[English version below]
Rathäuser in Europa – Decken- und Wandmalerei 1500-1800, 03.09.-05.09.2025, Nürnberg.
Eine Tagung des Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland (CbDD) von Ludwig-Maximilians-Universität München und Bayerischer Akademie der Wissenschaften in Kooperation mit der Stadt Nürnberg.
Rathäuser als Sitze der städtischen Obrigkeit sind wohlbekannt und wurden vielfach erforscht. Dennoch sind sie bislang nur selten aus einer vergleichenden gesamteuropäischen Perspektive betrachtet worden. Dabei ist längst anerkannt, dass sie zentrale Orte der städtischen Selbstdarstellung waren und dass sich die Stadtväter an den Bauten anderer Städte orientierten – so etwa der Augsburger oder Nürnberger Rat an Venedig. Die Tagung setzt hier an und schließt eine Lücke, indem sie sich einem bislang wenig beachteten Aspekt des Rathausbaus widmet: der Decken- und Wandmalerei. Diese spielte eine entscheidende Rolle in der repräsentativen Gestaltung frühneuzeitlicher Rathausräume.
Das Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland versteht Decken- und Wandmalerei als Medien bildlicher Repräsentation. Ihre komplexen ikonographischen Programme prägten die Innenarchitektur und waren integrale Bestandteile des jeweiligen Bild-Raum-Ensembles. Während die Forschung lange Zeit vor allem sakrale Räume und Ikonographien in den Blick nahm, zeichnet sich in den letzten zehn Jahren eine verstärkte Aufmerksamkeit für den profanen Bereich ab. Dabei stehen bislang vor allem Schlösser und Adelssitze im Zentrum der Untersuchungen, während Rathäuser und bürgerliche Bauten noch vergleichsweise wenig berücksichtigt wurden.
Die eigenständige Entwicklungsgeschichte der Decken- und Wandmalerei, ihre künstlerischen Gesetzmäßigkeiten und die oftmals hochkomplexe Ikonographie rechtfertigen eine eingehende Untersuchung. Diese Malereien waren ein zentrales Medium der Machtrepräsentation im Innenraum. Dabei darf Decken- und Wandmalerei im europäischen Kontext nicht ausschließlich als Fresko- oder Seccomalerei verstanden werden: Die Wahl von Ölmalerei, das Einlassen von Leinwandbildern in Stuck- und Holzdecken oder die Bemalung von Bohlen- und Bretterdecken war weit verbreitet.
Die funktionale Ausrichtung eines Raumes erhielt durch die Decken- und Wandmalerei eine inhaltliche Ergänzung, die ihn ikonographisch definierte. Glaubenssätze, ethische Postulate und Machtansprüche wurden so eindrucksvoll ins Bild gesetzt. Doch erst im Zusammenspiel mit anderen bildenden Künsten entfaltete die Ausstattung ihre volle Wirkkraft. Die Tagung nimmt daher nicht nur die ästhetischen Mechanismen dieser Bild-Raum-Ensembles in den Blick, sondern untersucht auch ihre kommunikativen Funktionen.
Gerade in öffentlichen Räumen wie Rathäusern, in denen unter den Augen der Stadtgemeinschaft politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Interessen verhandelt wurden, konstituierten Bild-Raum-Ensembles nicht nur soziale Räume – sie visualisierten und definierten sie zugleich. Die Tagungsbeiträge widmen sich der Frage, welchen Anteil die Decken- und Wandmalerei an diesen Prozessen hatte: Welche religiösen oder politischen Botschaften wurden vermittelt? Wie wurden Erfolge inszeniert, Konflikte thematisiert oder Lösungsvorschläge (allegorisch) visualisiert? Stand die glorreiche Vergangenheit oder eine verheißungsvolle Zukunft im Mittelpunkt? Diente die Bildsprache der Selbstvergewisserung oder der Konstruktion eines Ideals? Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die verschiedenen Medien im Sinne der Rhetorik darauf abzielten, die Betrachter zu überzeugen. Welche Interessen verfolgten also die Beauftragenden in Bezug auf die aktiv Handelnden und das passive Publikum?
