Material Matters – Materialität und Material in der Werkdokumentation.
Material ist ein zentrales Moment künstlerischer Produktion und darum grundlegend für das
Verständnis von Kunstwerken und deren Verzeichnung in Catalogues Raisonnés. Materialität prägt Bedeutungen, macht kulturelle Kontexte sichtbar und strukturiert Werkprozesse. Dieses aktuelle und zunehmend relevante Thema greift die Tagung auf. Für die Erstellung von Werk- und Sammlungsverzeichnissen folgt daraus eine grundlegende Frage: Wie lässt sich Material so dokumentieren, dass die Vielschichtigkeit seiner Funktionen – technisch, symbolisch, prozessual – sichtbar bleibt.
Aktuelle Diskussionen zur Materialität betonen die Dynamik künstlerischer Werke: hybride und
instabile Stoffe, Alterungs- und Transformationsvorgänge, technologische Anpassungen, digitale Migrationen oder kollaborative Herstellungsweisen. Diese Bedingungen fordern ein Cataloguing heraus, das nicht nur beschreibt, sondern auch Veränderungen nachvollziehbar macht und unterschiedliche Wissensbestände integriert. Die dazu notwendigen Aushandlungs- und Entscheidungsprozesse betreffen Werkverzeichnisautor:innen, Sammlungs- und. Objektmanager:innen, Restaurator:innen, interdisziplinär arbeitende Projektteams und nicht zuletzt die Künstler:innen selbst.
material matters konzentriert sich daher in vier Panels auf Fragen, wie Werkverzeichnisse Materialität präzise und kritisch erfassen können. Im Zentrum steht die Suche nach Kriterien, Begriffen und Dokumentationsformen, die Material als wesentlichen Bestandteil des Werkverständnisses wahrnehmen – und damit eine zukunftsfähige, materialreflexive Praxis für die Werkdokumentation ermöglichen.
Panel 1 | MATERIALFRAGEN GEMEINSAM DENKEN. INTERDISZIPLINÄRE PRAXIS UND
FRAGEN DER AUTHENTIFIZIERUNG
Die Mehrdimensionalität von Materialfragen kann am besten aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven erfasst werden. Faktoren wie Eingriffe, Überarbeitungen, fortlaufende Werkprozesse, eröffnen verschiebende Bedeutungsebenen und bilden im Œuvrekatalog die Basis für das Werkverständnis und ein gemeinsames Feld von Verantwortung. Die Frage nach der Authentizität eines Werks berührt sowohl technische Kriterien als auch Produktions-, Rezeptions-, und Herkunftsgeschichte, materielle Bedingungen und institutionelle Kontexte. Werkverzeichnisse sollten diese Spannungen nicht glätten, sondern sichtbar machen. Entscheidend ist eine Praxis, die akkumuliertes Wissen innerhalb eines kollektiven Aushandlungsprozesses ordnet und bewertet.
Panel 2 | MATERIAL IM DIALOG. WERKVERSTÄNDNIS UND DOKUMENTATION VON KUNST
NACH 1960
Seit den 1960er-Jahren hat sich Material in der Kunst fundamental verändert: neue Stoffe, technische Medien, prozessuale und performative Praktiken haben das Werkverständnis erweitert. Diese Vielschichtigkeit und die damit verbundenen Fragen haben Materialität selbst zu einem zunehmend wichtigen Untersuchungsfeld gemacht. Dieses Panel fragt daher, welche Rolle ein vertieftes Materialverständnis für Werkverzeichnisse zeitgenössischer Kunst spielt und wie diese Vielfalt im Spannungsfeld von Veränderbarkeit, ephemerer Form, technischer Anpassung und digitaler Migration erfasst werden kann. Ein „material informed cataloguing“ setzt Leitfragen und Entscheidungsparameter voraus, die den Austausch zwischen Künstler:in, Archivar:in, Restaurator:in und Kurator:in gezielt strukturieren. Auf dieser Grundlage lässt sich Materialität nicht nur erfassen, sondern auch als konstitutiver Bestandteil des Werkverständnisses kritisch reflektieren.
Panel 3 | MATERIALFRAGEN IM NETZWERK. KOLLABORATIVE HERSTELLUNGSPROZESSE
UND IHRE BEDEUTUNG FÜR WERKVERZEICHNISSE
Im Zentrum steht die Frage, wie kollaborative Schaffens- und Herstellungsprozesse in
Werkverzeichnissen adäquat erfasst und bewertet werden können. Materialität, technische Abläufe und arbeitsteilige Strukturen erfordern eine Kooperation, in der Entwurf, Ausführung und spätere Reproduktionen ineinandergreifen. Dadurch müssen traditionelle Vorstellungen von Autorschaft überdacht werden. Gefordert sind daher nicht nur Materialkenntnisse, sondern auch Dokumentationsstrategien, die die Vielfalt der beteiligten Akteure und die Dynamik der Produktionsbedingungen nachvollziehbar machen – auch um Fragen der Authentizität auf transparente Weise klären zu können. Das Panel eröffnet einen methodischen Dialog darüber, wie solche Netzwerke sichtbar werden und wie Werkverzeichnisse gestaltet sein müssen, um der realen Genese von Objekten gerecht zu werden.
