CFP 14.11.2024

CLOSURE: Journal für Comicforschung #12 »Queer Comics«

Eingabeschluss : 15.01.2025

Susanne Schwertfeger

// english version below //

CLOSURE: Journal für Comicforschung #12 (November 2025): »Queer Comics«.

Offener Themenbereich:
CLOSURE wird in seiner zwölften Ausgabe erneut allen Facetten der Comicforschung ein Forum bieten. Von Kultur-, Bild- und Medienwissenschaften bis zu Sozial- oder Naturwissenschaften und darüber hinaus: CLOSURE setzt auf Aufsätze und fachwissenschaftliche Rezensionen, die den ›state of the comic‹ verhandeln. Ob Detailanalyse, Comic-Theorie oder innovative Neuansätze – für den offenen Themenbereich begrüßen wir möglichst vielseitige Beiträge aus dem interdisziplinären Forschungsfeld ›Comic‹.

Schwerpunkt: »Queer Comics«
Die Bildsprache des Comics bietet einzigartige Möglichkeiten, Geschlecht und Sexualität visuell darzustellen. Farben, Formen und Stile können eingesetzt werden, um genderfluide oder non-binäre Figuren und ihr Erleben zu repräsentieren. Medienspezifische Leerstellen verweigern sich einer fixierten und normierten Determinierung. Bereits auf formaler Ebene können Comic-Künstler_innen die Sequenzierung von Panels, Zeichen und Erzählsträngen experimentell umstellen, um non-lineare Erzählstrukturen zu schaffen und so diverse Identitäten in queeren Erzählungen widerzuspiegeln.

Während wir beim Lesen von Comics die Lücken zwischen den Panels schließen, bleiben diese entscheidend sichtbar und präsent – eine Verweigerung der Kontinuität, die queere Comics aufgegriffen haben, um »queere Zeitlichkeiten« (Halberstam) außerhalb normativer Zeitvorstellungen zu suggerieren.

Comics fordern von Leser_innen, aktiv an der Interpretation teilzunehmen, da sie nicht nur die Handlung verfolgen, sondern auch die visuellen Informationen interpretieren müssen. Diese Interaktivität ermöglicht es queeren Geschichten, subversiver zu sein, indem sie visuelle Andeutungen oder symbolische Darstellungen nutzen, die nur durch aktive Auseinandersetzung mit dem Comic erfasst werden. »Die Phänomenologie ist schließlich voller queerer Momente, Momente der Desorientierung« (Ahmed). Ausgehend von dieser Einsicht stellt sich die Frage: Wie stört und verändert die Medienphänomenologie der Comics unsere Wahrnehmung und Interpretation von Identitäten und Beziehungen?

Während zuerst vor allem die Gay Community seit den 1950ern in Publikationen von unabhängigen Verlagen oder im Selbstverlag thematisiert wurde, erweiterte sich die Szene durch u. a. die Stonewall riots von 1969 (Hall 2012). Queere Themen fanden ihren Ausdruck in Underground Comix. Eine Szene mit alternativen Lebensentwürfen schuf sich einen Raum, in dem Geschlechterrollen und Sexualität befragt wurden. Künstler_innen wie Howard Cruse (1944-2019), Herausgeber der Anthologie Gay Comix, brachten explizit queere Geschichten in den Fokus und schufen Raum für LGBTQ+-Narrative, die in Mainstream-Comics noch ein Tabu waren.

Seit den 2000er Jahren haben Webcomics und unabhängige Verlage viel dazu beigetragen, eine noch breitere Vielfalt an queeren Identitäten, Geschlechterrollen und Geschichten in die Comic-Welt zu bringen. In diesen Geschichten geht es nicht nur darum, queere Figuren zu zeigen, sondern sie auch als vollwertige Charaktere zu etablieren, die im Mittelpunkt stehen und deren Identität nicht nur ein Nebenmerkmal ist. Sichtbar sind Erzählungen über die queere Erfahrung früh im Bereich der Graphic Medicine, sowohl in aktivistischer und autobiografischer Form als auch zur gezielten gesundheitlichen Aufklärung (etwa Marbles von Ellen Forney 2012, Taking Turns von MK Czerwieck 2014 oder Pregnant Butch von A.K. Summers 2014).