Erstmals werden auf der Nürnberger Tagung Rathäuser aus ganz Europa vergleichend betrachtet. Dabei wird zwischen freien, weitgehend souveränen Städten wie Danzig oder Venedig und landsässigen Städten unterschieden, die einem Landesherrn unterstellt waren – was auf die Mehrzahl zutraf. Neben allgemeinen Allegorien wie Glaube und Gerechtigkeit wurde oft auch der Fleiß der Bürger als Basis des Gemeinwohls ins Bild gesetzt. Ebenso verbreitet waren Huldigungen an den Stadtherrn. Im Fokus steht die politische Botschaft der Deckenmalereien in Verbindung mit dem ikonographischen Programm des jeweiligen Raumes.
Forschende aus verschiedenen Ländern kommen vom 3. bis 5. September im historischen Nürnberger Rathaus im Schönen Saal zusammen, um ihre Erkenntnisse auszutauschen. Gäste sind herzlich willkommen! Aufgrund begrenzter Platzkapazitäten ist eine Anmeldung zwingend erforderlich.
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PROGRAMM
MITTWOCH, 03.09.2025
13:30 Uhr: Öffnung des Tagungsbüros
14:00 Uhr: Begrüßung durch die Veranstaltenden
Grußwort der Stadt Nürnberg, Bürgermeisterin Julia Lehner mit dem Geschäftsbereich Kultur
14:30 Uhr: Einführung in die Tagung
Stephan Hoppe (Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland (CbDD), Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), Matteo Burioni (CbDD, LMU), Heiko Laß (CbDD, LMU)
15:00 Uhr: SEKTION I
Moderation: Matteo Burioni (CbDD, LMU)
15:00 Uhr: A Royal Painter for the Seat of the Municipality: Antonio Palomino at the Old Madrid Town Hall (1692), Sara Fuentes Lázaro (Universidad a Distancia de Madrid)
15:30 Uhr: Diskussion
16:00 Uhr: Pause
16:30 Uhr: The 'quadratura' in the rooms of the palace of Accursio, Bologna, with related images,
Marinella Pigozzi (Alma Mater Studiorum – Università di Bologna)
17:30 Uhr: Lokale Räte in den Städten der Terra Ferma der Republik Venedig: die Sala del Parlamento in Udine,
Martina Frank (Università Ca' Foscari Venezia)
17:30 Uhr: Diskussion
18:30 Uhr: Besuch des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg mit einem
neunteiligen Deckengemälde von Isaak von dem Block aus dem Danziger Rathaus
20:00 Uhr: Möglichkeit zum gemeinsamen Abendessen im Restaurant Das Steichele
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DONNERSTAG, 04.09.2025
08:00 Uhr: Öffnung, Möglichkeit zum Besuch der hist. Lochgefängnisse im Rathaus
(Treffpunkt Ehrenhalle)
09:00 Uhr: SEKTION II
Moderation: Andrea Gottdang (Universität Augsburg)
09:00 Uhr: Bilder des Gemeinwesens. Überlegungen zu einer Typologie des Rathausschmuckes in der Frühen Neuzeit,
Matteo Burioni (CbDD, LMU)
09:30 Uhr: Bildprogramme in Rathäusern souveräner Städte,
Heiko Laß (CbDD, LMU)
10:00 Uhr: Diskussion
10:30 Uhr: Pause
11:00 Uhr: Das Nürnberger Rathaus und seine beiden Hauptbauphasen in der Frühen Neuzeit,
Stephan Hoppe (CbDD, LMU)
11:30 Uhr: Besuch des Historischen Rathaussaals im Nürnberger Rathaus
