CONF 25.10.2023

With/Out Identity (Weimar/online, 23-24 Nov 23)

Weimar, Bauhaus-Universität, Oberlichtsaal / Online, 23.–24.11.2023
Anmeldeschluss: 10.11.2023
www.identitaet-und-erbe.org/veranstaltungen/with-out-identity

Wolfram Höhne

With/Out Identity. Zur Frage von Identitätskonstruktionen in Raum, Erbe und Communities.

Am 23. und 24. November 2023 findet die 7. Jahrestagung des DFG-Graduiertenkollegs 2227 „Identität und Erbe“ zum Thema „With/Out Identity. Zur Frage von Identitätskonstruktionen in Raum, Erbe und Communities“ statt. Tagungsort ist die Bauhaus-Universität Weimar (Oberlichtsaal). Eine Online-Teilnahme ist möglich.

Der Identitätsbegriff erfährt heute in verschiedenen Disziplinen eine kritische Bearbeitung. Seine Unschärfe und die problematische Tendenz, den Begriff zu essentialisieren, führen einerseits dazu, dass die Verwendung des Begriffs bewusst vermieden wird. Andererseits bildet der Rückgriff auf Konzepte von Identität und Identitätsbildung einen wichtigen Bezugsrahmen – insbesondere für jene Communities, denen die Möglichkeit abgesprochen wird, Geschichte, Erinnerung und Wissensbestände selbst zu artikulieren.
Die Konstruktion von Räumen und Kulturerbe ist von entscheidender Bedeutung für die Frage, wie Identität in sozialen, politischen und damit auch in physischen Räumen angeeignet, ausgehandelt oder behauptet wird. Die 7. Jahrestagung des Graduiertenkollegs versteht den Identitätsbegriff daher als Projektionsfläche, mit deren Hilfe sich Gruppen und Communities konstituieren und in Bezugnahme auf räumliches wie materielles Kulturerbe Gemeinsamkeiten imaginieren. Für eine kritische Untersuchung von Identitätskonstruktionen greift die Tagung aktuelle und gesellschaftspolitische Aushandlungsdiskurse um Erbe und Raum aus Sicht verschiedener Disziplinen auf.
Die eingeladenen Redner:innen aus dem Feld der Architektur, (Kunst)Geschichte, Soziologie, Politikwissenschaft und Denkmalpflege werden in fünf Panels Ergebnisse und Fragestellungen aus aktuellen Forschungsprojekten präsentieren. Das klassische Tagungsformat wird durch zwei Keynote-Vorträge und eine Filmvorführung ergänzt. Ein besonderer Schwerpunkt widmet sich der Frage nach den Identitätskonstruktionen, mit denen die Gestaltung von Zukünften begründet wird. Weiterhin werden alteritäre Raumkonzepte, die aktuellen Transformationen musealer Narrative und umstrittene Erbekonstruktionen diskutiert, sowie Beispiele von (De)konstruktionen kolonialer Identität und die Identitätskonstruktionen aus der Perspektive marginalisierter Communities vorgestellt.

Die Teilnahme ist kostenfrei. Bitte registrieren Sie sich bis zum 10. November 2023 auf unserer Internetseite: https://www.identitaet-und-erbe.org/veranstaltungen/with-out-identity

