--for French see below--
Lüge und Manipulation. Die Unwahrheit im Spektrum der Geistes- und
Sozialwissenschaften
Die neunte Themenausgabe von Trajectoires hat sich das Ziel gesetzt, den
Status und die verschiedenen Bedeutungen der Lüge und der Manipulation
in den Geistes- und Sozialwissenschaften aus einer interdisziplinären
Perspektive zu beleuchten. Die Lüge wird dabei gleichermaßen als
theoretischer wie als empirischer Untersuchungsgegenstand betrachtet,
der auf unterschiedlichen Ebenen zu verorten ist: von der ideologischen
und institutionalisierten Lüge bis hin zu Alltagsphänomenen wie
Höflichkeitsfloskeln oder Werbung.
Die Lüge kann als wissentliche Weitergabe einer falschen Information
verstanden werden, die einen bewussten oder unbewussten Vorteil
verspricht. Dabei lässt sich die Lüge nicht auf die Falschaussage
beschränken – auch wenn dies ihre verbreitetste Form sein mag –, da sie
auch in einem Bild, einer Geste oder sogar in der Auslassung des
Sprechakts bestehen kann (Lüge durch Verschweigen). Unter der Annahme,
dass die Lüge eine soziale Funktion erfüllt, kann sie als Mittel oder
Strategie eines Manipulationsakts verstanden werden, der die eigene
Position im sozialen Raum festigen oder verbessern soll. Insofern die
Lüge ethischen Bewertungskriterien unterworfen ist, fügt sie sich in ein
Wertesystem oder einen pädagogischen Kollektivauftrag ein, der sie in
bestimmten Situationen zu billigen, wenn nicht gar zu erfordern scheint.
Die Allgegenwart sowie der Facettenreichtum der Lüge in Form (Aussage,
Bild, Film, Körpersprache, etc.) und Art (Erfindung, Fälschung, Plagiat,
Auslassung etc.) machen sie zu einem variablen Konzept, das alle
Disziplinen der Geistes- und Sozialwissenschaften durchzieht und auch
die Naturwissenschaften – insbesondere die Neurowissenschaften und die
Psychologie – beschäftigt.
Für die Philosophie ist die Auseinandersetzung mit der Lüge zentral und
so alt wie die Disziplin selbst. Platon bringt gegen die Immoralität der
Lüge, aber ebenso gegen die Sophistik etwa die unverbrüchliche
Verbindung von Philosophie und Wahrheit in Stellung. Die christliche
Philosophie, von Augustinus bis Thomas von Aquin, verwirft die Lüge als
Störung der göttlichen Ordnung und bezeichnet sie als Teufelswerk. Das
Urteil über die Lüge ist allerdings nicht immer so eindeutig gewesen. In
der Moralphilosophie – z. B. in der berühmten Kontroverse zwischen
Immanuel Kant und Benjamin Constant – wird die Legitimität der Lüge
zwischen dem kategorischen Verbot und der gelegentlichen Billigung
hinterfragt.
In dem Maße, in dem die Lüge (wie zumeist) in Form einer Sprachäußerung
auftritt, haben sich auch die Sprachwissenschaften ihrer angenommen.
Harald Weinrich hat eine Analyse der sprachlichen Beschaffenheit der
Lüge vorgelegt, die er auf verschiedenen Ebenen – etwa in den
stilistischen Mitteln der Bildlichkeit und der Ironie – beleuchtet
(Weinrich, 1966). In jüngerer Zeit haben sich die Forscher rund um den
linguistic turn mit der sprachlichen Verfasstheit des Wissens an sich
auseinandergesetzt. Ohne die wissenschaftliche Textproduktion als
grundsätzlich unwahr auszuweisen, haben sie angesichts der narrativen
und fiktionalen Verfahrensweisen des wissenschaftlichen Schreibens die
Objektivitätskriterien und den Wahrheitsanspruch jeglichen
Erkenntnisprozesses hinterfragt.
In der Literatur wird die Lüge einerseits als Erzählsubjekt
herangezogen, sei es in der Form von lügenden Protagonisten, sei es in
der Form unzuverlässiger oder manipulierender Erzähler. Andererseits ist
das semantische Feld der Lüge auch anschlussfähig für die
Konzeptualisierung literarischer Invention. Die in Aristoteles' Poetik
getroffene Unterscheidung zwischen dem Historiker als Chronisten des
Besonderen und dem Dichter als Verkünder allgemeiner Wahrheit wurde zum
Ausgangspunkt einer anhaltenden Debatte über die literarische "Wahrheit"
und das Verhältnis von Fiktionalität und Wirklichkeit. Diese ist
keineswegs nur den Expertenkreisen vorbehalten, sondern wird auch in den
literarischen Texten selbst ausgetragen, wie beispielsweise im Begriff
des "Wahr-Lügens" von Louis Aragon.
