CONF 16.06.2024

Fürstabteien als weltliche Residenzen (Fulda, 27-29 Sep 24)

Fulda, 27.–29.09.2024
Anmeldeschluss: 01.09.2024

Marina Beck

Herrschaft der Frauen – Herrschaft der Männer. Fürstabteien als weltliche Residenzen.

Der Rudolstädter Arbeitskreis zur Residenzkultur veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Fulda vom 27. bis 29. September 2024 in Fulda die Tagung „Herrschaft der Frauen – Herrschaft der Männer. Fürstabteien als weltliche Residenzen“. Die Tagung richtet sich an alle Disziplinen, die mit Residenzkultur und Residenzforschung zu tun haben, so an die Geschichte, Kunstgeschichte und Museologie sowie alle Interessierten.

Fürstabteien im Altem Reich
Thema der Tagung sind jene Fürstabteien, reichsunmittelbaren Abteien und Propsteien, deren Äbte oder Äbtissinnen bzw. Pröpste im Alten Reich in der Frühen Neuzeit den Fürstenrang innehatten. Drei Aspekte werden vertiefend betrachtet:

1. Fürstabtei und weltliche Herrschaft
Erstmals wird dezidiert die weltliche Herrschaft der geistlichen Fürstinnen und Fürsten von Abteien und Propsteien ins Zentrum gerückt. Im Fokus stehen die weltliche Herrschaft und deren Organisation sowie die Selbstdarstellung von mindermächtigen Fürstentümern sowie Fürsten bzw. Fürstinnen im Alten Reich und nicht eine vermeintliche Verweltlichung von Abteien. Unter dem Gesichtspunkt der weltlichen Herrschaft der Fürstentümer sollen die geistlichen Würden und Aufgaben daher nur am Rande interessieren. Zentral sind die weltlichen Pflichten einer Fürstin oder eines Fürsten und ihr fürstliches Selbstverständnis. Dabei ist nicht von Interesse, wie groß die weltliche Macht der Fürsten und Fürstinnen wirklich war, sondern, wie sie tatsächlich Einfluss nehmen konnten. Von Bedeutung ist jedoch die Selbstdarstellung der Fürstinnen und Fürsten mittels Bauten und Gärten, Festen und Zeremonien, die dem Fürstenrang zu genügen hatten – etwa bei der Einrichtung eines Appartements, das ein standesgemäßes Gesandtenzeremoniell ermöglichte. Im Zentrum der Selbstdarstellung stand hierbei die Inszenierung des Fürstenrangs, den man als Fürstabt oder Fürstäbtissin innehatte. Dieser Status musste mit allen Rechten und Würden visualisiert werden.

2. Legitime Herrschaft von Männern und Frauen
Die Fürstabteien des Alten Reiches bieten die einmalige Möglichkeit, die legitime Herrschaft von Frauen und Männern auf derselben sozialen und politischen Ebene vergleichend zu untersuchen. Es handelte sich um Fürstentümer, in denen die Landesherren bzw. Landesfrauen gewählt wurden und das Geschlecht des Landesoberhaupts damit klar vorgegeben war. Weibliche Herrschaft stellte somit in vielen Fürstabteien nicht die Ausnahme, sondern den Regelfall dar. Im Sinne von Kantorowicz ist der politische Körper der Herrscherin oder des Herrschers ein geschlechtsloser. Entsprechend argumentiert auch Johann Joseph von Khevenhüller-Metsch 1743, wenn er konstatiert, dass „sich zwischen den männ- oder weiblichen Geschlecht nicht wohl ein Unterschied machen [ließ], da die Majesttät und Ober-Herrschafft bei beiden in gleicher Gestalt und Wesenheit hafften.“

3. Museale Vermittlung von Herrschaft in Fürstabteien
Nicht zuletzt wird der Blick auf Vermittlung der weltlichen Herrschaft von Äbtissinnen, Äbten und Pröpsten im musealen Bereich gerichtet. Beantwortet wird die Frage, wie es gelingt, den Spagat zwischen Kloster und Residenz, zwischen Abt und Fürst und damit zwischen geistlicher und weltlicher Herrschaft einem Publikum des 21. Jahrhunderts zu vermitteln, dem beide Institutionen zunehmend fremd sind. Es gilt zu erklären, dass ein geistlicher Fürst bzw. eine geistliche Fürstin gleichzeitig eine weltliche Herrschaft ausübte.

Der Tagungsort
Die Tagung findet in Fulda statt wo die angesprochenen Phänomene heute noch besonders gut in der ehemaligen fürstäbtlichen Residenz greifbar und im Stadtbild ablesbar sind. Dies betrifft insbesondere den Aspekt der herrschaftlichen Repräsentation, welche im Stadtschloss museal präsentiert wird. Der Fuldaer Fürstabt hatte eine Virilstimme auf dem Reichstag und war Erzkanzler der Kaiserin. Dies spiegelte sich auch in seiner Selbstinszenierung wider. Residenz und Abtei waren in Fulda räumlich und baulich voneinander getrennt. Beide sind, ebenso wie weitere Bauten der Residenz, zu denen unter anderem eine Universität und mehrere adelige Stadtpalais zählen, noch erhalten. Führungen durch Museum, Schloss und Stadt geben die Möglichkeit, die Thesen vor Ort zu überprüfen und die Beispiele miteinander zu vergleichen.