Panel 4 | MATERIALITÄT BESCHREIBEN. HERAUSFORDERUNGEN IN ZEITEN DER
DIGITALISIERUNG
Das Panel widmet sich der Frage, wie Materialität in analogen und digitalen Werkverzeichnissen sprachlich wie strukturell erfasst werden kann. Es untersucht die Spannweite materialbezogener Beschreibungen – von kunsttechnologischen Details über Techniknarrative, ikonographische Deutungen oder hybride Verfahren bis zu globalisierten Benennungslogiken und kulturell codierten Materialbegriffen. Zugleich rückt es die Bedeutung von Normdaten und standardisierten Vokabularen in den Blick, die Vergleichbarkeit und Recherchefähigkeit sichern. Das Zusammenspiel dieser Faktoren eröffnet Chancen wie Spannungsfelder: Wie lässt sich Material präzise, differenziert und kontextsensibel erfassen und in seiner Vielschichtigkeit angemessen beschreiben?
TAGUNGSPROGRAMM
Donnerstag, 5. März 2026, 16.30 – 18.00 Uhr
Begrüßung der Fühanreisenden durch Christiane Heiser, Arbeitskreis Werkverzeichnis,
und Rouven Lotz, Direktor Emil Schumacher Museum
im Anschluss Führung im Osthaus Museum durch Rainer Stamm, Direktor
Freitag, 6. März 2026, ab 08.30 Uhr
Empfang und Anmeldung
09.15 – 09.45 Uhr Willkommen
- Rouven Lotz, Emil Schumacher Museum
- Franz Dieter und Michaela Kaldewei Kulturstiftung
- Jana Diermann, Arbeitskreis Werkverzeichnis
09.45 – 10.00 Uhr Einführung in das Tagungsthema
Christiane Heiser, Kunsthistorikerin, Köln
10.00 – 10.30 Uhr KEYNOTE
Material - Vom Aufstieg einer technischen Information zur Werkkategorie
Monika Wagner, Kunsthistorikerin, Hamburg
10.45 – 11.15 Uhr
Kaffeepause
Vormittag | Panel 1
MATERIALFRAGEN GEMEINSAM DENKEN. INTERDISZIPLINÄRE PRAXIS UND FRAGEN DER AUTHENTIFIZIERUNG
(Moderation: Christiane Heiser)
11.15 – 11.40 Uhr Impulsvorträge
Gemeinschaftliches Forschen zu Fragen des Materials im Werk von Emil Schumacher
Rouven Lotz, Direktor, Emil Schumacher Museum, Hagen, und
Martina Kerkhoff, Restauratorin, Restaurierungsatelier Kerkhoff + Vogel, Bochum
Der Umgang mit Materialfragen bei der Erarbeitung von Werkverzeichnissen von Gemälden – Berichte aus der Praxis von SIK-ISEA
Karoline Beltinger, Leiterin Abt. Kunsttechnologie, und Denise Frey, wiss. Mitarbeiterin Abt. Kunstgeschichte, Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft Zürich-Lausanne-Lugano
11.40 – 12.40 Uhr Podiumsgespräch
- Rouven Lotz, Direktor, Emil Schumacher Museum Hagen
- Martina Kerkhoff, Restauratorin, Restaurierungsatelier Kerkhoff + Vogel, Bochum
- Denise Frey, Wiss. Mitarbeiterin Abt. Kunstgeschichte, SIK-ISEA Zürich-Lausanne-Lugano
- Karoline Beltinger, Leiterin Abt. Kunsttechnologie, SIK-ISEA Zürich-Lausanne-Lugano
- Renate Goldmann, Direktorin, VAN HAM Art Estate, Köln
- Börries Brakebusch, Restaurator, BRAKEBUSCH Restaurierungswerkstatt, Düsseldorf
- Jasmin Hartmann, Leiterin Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen
12.40 - 14.00
Mittagspause
Nachmittag | Panel 2
MATERIAL IM DIALOG. WERKVERSTÄNDNIS UND DOKUMENTATION VON KUNST NACH 1960
(Moderation: Friederike Hauffe)
14.00 – 14.25 Uhr Impulsvorträge
Aushandlungsprozesse zu Materialfragen zwischen Autorin und lebenden Künstler:innen am Beispiel verschiedener Werkverzeichnisse
Renate Petzinger, Kassel
Transformation der materiellen Überlieferung von Medienkunst. Dokumentation von installativer Video- und computerbasierter Kunst
Marlies Peller, Karlsruhe
14.25 – 15.25 Uhr Podiumsgespräch