Auch wenn der Begriff der Lüge in der Kunst- und Architekturgeschichte
kaum explizit Verwendung findet, stellt er einen Extremfall des
Begriffsfeldes um die Illusion dar und wird im Gegensatz von
Authentischem und Falschem sichtbar. Wird der Begriff der Illusion
besonders gern in Bezug auf die Epoche des Barock verwendet, so
erscheint die Suche nach Authentizität in der Materialität, in der
Reproduktion des Werks oder in dem Verhältnis von Inhalt und Form ein
zentrales Anliegen der Moderne. Die postmoderne Architektur wiederum
greift ihrerseits auf Maskeraden und Widersprüche zurück. Aktuell werfen
Rekonstruktionen historischer Gebäude insofern die Frage der Echtheit
auf, als den Gebäuden ein "falsches" Alter eingeschrieben wird. Durch
alle Epochen hindurch haben sich Architekten und Künstler schließlich
Verfahren bedient, die die Sinneswahrnehmungen ihrer Betrachter
manipulieren, um wirtschaftlichen Interessen, gesellschaftlichen und
institutionellen Erwartungen oder politischen Zwängen zu genügen. Einen
Sonderfall, der die Frage der Manipulation und der Fälschung in der
Kunstgeschichte berührt, ist die Figur des Fälschers oder des unlauteren
Genies. Auf einer übergeordneten Ebene lädt diese Frage zu einem
grundsätzlichen Nachdenken über die institutionellen Bedingungen der –
teilweise fälschlichen – Zuschreibung von Kunstwerken ein.
Auch juristisch ist die Lüge schwer zu fassen. In Gesetzestexten gibt es
keine allgemeingültige Definition, aber in verschiedenen
Anwendungsbereichen des Rechts finden sich Begriffe, die sich auf die
Problematik von Wahrheit und Lüge beziehen, zum Beispiel in
Begrifflichkeiten wie 'Meineid' oder 'arglistige Täuschung'. Es besteht
jedoch keinesfalls eine klare Dichotomie, die die Lüge stets verurteilt
und ihr die Verpflichtung auf die Wahrheit gegenüberstellt. Die
moralische Einordnung ist umstritten, ließe sie sich doch nur
philosophisch, soziologisch oder rechtstheoretisch behandeln. Zugleich
ist die (bewusst oder unbewusst geäußerte) Unwahrheit eine alltägliche
Tatsache und muss daher rechtlich Beachtung finden. Hieraus begründet
sich die Relevanz einer Definition des Begriffs der Lüge bzw. des Lügens
in seinen soziologischen, historischen, theoretischen und anderen
Facetten.
Während die Geschichtswissenschaft als Suche nach Wahrheit verstanden
werden kann, kann sie sich gleichwohl nicht mit einer einzigen, festen
und unveränderlichen Wahrheit begnügen, da die Arbeit des Historikers in
einer ständigen Hinterfragung der Vergangenheit und etablierten Wissens
besteht, die durch neue Quellen und Interpretationsmodelle bedingt wird
(Jahan, 2007). Was die Lüge selbst, bzw. die Fälschung anbelangt, so
scheinen diese hingegen sehr wohl greifbar, wie es Henry Rousso gezeigt
hat. Mit dem Konzept des "Negationismus" (Rousso, 1987) klagt er jene
an, die durch die "schlichte Leugnung etablierter Fakten" die Arbeit der
Historiker zu verfälschen suchen (Rousso, nach Jouanneau, 2008: 118).