Die Ergebnisse der Tagung werden zeitnah in der Reihe „Höfische Kultur interdisziplinär (HKI) – Schriften und Materialien des Rudolstädter Arbeitskreises zur Residenzkultur“ bei Heidelberg University Publishing erscheinen.

Um Anmeldung bis zum 1. September 2024 wird gebeten.

Die Teilnahme ist kostenlos.

Programm
„Herrschaft der Frauen – Herrschaft der Männer. Fürstabteien als weltliche Residenzen“

Freitag, 27. September 2024
14:00 Uhr
Anmeldung, Öffnung Tagungsräume

14:30 Uhr
Begrüßung

15:00
Dr. Marina Beck (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg), Dr. Thomas Heiler (Stadt Fulda), Dr. Heiko Laß (Ludwig-Maximilians-Universität München): Zur Einführung in die Tagung

15:45 Uhr
Organisatorisches

16:00 Uhr
Pause

16:30 Uhr
PD Dr. Teresa Schröder-Stapper (Universität Duisburg-Essen/Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf): Mein Schloss, mein Park, meine Kutsche – Die Äbtissinnen der norddeutschen Reichsstifte im Spannungsfeld von territorialer Konkurrenz und Repräsentation

17:00 Uhr
Prof. Dr. Wolfgang Wüst (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg): Geistlich oder Weltlich? Die Welt gefürsteter Reichsprälaturen mit Blick auf frühmoderne Staats- und Residenzbildung

17:30 Uhr
Diskussion

18:00 Uhr
Empfang der Stadt Fulda

19:00 Uhr Festvortrag:
Univ. Doz. Dr. Katrin Keller (Österreichische Akademie der Wissenschaften): Fürstin, Kaiserin, Reich: Von Erzämtern, Karrieren und armen Verwandten

Samstag, 28. September 2024
09:00 Uhr
Dr. Christian Peter (Frankfurt am Main): Reichsfürstliche Statusbehauptung an der Peripherie der Germania Sacra. Zur weltlichen Funktion des Hofes der Fürstäbte und -bischöfe von Fulda im 18. Jahrhundert

09:30 Uhr
Jasmin Kruse M.A. (Philipps-Universität Marburg): Imperiales Fundament – der Kaisersaal des Fuldaer Residenzschlosses

10:00 Uhr
Diskussion

10:30 Uhr
Pause

11:00 Uhr
Dr. Peter Erhart (Stiftsarchiv St. Gallen): Hofwelten. Die Fürstabtei St. Gallen museal neu inszeniert im Hof zu Wil

11:30 Uhr
Clemens Bley, M.A. (Städt. Museen Welterbestadt Quedlinburg): Stiftsberg Quedlinburg: Zur musealen Neuausrichtung

12:00 Uhr
Diskussion

12:30 Uhr
Mittagspause

13:30 Uhr
Stadtführung, Schloss- und Parkführung Teil 1

14:55 Uhr
Pause

15:10 Uhr
Stadtführung, Schloss- und Parkführung Teil 2

16:30 Uhr
Pause

17:00 Uhr
Dr. Gerhard Immler (Bayerisches Hauptstaatsarchiv München): Fürststift Kempten – Herrschaftsrepräsentation

17:30 Uhr
Michael Nadig M.A. (Schweizerische Rechtsquellenstiftung / Universität St. Gallen): Der Hofstaat des Fürstabts von St. Gallen

18:00 Uhr
Diskussion

Sonntag, 29. September 2024
09:00 Uhr
Dr. Marina Beck (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg): Fürstäbtliche Appartements – Raumfolgen und ihre Funktion

09:30 Uhr
Apl. Prof. Dr. Ulrike Seeger (Universität Stuttgart): Die Fürstpropstei Ellwangen unter Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg

10:00 Uhr
Diskussion

10:30 Uhr
Dr. Heiko Laß (Ludwig-Maximilians-Universität München): Landesherrliche Selbstdarstellung in Residenz und Residenzlandschaft

11:00 Uhr
Prof. Dr. Helmut-Eberhard Paulus (Julius-Maximilians-Universität Würzburg): Die Orangerie als Dekorum reichsständischer Ansprüche in der herrschaftlichen Repräsentation reichsunmittelbarer Klöster und Stifte

11:30 Uhr
Diskussion

12:00 Uhr
Mittagsimbiss – Ende der Tagung

Kontakt
marina.beckfau.de
heiko.lasskunstgeschichte.uni-muenchen.de

Magistrat der Stadt Fulda
Kulturamt
Paulustor 4
36037 Fulda
Tel. 0661/102-1442
thomas.heilerfulda.de

Quellennachweis:
CONF: Fürstabteien als weltliche Residenzen (Fulda, 27-29 Sep 24). In: ArtHist.net, 16.06.2024. Letzter Zugriff 24.06.2024. <https://arthist.net/archive/42138>.

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