- Renate Petzinger; Kunstwissenschaftlerin, Kassel
- Marlies Peller, Restauratorin für moderne Materialien und zeitgenössische Kunst, Zentrum für Kunst und Medien (ZKM), Karlsruhe
- Dr. Eva Meyer-Herrmann, freie Autorin und Kuratorin, Berlin
- Mischa Kuball, Konzeptkünstler, Düsseldorf
15.30 – 16.00 Uhr Kaffeepause
Nachmittag | Panel 3
MATERIALFRAGEN ZWISCHEN ENTWURF UND AUSFÜHRUNG. KOLLABORATIVE HERSTELLUNGSPROZESSE UND IHRE BEDEUTUNG FÜR WERKVERZEICHNISSE
(Moderation: Christiane Heiser und Annette Seeler)
16.00 – 16.25 Uhr Impulsvorträge
Das Werkverzeichnis der Möbel Henry van de Veldes – Möglichkeiten und Grenzen
Bea Maybach, Weimar
Modell und Abguss. Der Beitrag von Gießereien an Werken von Georg Kolbe und Aristide Maillol
Ursel Berger, Berlin
16.30 – 17.30 Podiumsgespräch
- Bea Maybach, Wiss. Mitarbeiterin Henry van de Velde-Werkverzeichnis, Klassik Stiftung Weimar
- Ursel Berger, Kunsthistorikerin, Berlin
- Rainer Stamm, Direktor, Osthaus Museum Hagen
- Rüdiger Weinelt, Gießer und Sammler, Kunstguss Eschenburg
- Judith Raum, Künstlerin und Kunsthistorikerin, Berlin
18.00 Uhr Vorstellung des Emil Schumacher Museums mit Kurzführung
19.30 Uhr Get-Together: L’Osteria, Friedrich-Ebert-Platz 3, 58095 Hagen
Samstag, 7. März 2026
ab 08.30 Uhr Empfang und Anmeldung
Vormittag | Panel 4
MATERIALITÄT BESCHREIBEN: HERAUSFORDERUNGEN IN ZEITEN DER DIGITALISIERUNG
(Moderation: Jana Diermann)
09.15 – 09.40 Uhr Impulsvorträge
Texte und Subtexte zu Material in Werkverzeichnissen - Herausforderungen an WVZ-Autor:innen in einer globalisierten, digitalen Welt
Friederike Hauffe, Berlin
Die Darstellung des Materials im digitalen Werkverzeichnis: Katalogisierungsstandards und Normdaten
Katjana Berndt und Susanne Haun, Berlin
09.40 – 10.30 Uhr Podiumsgespräch
- Friederike Hauffe, Hochschule der Künste Bern
- Katjana Berndt, Navigating.art, Berlin
- Susanne Haun, Künstlerin und Kunsthistorikerin, Berlin
- Monika Wagner, Kunsthistorikerin, Hamburg
10.30 Uhr Resümee zur Tagung, Renate Goldmann
10.45 – 11.15 Uhr
Kaffeepause
Vormittag II Mitgliederversammlung
11.15 – 13.15 Uhr
- Vorstellung des neugegründeten Vereins und des Vorstands
- Projekte und Ziele des Vereins/Vorstands
- Tagung 2027: Veranstaltungsort und Tagungsthema
- Sonstiges
13.15 – 14.30 Uhr Mittagspause
Nachmittag
15.00 – 16.30 Uhr Exkursionen
“Rupprecht Geiger. Farbe - Licht - Energie”: Führung durch die Ausstellung im Emil Schumacher Museum, Rouven Lotz
“Gesamtkunstwerk des Jugendstils”: Führung durch den Hohenhof in Hagen-Eppenhausen, Christiane Heiser
ca. 16.30 Uhr Tagungsende
Die Anmeldung erfolgt über die website des AK Werkverzeichnis: https://arbeitskreis-werkverzeichnis.de/form/kontakt-8-tagung
Die Tagung ist eine Kooperation des AK Werkverzeichnis mit dem Emil Schumacher Museum, Hagen. Der 2018 in Hamburg gegründete Arbeitskreis Werkverzeichnis ist ein Zusammenschluss von Werkverzeichnis:autorinnen, Verwalter:innen von Sammlungen und künstlerischen Nachlässen. Er bietet seinen Mitgliedern ein Forum für den interdisziplinären Austausch. Mit seiner Heftreihe stellt er auch Lösungsansätze für die Arbeitspraxis kostenfrei zur Verfügung.
Die Tagung und der Arbeitskreis werden gefördert durch die Franz Dieter und Michaela Kaldewei Kulturstiftung
Quellennachweis:
CONF: 8. Tagung Arbeitskreis Werkverzeichnis (Hagen, 5-7 Mar 26). In: ArtHist.net, 17.12.2025. Letzter Zugriff 18.12.2025. <https://arthist.net/archive/51361>.