Angesichts dieser Gegenüberstellung einer ständig von neuem
hinterfragten Wahrheit und einer Praxis der bewussten Täuschung lässt
sich fragen, wie bestimmte Praktiken und Kontroversen verstanden werden
können: z.B Interpretation der Geschichte auf Grundlage stark
ideologisch geprägter Blickwinkels; die radikale Kritik an
historiographisch dominanten Positionen wie sie Ernst Nolte im
Historikerstreit vorbrachte; oder die Instrumentalisierung der
Geschichte für politische Ziele, insbesondere zur Konstruktion und
Glorifizierung nationaler Geltungsgeschichten, etc. Der Begriff der
"Lüge" gehört nicht nur in die Ethik des Historikers, die Lüge ist ihm
auch selbst ein Erkenntnisgegenstand. In der Renaissance und in der
Frühen Neuzeit hat sich um die Begriffe der simulatio (die Vortäuschung
dessen, was nicht ist) und dissimulatio (das Verbergen dessen, was ist)
z.B. eine regelrechte Wissenschaft der Täuschung und Camouflage
entwickelt. Jean Pierre Cavaillé und Jon Snyder haben gezeigt, welche
Bedeutung intellektuelle und politische Eliten der Kunst der Maskierung
in diesem Zusammenhang zumaßen (Snyder, 2009 und Cavaillé, 2002).
Freilich war die Lüge nie ein Privileg der Gebildeten und
Standespersonen, umso mehr, da die Grenzen zwischen Selbstentwurf und
Lüge in allen Schichten unscharf sind (Davis, 1983). Die lange
Geschichte des Betrugs ist zugleich – Valentin Groebner hat das gezeigt
– die Geschichte der Identifizierung und die Geschichte jener Techniken,
die die Obrigkeiten einsetzen, um die individuelle Identität der
Untertanen zu bestimmen (Groebner, 2004).
Die Lüge ist auch in der Politikwissenschaft ein wichtiger
Erkenntnisgegenstand. Wahrheit und Lüge spielen hier eine zentrale
Rolle, auch wenn diese Kategorien nur selten explizit benannt werden.
Die Wahrheit des eigenen Worts zu beanspruchen, ist Bestandteil nahezu
jeder politischen Rede, so dass dieser Anspruch zur bloßen rhetorischen
Geste verkommen kann – ganz nach Niccolò Machiavelli, der "Politik" und
"Moral" scharf voneinander trennte (Machiavelli, 1972). Sofern dies die
Frage nach der Legitimität einer solchen Instrumentalisierung aufwirft,
kann man sich der der Lüge auch auf der Ebene der politischen Theorie
annähern. Die Politikwissenschaft befasst sich bekanntlich mit der Frage
der Konstitution und der Erhaltung von Macht, wobei die Lüge eine
asymmetrische Informationslage erzeugt, die, wie Simmel gezeigt hat, zum
Herrschaftsinstrument und zum Mittel der Aneignung von Macht werden kann
(Simmel, 2008). Die Lüge ist also als ein Strukturmerkmal politischer
Beziehungen anzusehen, das der analytischen und systematischen
Untersuchung bedarf.
Das Themendossier widmet sich einer Untersuchung der Lüge in ihren
unterschiedlichen Kontexten und Erscheinungsformen. Verschiedene
Blickwinkel auf die Lüge kommen somit in Betracht, sind aber keineswegs
erschöpfend:
1) Die Illusion: Die erste Achse beschäftigt sich mit der durch die Lüge
aufgebauten Gegenwelt (Fiktion, Fassade, Montage, Attrappe), die als ein
konstruktives Prinzip der Kunst, der Literatur oder der Werbung, aber
auch der sozialen Beziehungen im Allgemeinen erscheint.
2) Die Instrumentalisierung: Die zweite Achse widmet sich der Lüge im
Dienste eines Glaubenssystems oder eines Systems vorgefasster Doktrinen
(Ideologie, Religion) sowie/ oder der Lüge in ihren handlungsleitenden
Funktionen (Werbung, Propaganda).
3) Die Simulation und die Dissimulation: Die dritte Achse erlaubt es,
die Grenzen zwischen dem Wahren und dem Falschen zu befragen und richtet
die Aufmerksamkeit auf instabile Kategorien (die Lüge durch Verschweigen
und die strategische Lüge, welche mehr gegen die Aufrichtigkeit als
gegen die Wahrheit verstoßen, oder die Unterscheidung zwischen dem
Wahren und dem Wahrscheinlichen).
Das Themendossier der neunten Ausgabe von Trajectoires setzt sich somit
das Ziel, einen interdisziplinären Beitrag zur Ergründung der Konzepte
von Lüge und Manipulation zu leisten. Wir begrüßen deswegen insbesondere
Beiträge, die eine Konzeptualisierung oder Definition dieser Begriffe
von Autoritätsfiguren auf der Grundlage von Fallbeispielen oder von
empirischen, theoretischen oder literarischen Quellen vornehmen. Wir
freuen uns zudem über vergleichende Untersuchungen aus dem deutsch- und
französischsprachigen Raum.