Im Mainstream wurden queere Figuren seit Ende des 20. Jahrhunderts zunehmend sichtbar, oft allerdings nur als Nebenfiguren oder in metaphorischen Kontexten. Aber auch dieser Umgang verändert sich. Ein Beispiel hierfür sind die Young Avengers, deren Charaktere Wiccan, Hulkling und America Chavez seit ihrem Einzug in das Universum 2005 zu den ersten prominenten LGBTQ+-Figuren bei Marvel gehören.

Diese Comics fordern sowohl gesellschaftliche Normen als auch Comic-Konventionen heraus, indem Queerness und Erzählungen ins Bild setzen. Ein Verständnis ihrer Wirkung erfordert die Untersuchung der Werke und der sie umgebenden Gemeinschaften. CLOSURE #12 lädt zur Einsendung von Beiträgen ein, die queere Repräsentation in verschiedenen Comic-Kulturen erforschen und dabei Schnittpunkte mit queeren Figuren, Formen und Narrativen untersuchen.

Mögliche Themen sind unter anderem:
- Coming-out-Erfahrungen/Selbstfindung
- Kämpfe gegen Diskriminierung und Zensur/Aktivismus
- Comics über trans-, nicht-binäre oder gender-nonconforming Identitäten
- Leben in (nicht-)queeren Gemeinschaften
- Queere Lesart non-queerer Comics
- Queere Zeit- und Raumwahrnehmungen durch fragmentierte oder zirkuläre Formen?
- queer time: Darstellung alternativer, nicht cis-heteronormativer Lebensentwürfe
- Darstellung von Queerness in Comics für unterschiedliche Zielgruppen, etwa für Kinder, junge Leser_innen, young adults oder Erwachsene
- Intersektionale queere Comics, etwa über queer crip, queer Black Identitäten
- Queere self-help comics (wie etwa »Breathe: Journeys to Healthy Binding« Maya Kobabe, Sarah Peitzmeier, 2024)
- Queere Comics im Schulunterricht/an der Hochschule
- Queere Superheld_innen
- Pädagogische oder aufklärende Comics über Queerness, zum Beispiel Queer: A Graphic History (Meg-John Barker, Jules Scheele 2016)
- Queere und Trans Narratologie im Comic
- Queere Ästhetiken und Formen

Bitte senden Sie Ihr Abstract zum offenen Themenbereich oder zum Schwerpunkt »Queer Comics« (max. 3000 Zeichen inkl. Leerzeichen) sowie eine kurze bio-bibliographische Angabe bis zum 15. Januar 2025 an: closureemail.uni-kiel.de. Die fertigen Beiträge (35.000-50.000 Zeichen inkl. Leerzeichen) werden bis zum 01. Juni 2025 erwartet. Weitere Informationen zu CLOSURE sowie die bisherigen Ausgaben finden Sie unter: www.closure.uni-kiel.de.

Diese Ausgabe wird unterstützt mit Mitteln des Diversitätsfonds der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

// english version //

CLOSURE: Journal of Comics Studies #12 (November 2025): »Queer Comics«.

Open Call for Submissions:
The e-journal CLOSURE will once again provide a platform for all facets of comic studies in its twelfth issue, to be published in Fall 2025. From cultural, visual, and media studies to social and natural sciences, and beyond, CLOSURE invites essays and academic reviews that engage with the »state of the comic«. Whether in-depth analysis, comic theory, or innovative new approaches—for the open topic section, we welcome diverse contributions from the interdisciplinary field of comics research.

Thematic Section: »Queer Comics«
The visual language of comics provides distinctive opportunities for representing gender and sexuality. Through strategic use of colors, shapes, and artistic styles, creators can depict genderfluid, non-binary, and diverse queer characters and experiences with nuance. The medium’s inherent gaps between panels and juxtaposition of images resist fixed interpretations, allowing for fluid and non-standardized representations of identity.