Programm

Donnerstag, 23. November 2023

09:00-09:15 Uhr
Begrüßung
Hans-Rudolf Meier, Ulrike Kuch

09:15-09:30 Uhr
Einführung
Fridtjof Florian Dossin, Niloufar Tajeri, Juan Carlos Barrientos
09:30-13:30 Uhr
PANEL I „Transformative Räume“
Moderation: Fridtjof Florian Dossin, Niloufar Tajeri
Identitätskonstruktionen werden aktuell als ambivalente und fluide kollektive Prozesse der Raumaneignung, des Erinnerns und Erbens konzipiert. Durch die soziale Aneignung von Raum werden widerständige, diasporische oder ›periphere‹ Communities sichtbar sowie Alterität und Differenz verhandelbar: In Abgrenzung zu einer konstitutiven, hegemonialen Raumordnung finden Ermächtigungs- und Transformationsprozesse statt, die neue Erzählungen und Raumpraktiken hervorbringen. Welches Verständnis von ›Identität‹ fördern diese Prozesse zu Tage und wie transformieren Communities darin bestehende Kulturerbe-Vorstellungen?
09:30 Uhr
Kirsten Angermann, Franka Fetzer, Ulrike Kuch: „Ton, Steine, Erben – Was bleibt von Hausbesetzungen in Berlin?“
10:10 Uhr
Jae-Young E. Lee: „Lokale Identitätskonstruktionen in digitaler Transformation: An den ›Peripherien‹ einer globalisierten Welt“
10:50 Uhr
Ana Maria Rodriguez Bisbicus:
„Tracing Nepantla“
Keynote 1
12:00 Uhr
Gilad Baram, Bnaya Halperin-Kaddari:
„Ein (nicht mehr ganz so) schwieriges Erbe. Über das Dokumentieren des sich wandelnden Nürnberger Reichsparteitagsgeländes“
Lecture-screening des derzeit entstehenden Dokumentarfilms „Making Good Again“
Moderation: Wolfram Höhne
15:00-17:00 Uhr
PANEL II „Umstrittene Erbekonstruktionen“
Moderation: Juan Carlos Barrientos, Olga Zenker
Die Bewahrung von kulturellem Erbe, die Konstruktion von Identitäten und die dazu konsultierten Narrative stehen in einem facettenreichen Spannungsfeld. Jeder Vortrag in diesem Panel beleuchtet einen besonderen Aspekt dieses komplexen Themenfeldes. Von den Kontroversen um religiöse Kunst bis hin zu den Hinterlassenschaften der Sowjetära und der komplizierten Identitätspolitik in der Stadtplanung untersuchen die Beiträge, wie moderne Gesellschaften in unterschiedlichen kulturellen Kontexten mit ihrem umstrittenen Erbe umgehen. Dabei werden sowohl die Herausforderungen eines sensiblen Bewahrens als auch die Neubestimmung gemeinsamer Vergangenheiten ergründet.
15:00 Uhr
Galit Noga-Banai: „Wenn diese Wand sprechen könnte: Die Judensau in Wittenberg“
15:40 Uhr
Solmaz Yadollahi: „Verhandlung der Identität Teherans: Die räumlich diskursive Assemblage um den Wiederaufbau von Baladiyeh“
16:20 Uhr
Yevheniia Moliar: „Die sowjetische Vergangenheit als Teil der Identität moderner ukrainischer Städte“
17:30 Uhr
Keynote 2
Adrian Daub:„Das disidentifizierte Subjekt: Zur Kritik der Kritik von Identitätspolitik“
Moderation: Nikolai Roskamm
Freitag, 24. November 2023
09:00 Uhr
Einführung
Nadja Bournonville, Nicola Groß, Olga Zenker
09:15–13:00 Uhr
PANEL III „(De)konstruktionen kolonialer Identitätsräume“
Moderation: Niloufar Tajeri, Florian Dossin
Der Blick hinter etablierte Sichtweisen auf Plätze, Städte und Landschaften offenbart vielerorts koloniale Identitätskonstruktionen und Erinnerungspolitiken. Die Ursprünge der heutigen Zuschreibungen erscheinen jedoch weiterhin unterbelichtet und nicht in ihrer Vielschichtigkeit erfasst. Auf dieser fragwürdigen Wissensbasis werden öffentliche Räume bis heute erhalten, entwickelt und vermarktet. Die zugrunde liegenden politischen Aushandlungsprozesse sind zudem nicht nur historisch eindimensional, sondern weisen zahlreiche kolonial bedingte Machtasymmetrien zwischen den Akteur:innen auf. Eine vertiefende Auseinandersetzung ermöglicht eine genaue Differenzierung dieser Prozesse: Mit welchen Mechanismen werden die vermeintlichen ›identitätsstiftenden Räume‹ erzeugt und unter welchen Bedingungen kann die (Wieder)aneignung und Gestaltung dieser Räume durch bislang unterrepräsentierte Heritage-Communities gelingen?