Trajectoires veröffentlicht Beiträge von Nachwuchswissenschaftlern
(Doktoranden, Post-Doktoranden und eventuell Master-Studenten) aus den
Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Artikelvorschläge in
französischer oder deutscher Sprache (nicht länger als 5000 Zeichen,
inkl. Leerzeichen) sollten die Fragestellung, die Methode, den
Quellenkorpus bzw. das Terrain, den deutsch-französischen Bezug und die
zentralen Argumente deutlich machen. Wir bitten um Zusendung der
Vorschläge und eines akademischen Lebenslaufs bis zum 30. März 2015 an
die Redaktion (trajectoiresciera.fr).
Die ausgewählten Beiträger/innen werden bis Mitte April benachrichtigt;
der Abgabetermin für die Artikel ist der 1. Juni 2015. Die Beiträge
werden anschließend in einem doppelten Peer-Review begutachtet. Weitere
Informationen für interessierte Autoren sind auf der Homepage von
Trajectoires verfügbar: http://trajectoires.revues.org/472.
Die Zeitschrift Trajectoires, travaux de jeunes chercheurs du CIERA wird
auf dem Portal Revues.org: http://trajectoires.revues.org
veröffentlicht.
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Mensonge et manipulation. Le faux au prisme des sciences humaines et
sociales
Ce neuvième numéro de Trajectoires se propose d'étudier, de manière
interdisciplinaire, la place, le statut et les implications des notions
de mensonge et de manipulation dans les sciences humaines et sociales.
Le mensonge sera considéré comme un objet théorique autant qu'empirique,
et cela à plusieurs échelles : du mensonge idéologique ou institutionnel
jusqu'aux phénomènes quotidiens, comme les formules de politesse ou la
publicité.
Le mensonge peut se définir comme la transmission d'une information
sciemment déformée à des fins conscientes ou inconscientes. Le mensonge
n'est pas réductible à un acte de langage – quoiqu'il en prenne souvent
la forme –, puisqu'il peut être véhiculé par une image ou par un geste,
voire résider dans la rétention d'une information (mensonge par
omission). En admettant que le mensonge revête une fonction sociale, on
peut l'appréhender comme un instrument ou une stratégie de manipulation
afin de conforter (ou améliorer) une position dans l'espace social.
Soumis à un jugement éthique, le mensonge semble enfin inscrit dans un
système de valeurs ou de pédagogie sociale, tout en étant admis, voire
exigé dans certains cas.
L'omniprésence du mensonge, ainsi que la variété des supports
(énonciation, image, film, langage corporel…) et les multiples formes
qu'il peut prendre (invention, falsification, plagiat, omission…) en
font une notion variable qui traverse toutes les disciplines des
sciences humaines et sociales, mobilisant également les savoirs
provenant des sciences naturelles (notamment des neurosciences et de la
psychologie).
En philosophie, la question du mensonge apparaît centrale, et ce dès
l'origine de la discipline. Contre l'immoralité du mensonge, mais
également contre la sophistique, Platon affirme le lien fondamental
entre philosophie et vérité. La pensée chrétienne, d'Augustin à Thomas
d'Aquin, dénonce dans le mensonge une perturbation de l'ordre divin et
un procédé diabolique. La condamnation du mensonge n'a cependant pas
toujours été aussi univoque. La philosophie morale a constamment
questionné la légitimité du mensonge, entre interdit absolu et
justification ponctuelle, comme l'illustre l'opposition célèbre entre
Emmanuel Kant et Benjamin Constant.
Le mensonge étant (le plus souvent) un phénomène de la langue, les
sciences linguistiques se sont, elles aussi, approprié la question.
Harald Weinrich a proposé une analyse sur la construction linguistique
du mensonge à plusieurs niveaux, incluant des réflexions sur les figures
de style comme l'image et l'ironie (Weinrich, 1966). Plus récemment, les
recherches autour du linguistic turn ont insisté sur la construction
linguistique du savoir. Sans aller jusqu'à qualifier l'écriture
scientifique de mensongère, ce tournant a questionné les critères
d'objectivité et de vérité en prenant en compte les procédés narratifs
et fictionnels qui transcendent toute production de connaissance.
