie Sembill, and the Sprengel Museum Hannover, Dr. Isabel Schulz and Inka Schube. The project is sponsored by the Representation of Lower Saxony at the Federal Government in Berlin, the DFG Post-Graduate Program "The Photographic Dispositif“, Stiftung Niedersachsen, the Braunschweig University of Art, NORD/LB and the Friends of the Braunschweig University of Art. Technical implementation and generous support by “Die Etagen GmbH". Design by Friederike Kühne.

The conference is held in German and English. To participate please register until November 30, 2015 at veranstaltungenlandesvertretung-niedersachsen.de with the subject “Fachtag 2.12.2015”. Further information: http://demonstrationsraum.de

Quellennachweis:
CONF: Aura-Politiken (Berlin, 2 Dec 2015). In: ArtHist.net, 11.11.2015. Letzter Zugriff 21.05.2024. <https://arthist.net/archive/11481>.

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