Comic artists can experiment with formal sequencing to create non-linear narratives, mirroring the complexity of queer identities. These structural innovations allow comics to embody diverse LGBTQ+ experiences in both form and content. While we close the gaps between panels in comics reading, crucially they remain visible and present—a refusal of continuity that queer comics have recuperated to suggest »queer temporalities« (Halberstam) outside normative times.

Comics require readers to actively interpret both plot and visual information. This interactivity allows queer stories to challenge or subvert normative framings, using visual hints and symbols that reveal deeper meanings through engaged reading. Such techniques enable nuanced representation of queer experiences. If we take our cue from Sara Ahmed's insight that »Phenomenology, after all, is full of queer moments, moments of disorientation,« how does the media phenomenology of comics disorient, disturb, derange how others are seen and read?

Since the 1950s, the Gay Community was primarily represented in independent and self-published works. The Stonewall riots of 1969 (Hall 2012) catalyzed expansion of queer themes in underground and alternative comics. This scene fostered spaces to challenge conventional gender roles and sexuality. Pioneering artists like Howard Cruse (1944-2019), editor of Gay Comix, brought explicit queer stories to the forefront, creating room for LGBTQ+ narratives still considered taboo in mainstream comics.

Narratives about the queer experience are visibly present early on in the field of graphic medicine, both in activist and autobiographical form, as well as for targeted health education (such as Marbles by Ellen Forney 2012, Taking Turns by MK Czerwieck 2014, or Pregnant Butch by A.K. Summers 2014).

Since the 2000s, webcomics and independent publishers have significantly expanded the diversity of queer identities, gender roles, and narratives in comics. Simultaneously, mainstream comics are progressing towards greater inclusivity, albeit at a slower pace. However, this approach is also evolving, as seen with the Young Avengers, whose characters Wiccan, Hulkling, and America Chavez, since their introduction to the universe in 2005, have become some of Marvel's first prominent LGBTQ+ figures. This evolution reflects ongoing negotiations of queer visibility and acceptance, tracing how representation transforms as it shifts from the freedom of the margins to the constraints and opportunities of the popular cultural center.

These comics challenged both societal norms and comic conventions by bringing queer narratives to the panel and beyond. Understanding their impact requires studying the works and the communities in which they are created and read. This issue of CLOSURE welcomes contributions exploring queer representation across diverse comics cultures, examining intersections with queer characters, forms, and narratives.

Potential topics include:
- Coming-out experiences/Self-discovery
- Struggles against discrimination and censorship/Activism
- Comics about trans, non-binary, or gender-nonconforming identities
- Life in (non-)queer communities
- Queer readings of non-queer comics
- Queer perceptions of time and space through fragmented or circular forms
- Queer time: Depictions of alternative, non-cisheteronormative life designs
- Depictions of queerness in comics for different audiences, such as children, young readers, young adults, or adults
- Intersectional queer comics, such as queer crip or queer Black identities
- Queer self-help comics (e.g., Breathe: Journeys to Healthy Binding by Maya Kobabe, Sarah Peitzmeier, 2024)
- Queer comics in schools/universities
- Queer superheroes
- Educational comics about queerness, such as Queer: A Graphic History (Meg-John Barker, Jules Scheele 2016)
- Queer and trans narratology in comics
- Queer aesthetics and forms

Please, send your abstract to the open section or to the focus »Queer Comics« (approx. 3000 characters), as well as a short bio, for consideration for our twelfth issue of CLOSURE to closureemail.uni-kiel.de by January 15, 2025. The contributions (35,000-50,000 characters) are expected by June 1st, 2025. For more information about CLOSURE and our previous issues, please visit www.closure.uni-kiel.de.

This publication is supported by funds from the Diversity Fund of the University of Kiel.

Quellennachweis:
CFP: CLOSURE: Journal für Comicforschung #12 »Queer Comics«. In: ArtHist.net, 14.11.2024. Letzter Zugriff 21.11.2024. <https://arthist.net/archive/43143>.

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