Dans la littérature, le mensonge est d'une part mobilisé en tant que
sujet de la narration, à travers tantôt des protagonistes menteurs,
tantôt des narrateurs peu fiables ou manipulateurs. D'autre part, le
champ sémantique du mensonge est aussi investi pour conceptualiser
l'invention littéraire. La distinction, dans la Poétique d'Aristote,
entre l'historien en tant que chroniqueur du particulier et le poète en
tant que dépositaire des vérités générales, a initié un long débat
autour de la « vérité » littéraire et du rapport entre fictionnalité et
réalité. Loin d'être une querelle d'érudits, le statut fictionnel des
œuvres fait souvent l'objet d'une problématisation au sein de la
narration même, comme, à titre d'exemple, dans le « mentir-vrai » de
Louis Aragon.
Dans l'histoire de l'art et de l'architecture, même si le terme de
mensonge est rarement employé de manière explicite, il participe au
champ lexical qui s'organise autour de la notion d'illusion et s'inscrit
également dans l'opposition entre l'authentique et le faux. Si
l'illusion est un terme particulièrement cher à l'époque baroque, la
recherche de l'authenticité en ce qui concerne les matériaux, la
reproduction de l'œuvre ou la relation entre contenu et représentation
est une obsession de la modernité. L'architecture postmoderne, quant à
elle, exploite volontiers les mascarades et les contradictions. De nos
jours, les reconstructions de bâtiments historiques évoquent la question
de l'origine, en faisant « mentir » le bâti sur son âge. À travers les
époques, architectes et artistes se sont livrés à la manipulation de la
perception et des systèmes sensoriels, tout en étant eux-mêmes sensibles
aux intérêts commerciaux, aux attentes sociales ou institutionnelles,
aux contraintes politiques. Un cas particulier illustrant la
manipulation en art est la figure du faussaire, génie malhonnête. À un
autre niveau, la question du faux en art invite à réfléchir à l'ensemble
du réseau institutionnel qui participe à l'attribution – parfois
fallacieuse – des œuvres.
Juridiquement, le mensonge est également difficile à appréhender. Il
n'en existe pas de définition universelle dans les textes légaux, mais
l'application concrète du droit mobilise des notions en relation avec la
problématique du mensonge et de la vérité – par exemple dans les
concepts de parjure ou de dol. Dans tous les cas, une simple dichotomie
qui opposerait le mensonge, susceptible d'être sanctionné, à la vérité,
relevant d'une obligation, n'existe pas – du moins pas techniquement.
Moralement, la question est controversée, tant elle semble relever
plutôt de la philosophie, de la sociologie ou de la théorie du droit. En
même temps, la non-vérité (énoncée intentionnellement ou non) est un
fait quotidien et doit donc être prise en compte par le droit, d'où
l'intérêt de définir les notions de « mensonge » ou « mentir » dans le
domaine du droit avec toutes ses facettes sociologiques, historiques,
théoriques etc.
Si l'histoire semble pouvoir se définir comme une quête de vérité, elle
ne peut toutefois se contenter d'une seule vérité, figée et immuable, le
travail de l'historien étant une interrogation permanente du passé et
des connaissances, à l'aune de nouvelles sources ou de nouveaux modèles
d'interprétation (Jahan, 2007). Cependant, la notion de « mensonge », de
falsification, semble, elle, être bien présente, comme l'a montré Henry
Rousso. À travers son concept de « négationnisme » (Rousso, 1987), il
dénonce ceux qui, par une démarche de falsification du travail de
l'historien, visent la « négation pure et simple de faits bien établis »
(cf. Jouanneau, 2008 : 118). Toutefois, à partir de cette opposition
entre une vérité toujours en débats et une démarche volontaire de
tromperie, il convient de s'interroger sur la manière dont on peut
caractériser certaines pratiques et controverses : la lecture de
l'histoire à travers un prisme idéologique fort ; les critiques
radicales d'une position dominante dans l'historiographie, comme celle
d'Ernst Nolte lors de la querelle des historiens (Historikerstreit) ;
l'utilisation à des fins politiques de l'histoire, notamment lors de
l'élaboration et de la glorification d'un récit national, etc. De plus,
la notion de mensonge n'est pas seulement au cœur de la démarche éthique
de l'historien, elle a également été un objet d'étude en soi. À la
Renaissance et à l'époque moderne, c'est notamment autour des concepts
de simulatio (l'action de faire apparaître une chose qui n'est pas) et
de dissimulatio (l'action de cacher ce qui est) que s'est construite une
véritable science du faux-semblant et du camouflage. Jean-Pierre
Cavaillé et Jon Snyder ont ainsi montré l'importance que les élites
intellectuelles et politiques attribuaient à l'art du masquage (Snyder,
2009 et Cavaillé, 2002). Pourtant, le mensonge n'a jamais été la
prérogative des savants ou des notables, d'autant que les limites entre
le façonnement de soi et le mensonge s'avèrent instables dans toutes les
couches sociales (Davis, 1983). De fait, la longue histoire de
l'imposture – Valentin Groebner l'a montré – est aussi l'histoire de
l'identification et des techniques employées par les autorités pour
figer l'identité individuelle de leurs sujets (Groebner, 2004).
