CONF 17.07.2023

Reorganisation von Wahrnehmungsweisen (Köln, 1-2 Sep 23)

Universität zu Köln, 01.–02.09.2023
Anmeldeschluss: 15.08.2023

Fatma Kargin

"Ästhetische und künstlerische Praktiken als Reorganisation von Wahrnehmungsweisen" – Interdisziplinärer Workshop, 1.-2. September 2023, Universität zu Köln.
Raum 2.103 (AEB), Humanwissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln, Gronewaldstraße 2, 50931 Köln, 2. Stock

Organisation:
Fatma Kargin (Kunstpädagogik, HGK Basel, GCSC – JLU Gießen)
Prof. Dr. Manuel Zahn (Ästhetische Bildung, Universität zu Köln)

Der interdisziplinäre Workshop widmet sich der Diskussion und phänomenologischen Weiterführung der Thesen von Alva Noë zur reor-ganisierenden Funktion der Kunst aus verschiedenen empirischen und theoretischen Perspektiven, z. B. anhand von Bildern, Filmen, Installationen, Musik, Literatur, Performance oder Tanz. Noë argumentiert in seinem Buch Strange Tools. Art and Human Nature (2015) ähnlich zu praxistheoretischen Ansätzen, dass menschliches Leben durch organisierte Aktivitäten strukturiert ist. Alle menschlichen Tätig-keiten (Wahrnehmen, Sprechen, Gehen, Essen u.a.m.) sind in komplexe Strukturen der Organisation eingelassen. Dabei ist das Entschei-dende seiner Argumentation, dass diese Organisationsstrukturen nicht (oder nur zum Teil) von Menschen selbst geschaffen sind. Men-schen erfinden, inszenieren oder steuern nicht die komplexen und dynamischen Muster, diese sie organisieren. Die Künste oder im weite-ren Sinne ästhetische Praktiken haben nach Noë wiederum die Möglichkeit, die organisierenden Strukturen unserer alltäglichen Aktivitä-ten hervorzuheben, also Aspekte der Art und Weise, wie wir uns als Menschen organisieren, offenzulegen. Alle Künste sind in diesem Sinne reorganisierende Praktiken. Noë führt das in seinem Buch am Beispiel des Tanzes bzw. der Choreografie näher aus.

Vor diesem theoretischen Hintergrund interessiert uns, wie sich das Verhältnis von organisierten Aktivitäten und reorganisierenden Prakti-ken in anderen künstlerischen Feldern und ästhetischen Praktiken zeigt.
Um hier nur einige Beispiele zu nennen:

Mit den Netzkulturen sind neue Formen der kollektiven Bildproduktion entstanden, die sich nicht länger nur auf menschliche Subjek-te zurückführen lassen, sondern deren Produktion sich auf mehrere menschliche und nicht-menschliche Akteure verteilt. Daran an-schließend stellen sich die Fragen: Welche Rolle spielen die Dinge, Techniken und Technologien, eben nicht-menschliche Akteure, für reorganisierende Praktiken? Und wie lassen sich reorganisierende Praktiken als verteilte erforschen?

Bilder, Performances, Installationen und Skulpturen in musealen Kontexten und in öffentlichen Räumen reorganisieren die Denk- und Wahrnehmungsdispositionen ihrer Betrachter:innen. Inwiefern ist diese Reorganisation zeitlich und räumlich begrenzt? Wie können die Prozesse der Kunstbetrachtung als Reorganisation erforscht und sichtbar gemacht werden? Und wo liegen die Grenzen einer sol-chen Sichtbarmachung?

Auch filmische Montagepraktiken können im Sinne von Noë als Reorganisation der filmischen Wahrnehmungs- und Denkmöglich-keiten verstanden werden. Welche Rolle spielt hierbei die Medienspezifik der filmischen Montage (Film, Video, Digital Video)? In welchem Verhältnis stehen die erweiterten filmischen Darstellungsstrategien sowie Inszenierungsstrategien zu veränderten Wahrneh-mungsweisen? Woran zeigen sich die Veränderungen von Wahrnehmungs- und Denkdispositionen bei den Filmbetrachter:innen?

Ähnliche Fragen lassen sich auch für die Musik, das Theater oder die Literatur formulieren. Übergreifende systematische Fragen wären zudem: Gibt es klar definierbare Grenzen/Unterschiede oder fließende Übergänge von organisierten Aktivitäten und reorganisierenden Praktiken? Was machen die Unterschiede der reorganisierenden Praktiken im Ästhetischen aus? Besonders interessiert uns die Frage da-nach, wie und woran sich die Reorganisation in unterschiedlichen Bereichen des Ästhetischen sichtbar macht, und auch wie sie sich empi-risch untersuchen lässt.

Der Workshop richtet sich an Wissenschaftler:innen, insbesondere (Post-)Doktorand:innen aus erziehungswissenschaftlichen, philosophi-schen sowie kunst- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen. Er soll die Gelegenheit dazu geben, Noës Thesen zu reorganisierenden Praktiken mit empirischen und theoretischen Zugängen in diversen künstlerischen und ästhetischen Bereichen gemeinsam zu diskutieren, wahrnehmungstheoretisch zuzuspitzen oder auch phänomenologisch weiterzuführen.

PROGRAMM

FREITAG, 1. SEPTEMBER 2023
14.00-14.30: Fatma Kargin (Kunstpädagogik, HGK Basel, GCSC – JLU Gießen) und Prof. Dr. Manuel Zahn (Ästhetische Bildung, Universität zu Köln): Einführung

14.30-15.30: Dr. Lukas Bugiel (Musikphilosophie und Musikpädagogik, Hochschule für Musik und Theater Leipzig): „Knowing how to organize sounds“

16.00-17.00 (via Zoom): Prof. Dr. Alva Noë (Department of Philosophy, University of Berkeley): „The Entanglement“

17.30-18.30: Dr. Anne Gräfe (Medienkultur und Medienphilosophie, Leuphana Universität Lüneburg): „Ästhetische Langeweile Aushalten“

18.30-18.45: Abschluss und Zwischenreflexion

19.30 Gemeinsames Abendessen

SAMSTAG, 2. SEPTEMBER 2023

10.00-11.00: Lukas Sonnemann (Kunstpädagogik und visuelle Bildung, Universität Hamburg): „(re-, de-, dis-)organizing? Bilderfahrung im ›Medium‹ Ausstellung“

11.15-12.15: Dr. Nikola Dicke (Kunstdidaktik, Universität Bremen und Universität Osnabrück): „Kunst als kommunikative Landschaft – Eine multiperspektivische Untersuchung von Wahrnehmung in der Inter-aktion von künstlerischer Produktion und Rezeption“

12.15-14.00: Mittagspause

14.00-15.00: Heiko Lietz (Kunstpädagogik und visuelle Bildung, Universität Hamburg): „Curate like nobody is watching. Überlegungen zum ›Zeigen‹ des ›Zeigens‹“

15.00-15.30: Abschluss

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Anmeldung zum Workshop:
Anmeldungen bis spätestens 15. August 2023 per Mail an: fatma.karginfhnw.ch
Teilen Sie uns bitte für die Reservierung des Restaurants bei der Anmeldung mit, ob Sie an dem gemeinsamen Abendessen (Selbstzah-ler:innen) teilnehmen möchten.

Der Workshop wird gefördert durch die Humanwissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln.

Quellennachweis:
CONF: Reorganisation von Wahrnehmungsweisen (Köln, 1-2 Sep 23). In: ArtHist.net, 17.07.2023. Letzter Zugriff 30.06.2024. <https://arthist.net/archive/39816>.

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