09:15 Uhr
Philipp Krüpe: „Gefühl und Gewalt: Malerische Architektur und Stadtplanung im englisch- und deutschsprachigen Raum seit dem 18. Jahrhundert. Ein ästhetisches Konzept affektiver Kontrolle und (sozial)räumlicher Segregation“
09:55 Uhr
Leon Biela: „Vorstellungen historisch determinierter Stadtidentität und exklusive Erinnerungspolitik in der ›Marinestadt‹ Wilhelmshaven“
10:35 Uhr
Gabriela Iracema Randig: „Den Pelourinho durch Erinnerung (de)konstruieren: Zur sozialen Konstruktion eines Schwarzen Symbolortes in Brasilien“
11:45–13:00 Uhr
PANEL IV Visibilität durch Museumspraktiken“
Moderation: Nadja Bournonville, Nicola Groß
Museen sind als Geschichtsräume an der Erinnerungskultur von Gemeinschaften und der Konstruktion machtasymmetrischer Narrative beteiligt. Maßgeblich in gesellschaftspolitische Bewegungen involviert, stehen Museen im Zentrum von aktuellen Debatten rund um den Umgang mit Kulturerbe. Diese Debatten beziehen zunehmend Positionalitäten von Museumsmitarbeiter:innen und marginalisierten, bisher exkludierten Minoritäten mit ein. Die folgenden Beiträge diskutieren, wie Museumspraktiken gezielt als Instrument des Widerstands genutzt werden können, um einer vermeintlichen Objektivität in Museen entgegenzuwirken. Dadurch werfen sie Fragen zur aktuellen und zukünftigen Gestaltung von Sichtbarkeit und Inklusion auf und setzen sich mit der Konstruktion von Identitäten in Bezug auf Ermächtigungsprozesse, Machtkonstellationen und Aushandlungsprozesse in musealen Kontexten auseinander.
11:45 Uhr
Nushin Atmaca, Susanne Boersma: „Positionalitäten und Identitäten im Museum. Unser Weg zu einer persönlicheren, reflektierten institutionellen Praxis“
12:25 Uhr
Erica de Abreu Malchow: „Brasilianische Soziomuseologie, Identität und Widerstand“
15:00–17:00 Uhr
PANEL V „Identität und Ermächtigung“
Moderation: Juan Carlos Barrientos, Olga Zenker
In den Beiträgen dieses Panels werden unterschiedliche Perspektiven marginalisierter Gruppen beleuchtet, denen die Möglichkeit abgesprochen wird, Geschichte, Erinnerung und Wissensbestände selbst zu artikulieren. In diesem Kontext bildet der Rückgriff auf Konzepte von Identität und Identitätsbildung eine Voraussetzung, sich zum einen gegen Identitätszuschreibungen aufzulehnen und zum anderen überhaupt eine Existenzberechtigung einzufordern. Diese Ermächtigungsprozesse finden nicht nur in sozialen und politischen Räumen statt, sondern zeigen oder spiegeln sich auch in den Debatten über die Konstruktion von physischen Räumen und von Kulturerbe. Bei aller kritischen Betrachtung des Identitätsbegriffes stellt sich hier die Frage, welche Chancen identitätsstärkende Prozesse besitzen und wie ›Identität‹ gebildet oder verändert werden kann.
15:00 Uhr
Dhara Patel: „Unsichtbares Erbe, Segregierte Räume: Untersuchung sozialräumlicher Aushandlungsprozesse hochqualifizierter indischer Migrant:innen in Frankfurt am Main“
15:40 Uhr
Halil Emre Ucar: „Moscheegemeinden auf dem Weg in die Postmigration – Aushandlungsprozesse von Tradition, Transformation und Identität“
16:20 Uhr
Nina Gribling: „Wir stehen hier schon ein paar hundert Jahre“: Verhandlungen über Erbe und Identität im Amsterdamer Rotlichtviertel
17:30 Uhr
Keynote 3
Regine Hess: „Das Forschungs- und Vermittlungsprojekt »A Future for whose Past? The Heritage of Minorities, Fringe Groups and People without a Lobby« zum 50. Jubiläum des Europäischen Denkmalschutzjahres Regine Hess“
Moderation: Daniela Spiegel

18:30 Uhr
Zusammenfassung und Verabschiedung
Stephanie Herold

Weitere Informationen
Dr. Wolfram Höhne
Bauhaus Universität Weimar
99421 Weimar
Telefon: +49 (0)3643 583139
E-Mail: wolfram.hoehneuni-weimar.de

Quellennachweis:
CONF: With/Out Identity (Weimar/online, 23-24 Nov 23). In: ArtHist.net, 25.10.2023. Letzter Zugriff 02.05.2025. <https://arthist.net/archive/40432>.

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