Ce même phénomène fait aussi l'objet d'études au sein des sciences
politiques, où vérité et mensonge jouent un rôle important, alors qu'il
est rare que ces deux catégories soient explicitement utilisées.
Affirmer qu'un discours est vrai est une caractéristique presque
universelle de la parole politique, quitte à en faire un geste purement
rhétorique – à l'instar de Nicolas Machiavel qui dissocie nettement «
politique » et « morale » (Machiavel, 1972). Si la question de la
légitimité d'une telle instrumentalisation peut se poser, le mensonge
peut aussi être abordé sous l'angle de la philosophie politique. Les
sciences politiques s'intéressant à la question de la constitution et du
maintien de l'autorité, le mensonge produit une asymétrie en termes
d'information qui constitue, comme Georg Simmel l'a montré, un
instrument de domination et un moyen d'asseoir le pouvoir (Simmel,
2008). Le mensonge peut ainsi être considéré comme un élément structurel
des rapports politiques auquel il convient de s'intéresser de manière
analytique et systématique.
Le dossier se propose d'étudier le mensonge dans ses différents
contextes et manifestations. Plusieurs angles d'analyse – non exclusifs
– du mensonge peuvent être envisagés :
1) L'illusion : Le premier axe porte sur la contre-vérité à laquelle le
mensonge fait croire (fiction, façade, trucage, postiche), et qui semble
devenir un principe constitutif de l'art et de la littérature, mais
aussi de la publicité et des rapports sociaux dans leur ensemble.
2) L'instrumentalisation : Dans un deuxième axe, il s'agit d'analyser le
mensonge au service d'un système de croyance ou de doctrines préétablies
(idéologie, religion), ou de considérer le mensonge comme porteur d'un
message ou d'un appel pragmatique (publicité, propagande).
3) La simulation et la dissimulation : Le troisième axe permet de
questionner les frontières entre le vrai et le faux, en accordant une
attention particulière aux catégories instables (mensonge par omission,
mensonge diplomatique, s'opposant plus à « sincérité » qu'à « vérité »,
ou encore la distinction entre le vrai et le vraisemblable).
Le dossier thématique du numéro 9 de la revue Trajectoires invite donc à
penser le mensonge dans une perspective interdisciplinaire. Les études
cherchant à proposer une définition ou conceptualisation du mensonge,
fondées sur des matériaux empiriques, théoriques ou littéraires sont
particulièrement bienvenues. Trajectoires s'attachant avant tout à
l'étude des mondes francophone et germanique, nous encourageons
également les auteurs à proposer des études comparatives.
Trajectoires souhaite susciter l'intérêt de jeunes chercheurs
(doctorants, post-doctorants, et éventuellement mastérants) en sciences
humaines et sociales. Les propositions d'article en langue française ou
allemande de 5.000 signes maximum (espaces compris) devront faire
apparaître clairement la problématique, la méthode, le corpus/ le
terrain, les éléments centraux de l'argumentation et la dimension
franco-allemande. Elles sont à envoyer, accompagnées d'un CV
scientifique, au plus tard le 30 mars 2015 au comité de rédaction :
trajectoiresciera.fr.
Les auteurs sélectionnés seront prévenus à la mi-avril et devront
envoyer leur texte avant le 1er juin
2015. Les articles seront ensuite soumis à une double peer review. Des
informations plus détaillées pour les auteurs sont disponibles sur le
site de la revue : http://trajectoires.revues.org/472.
La revue Trajectoires, travaux de jeunes chercheurs du CIERA est publiée
sur le portail revues.org :
Reference:
CFP: revue Trajectoires: Lüge und Manipulation/Mensonge et Manipulation. In: ArtHist.net, Feb 13, 2015 (accessed May 5, 2025), <https://arthist.net/archive/9482>.