Nahsicht, Fernsicht. Kunst und die Erfahrung der Natur in Italien vom 14. bis zum 16. Jahrhundert
Internationale und interdisziplinäre Tagung des Kunstgeschichtlichen Instituts der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
10.-12. Juli 2014
Veranstaltungsort: Goethe-Universität, Campus Westend, Casino, Raum 1.801 (Renate von Metzler-Saal), Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main
Konzept: Prof. Dr. Hans Aurenhammer, Dr. Kathrin Müller
Unterstützt von: Fritz Thyssen Stiftung, Köln; Benvenuto Cellini-Gesellschaft e.V., Frankfurt am Main
So vernehmbar wie sichtbar der Topos von der Naturnachahmung seit dem 14. Jahrhundert zum neuen Leitmotiv der Kunst in Italien wurde, so undeutlich bleibt häufig, was genau die Kunst von der Natur erfassen und dem Betrachter darbieten sollte. Da kunsttheoretische Schriften für die Darstellung von Tier, Pflanze und Landschaft wenig aussagekräftig sind, müssen das spezifische Interesse der Künstler wie der Betrachter an diesen Naturdingen aus den Bildwerken gefolgert werden. Die Kunstgeschichte hat insbesondere den Austausch mit der Wissenschaftsgeschichte, Philosophie und Theologie gesucht, um die künstlerische Naturwahrnehmung in ihrer Relation zu naturkundlichen Wissensbeständen sowie naturphilosophischen und spirituellen Erkenntnisprozessen genauer zu bestimmen. Die Tagung will eine neue Perspektive auf die Naturmimesis eröffnen, indem sie den Aspekt der körperlichen und seelischen Naturerfahrung in die transdisziplinäre Diskussion einbringt. Zu fragen ist, in welchem wechselseitigen Bezug das Naturerleben einerseits und die Darstellung sowie die Betrachtung von Natur in der italienischen Kunst des 14. bis 16. Jahrhunderts andererseits standen. Die Begriffe Nahsicht und Fernsicht erinnern zugleich an Alois Riegls klassischen Text "Die Stimmung als Inhalt der modernen Kunst" (1899). Riegls Lob der Fernsicht und des schweifenden Schauens sowie die Störung des Fernblicks durch das in der Nähe des Betrachtenden aufspringende, Tastsinn und Jagdtrieb wachrufende Tier machen deutlich, wie beide Blickformen auf unterschiedliche Rezeptionshaltungen zielen und verschiedene Naturerfahrungen implizieren.
Programm
Donnerstag, 10. Juli 2014
Abendvortrag
18:00 Gerhard Wolf (Florenz)
Nähe und Ferne oder die Kunst der Skalierung
19:30 Wein und Brezeln
Freitag, 11. Juli 2014
9:00 Hans Aurenhammer, Kathrin Müller
Begrüßung und Einführung
Moderation: Hans Aurenhammer (Frankfurt am Main)
9:30 Francesca Fabbri (Weimar)
Nahsicht und Moral im mittelalterlichen Genua. Die Miniaturen des Cocharelli-Manuskripts (1330-1340) und dreier Bestiarien vom Ende des 13. Jahrhunderts
10:20 Dieter Blume (Jena)
Die imaginierte Natur des Papstes. Die Chambre du Cerf in Avignon
11:10 Kaffeepause
11:40 Norberto Gramaccini (Bern)
Tierzeichnungen in Jacopo Bellinis Skizzenbüchern
12:30 Kathrin Müller (Frankfurt am Main)
Höfische Bildwelten des Tieres
13:20 Mittagspause
Moderation: Kathrin Müller (Frankfurt am Main)
15:00 Stephen J. Campbell (Baltimore)
Titian's Animals
15:50 Thomas Leinkauf (Münster)
Individuum und natura naturans. Überlegungen zum Begriff der (Selbst-)Expression in der Frühen Neuzeit
16:40 Kaffeepause
17:10 Claudia Steinhart-Hirsch (München)
Gli andamenti delle foglie. Valerio Mariani, Gerardo Cibo und die Beobachtung der Natur im späten 16. Jahrhundert
18:00 Tanja Michalsky (Berlin)
Das Bild der Natur in den Italienbeschreibungen des 15. und 16. Jahrhunderts
Samstag, 12. Juli 2014
Moderation: Bettina Marten (Frankfurt am Main)
9:30 Rebecca Müller (Frankfurt am Main)
Vor Giovanni Bellini. Landschaft und religiöses Sujet in der venezianischen Malerei 1440/50
10:20 Hans Aurenhammer (Frankfurt am Main)
Landschaften am Altar. Deutungsprobleme der Naturdarstellung in der italienischen Malerei des 15. Jahrhunderts
11:10 Kaffeepause
11:40 Gerd Blum (Münster)
Fernsicht mit Früchtekorb und Eichhörnchen. Fenestrae prospectivae und ein Codex Bessarions in Urbino
12:30 Mittagspause
Moderation: Helen Barr (Frankfurt am Main)
14:00 Simone M. Kaiser (Berlin)
Tiere im Garten. Schönes und Schreckliches von nah und fern
14:50 Fabian Jonietz (Florenz)
Supraurbane Naturerfahrungen
15:40 Kaffeepause
16:10 Frank Fehrenbach (Hamburg)
Ars potentior natura? Kräfte im Wettstreit
17:00 Schlussdiskussion
17:30 Ende der Tagung
Quellennachweis:
CONF: Nahsicht, Fernsicht (Frankfurt a. M., 10-12 Jul 14). In: ArtHist.net, 18.06.2014. Letzter Zugriff 17.07.2025. <https://arthist.net/archive/8039>.