12:00 Uhr: Diskussion
12:30 Uhr: Mittagspause
14:00 Uhr: SEKTION III
Moderation: Stephan Hoppe (CbDD, LMU)
14:00 Uhr: Bürgermeisterliches Selbstverständnis in den Reichsstädten Augsburg und Kempten in der Mitte des 18. Jahrhunderts,
Angelika Dreyer (CbDD, LMU)
14:30 Uhr: Götterhimmel und Hellebarden: Die malerische Ausstattung von Rathäusern in der Schweiz vom 16. bis 18. Jahrhundert,
Matthias Oberli (Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft – SIK-ISEA, Zürich)
15:00 Uhr: Diskussion
15:30 Uhr: Pause
16:00 Uhr: Early Modern Town Halls in Poland-Lithuania,
Barbara Arciszewska (Instytut Historii Sztuki Uniwersytetu Warszawskiego)
16:30 Uhr: Deckenmalerei in holländischen Rathäusern und Regierungsgebäuden (1650-1700),
Konrad Ottenheym (Universiteit Utrecht)
17:00 Uhr: Le décor de plafonds de l'hôtel de ville de Lyon : formes et fonctions,
Olivier Bonfait (Université de Bourgogne-Europe, LIR3S, Institut Universitaire de France)
17:30 Uhr: Diskussion
19:00 Uhr: Möglichkeit zum gemeinsamen Abendessen im Heilig Geist Spital
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FREITAG, 05.09.2025
08:30 Uhr: Öffnung
09:00 Uhr: SEKTION IV
Moderation: Thomas Eser (Museen der Stadt Nürnberg, Stadt Nürnberg)
09:00 Uhr: „Sub Umbra Alarum“. Das Wiener Rathaus und das Haus Habsburg,
Herbert Karner (Österreichische Akademie der Wissenschaften Wien)
09:30 Uhr: „angenehm blühende Aufklährung“. Die Wandmalereien im Alten Rathaus von Brünn,
Michaela Šeferisová Loudová (Masarykova univerzita Brno)
10:00 Uhr: Diskussion
10:30 Uhr: Pause
11:00 Uhr: Der Ratssaal im Rathaus Ödenburg/Sopron (1615) und Pressburg/Bratislava (1695),
Szabolcs Serfözö (Nemzeti Múzeum Budapest)
11:30 Uhr: Die Glorifizierung eines Beamten. Das Deckenbild des Rathauses in Ödenburg/Sopron,
János Jernyei-Kiss (Pázmány Péter Katolikus Egyetem, Budapest)
12:00 Uhr: Diskussion
12:30 Uhr: Mittagspause
13:15 Uhr: SEKTION V
13:15 Uhr: Die originalen und translozierten Deckenmalereien im Fembo-Haus
Jana Stolzenberger (Stadtmuseum im Fembo-Haus, Stadt Nürnberg), Daniela Gäbisch (Stadtmuseum im Fembo-Haus, Stadt Nürnberg)
14:30 Uhr: Ende der Tagung
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Veranstaltungsort:
Die Tagung findet im "Schönen Saal" des Rathauses Nürnberg statt.
Rathaus Wolffschen Bau, Zimmer 208, II. Stock
Rathausplatz 2, 90403 Nürnberg.
Anmeldung und Hinweise:
Die Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch.
Anmeldung bitte bis 01.08.2025 bei:
Dr. Heiko Laß
Institut für Kunstgeschichte
Ludwig-Maximilians-Universität München
Zentnerstr. 31
D-80798 München
E-mail: heiko.lasskunstgeschichte.uni-muenchen.de
Sie erhalten eine Bestätigung.
Sollten vor Ort keine Plätze mehr zur Verfügung stehen, können Sie die Tagung online per Zoom verfolgen.
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Town Halls in Europe – Ceiling and Wall Paintings 1500-1800, Sep. 03.-05., 2025, Nuremberg.
A conference of the Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland (CbDD) of Ludwig-Maximilians-Universität München and Bayerische Akademie der Wissenschaften in cooperation with the City of Nuremberg.
Town halls as seats of urban authority are well-known and have been extensively researched. However, they have rarely been examined from a comparative, pan-European perspective. It is now widely accepted that they were central locations for urban self-representation, and that town fathers were inspired by the buildings of other cities – for example, the councils of Augsburg or Nuremberg by Venice. The conference addresses this gap by focusing on a previously neglected aspect of town hall architecture: ceiling and wall paintings. These played a decisive role in the representative design of spaces in early modern town halls.
The Corpus of Baroque Ceiling Painting in Germany considers ceiling and wall paintings as media of visual representation. Their complex iconographic programs shaped architectural interiors and were integral components of the respective image-space ensembles. While for a long time research mainly focused on sacred spaces and iconographies, the last decade has seen growing attention to the secular sphere. Thus far, the focus has primarily been on castles and noble residences, while town halls and patrician buildings have been comparatively little researched.
The independent history of the development of ceiling and wall paintings, their artistic principles, and their often highly complex iconography justify an in-depth study. These paintings were a central medium for the representation of power in interiors. In the European context, ceiling and wall paintings should not only be understood as fresco or secco paintings: the use of oil painting, the integration of works on canvas into stucco and wooden ceilings, or paintings on beamed or planked ceilings were widespread.
The functional orientation of a room was given a thematic complement through ceiling and wall paintings that iconographically defined it. Beliefs, ethical postulates, and claims to power were impressively visualized. However, it was only in combination with other visual arts that these decorative programs developed their full impact. The conference therefore examines not only the aesthetic mechanisms of these image-space ensembles, but also their communicative functions.
Particularly in public spaces such as town halls, where political, economic, and social interests were negotiated under the watchful eyes of the city community, image-space ensembles not only constituted social spaces – they also visualized and defined them. The contributions to the conference will explore the role that ceiling and wall paintings played in these processes: What religious or political messages were conveyed? How were achievements presented, conflicts addressed, or solutions (allegorically) visualized? Was the focus on the glorious past or a promising future? Did the imagery serve self-assurance or the construction of an ideal? It can be assumed that the various media aimed, in terms of rhetoric, to persuade the viewers. Which interests, therefore, did patrons pursue regarding active agents and the passive audience?
For the first time, town halls from all over Europe will be compared at the Nuremberg conference. A distinction will be made between free, largely sovereign cities such as Gdansk or Venice, and regional cities that were subject to a territorial ruler – which applied to the majority. In addition to general allegories like faith and justice, the diligence of citizens as the foundation of the common good was often depicted. Also widespread were tributes to the city ruler. The focus will be on the political messages of ceiling paintings in connection with the iconographic programs of the respective spaces.
Researchers from various countries will gather from September 3-5 in the historic Nuremberg Town Hall in the Schönen Saal (“Beautiful Hall”) to exchange their findings. Guests are warmly welcome! Due to limited seating, prior registration is required.
Venue:
The conference will be held in the "Schöne Saal" (Beautiful Hall) of the Nuremberg Town Hall.
Rathaus Wolffschen Bau, Room 208, 2nd Floor
Rathausplatz 2, 90403 Nuremberg
Registration and Information:
The conference languages are German and English.
Please register by August 1, 2025, at:
Dr. Heiko Laß
Institut für Kunstgeschichte
Ludwig-Maximilians-Universität München
Zentnerstr. 31
D-80798 Munich
Email: heiko.lasskunstgeschichte.uni-muenchen.de
You will receive a confirmation.
If no more seats are available on-site, you can attend the conference online via Zoom.
Reference:
CONF: Rathäuser in Europa: Decken- und Wandmalerei 1500-1800 (Nürnberg, 3-5 Sep 25). In: ArtHist.net, Jul 3, 2025 (accessed Jul 4, 2025), <https://arthist.net/archive/49630>.