CFP 03.07.2023

Das Portrait im 18. Jahrhundert in Europa (Paris, 11-12 Mar 24)

Deutsches Forum für Kunstgeschichte, Paris, 11.–12.03.2024
Eingabeschluss : 15.09.2023

Martin Schieder, Universität Leipzig

(in English below / en français ci-dessous).

Internationales Kolloquium:
Das Portrait im 18. Jahrhundert in Europa. Kunstwerk – Soziale Praxis – Transfer.

Konzept & Organisation: Markus A. Castor (DFK Paris), Martin Schieder (Universität Leipzig), Marlen Schneider (Université Grenoble Alpes/LARHRA).

„Meine Kinder, ich warne euch: Das bin nicht ich. An einem Tage hatte ich hundert verschiedene Gesichter, je nach den Umständen, von denen ich betroffen war. Ich war heiter, traurig, verträumt, zärtlich, heftig, leidenschaftlich, enthusiastisch; aber nie war ich so, wie ihr mich hier seht.“ Mit diesen Worten empörte sich Denis Diderot über sein eigenes, von Louis Michel Van Loo gemaltes Portrait, das 1767 im Salon der Académie royale de peinture et de sculpture ausgestellt wurde. Seine Kritik spiegelt die oft widersprüchlichen Herausforderungen der Portraitkunst im 18. Jahrhundert wider: Als Mittel sozialer Distinktion, als Gegenstand des Andenkens, oder als Ausdrucksträger von Gefühlen sollte das Portrait dazu dienen, sowohl die Persönlichkeit des Individuums als auch dessen Rang in der Gesellschaft zu erfassen. Mehr noch, zu den antagonistischen Prinzipien der Ähnlichkeit und der Idealisierung trat die Erwartung hinzu, dass das Portrait von hoher künstlerischer Qualität sein müsse, was ihm nach Diderot seine eigentliche Bedeutung für künftige Generationen verleihe: „Das von einem Schmierfinken zusammengeschusterte Portrait stirbt mit der Person, dasjenige eines kunstfertigen Mannes bleibt für immer.“
Tatsächlich war die Portraitkunst in den Jahrzehnten zwischen dem Höhepunkt des Absolutismus und den politischen, sozialen und intellektuellen Umwälzungen der Revolutionszeit von einem außergewöhnlichen künstlerischen Reichtum gekennzeichnet. Das Portrait wurde zum Spiegel einer sich wandelnden Gesellschaft, zum Ausdrucksmittel einer bis dahin unbekannten „Physiognomisierung“ der Öffentlichkeit (Willibald Sauerländer). Könige, der Adel der Hauptstadt und der Provinzen, wohlhabende Bürger, Künstler und Intellektuelle, Männer, Frauen und Kinder wurden mit einer bis dato ungekannten Variabilität dargestellt, je nach ihrem Geschlecht, sozialen Status und nach den Aufgaben und Funktionen des Portraits. Zwischen machtpolitischer Demonstration und Darstellung persönlicher Gefühlslagen, zwischen verschönernder Maskerade und wahrheitsgetreuer Ähnlichkeit schwankend, existierten zeitgleich die unterschiedlichsten Formen der Darstellung und waren einem ständigen Wandel unterworfen, der von einer Ausdifferenzierung des Geschmacks und der Moden begünstigt wurde. Ebenso trugen die Veränderungen auf dem Kunstmarkt sowie die allmähliche Etablierung öffentlicher Ausstellungen zur Vielfalt der Portraitkunst bei, institutionelle Kodifizierungen wichen außerakademischen Urteilen. Nicht zuletzt zeugt die mit der „niederen“ Gattung erblühende Porträtkritik von dem Spannungsfeld zwischen den gesellschaftlichen Funktionen der Bildnisse einerseits und einem künstlerisch-autonomen Anspruch andererseits – eine Polarisierung, die wesentlich zur Dynamik des Porträts beigetragen hat.
Eine eingehende Analyse dieser fundamentalen Veränderungen in der Portraitkunst des 18. Jahrhunderts gehört noch immer zu den Desideraten der Kunstgeschichte, obwohl in den letzten Jahren eine Reihe von Arbeiten erschienen ist, die sich anschickt, unsere Sicht zu ändern. Es geht darum, die zumeist monografischen Ansätze, die sich auf einen Künstler oder einen Portraittyp konzentrieren – etwa das königliche Portrait, das Künstlerbildnis oder das mythologische Portrait – zu erweitern und überwinden. Daher möchte das Kolloquium die Portraitkunst aus multiplen Perspektiven untersuchen und nach den sozialen, geistesgeschichtlichen, künstlerischen sowie materiellen Bedingungen der Bildgattung fragen. Dabei gilt es, deren Entwicklung in der Epoche der Aufklärung vom französischen Kontext ausgehend nachzuzeichnen und gleichzeitig den Blick auf eine europäische Perspektive zu öffnen. Welche Konzepte und Themen prägten die Debatten um das Portrait und wie war das Verhältnis zwischen Theorie und Praxis dieser Kunstgattung, die von den Literaten verpönt, vom Publikum aber außerordentlich geschätzt wurde? Wie veränderten sich Gebrauch und Funktionen von Portraits und welche Auswirkungen hatte dies auf die Produktion und die Materialität dieser Objekte? Mittels welcher Mechanismen und Netzwerke zirkulierten die in Paris entwickelten Portraitmodi in den verschiedenen europäischen Kunstzentren, wie etwa London, Madrid, Rom und Wien, aber auch Sankt-Petersburg oder Stockholm?
Ziel der Tagung soll es sein, diese unterschiedlichen Determinanten der Gattung in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit zu beleuchten. So hat die thematische, aus den Konventionen des soziokulturellen Kontexts erklärbare Öffnung der Kunst, etwa für das Familienportrait, Miniaturen oder die Reflexion auf Moden und Körperbilder, Konsequenzen für die technische und materielle Gestaltung der Werke, die selbst wiederum von der Leistung des Handwerks, der Werkstattpraktiken und den ökonomischen Bedingungen abhängig war. Dem höfischen Transfer gesellten sich merkantile Aspekte und neue Medien des Vertriebs von Vorbildern und Modellen hinzu, welche internationale Trends befeuerten beziehungsweise mit lokalen Traditionen konkurrierten. Nur in der Analyse dieser Interdependenzen des 18. Jahrhunderts läßt sich die so komplexe Erfolgsgeschichte des Portraits verstehen.
Wir denken an Beiträge, die als Fallstudien, quantifizierende Analysen oder kontextbezogene Interpretationen die Aspekte von soziokulturellen Bedingungen, theoretischem Diskurs der Zeit, technischen und materiellen Innovationen sowie Transfer und Zirkulation des Portraits befragen. Vorschläge zu einem 25minütigen Beitrag in französischer, deutscher oder englischer Sprache (max. 800 Wörter) sowie einen kurzen CV erbitten wir bis zum 15. September 2023 als Mail an die Veranstalter.

Marlen Schneider (marlen.schneideruniv-grenoble-alpes.fr)
Martin Schieder (schiederuni-leipzig.de)
Markus A. Castor (mcastordfk-paris.org)

Portraiture in 18th Century Europe
Artwork – social practice – circulation

International conference
German Center for Art History (DFK Paris), Paris, 11-12 March 2024
Concept and organization: Markus A. Castor (DFK Paris), Martin Schieder (Universität Leipzig), Marlen Schneider (Université Grenoble Alpes/LARHRA)

“My children, I warn you that this is not me. In the course of a single day I assumed a hundred different faces, in accordance with the things that affected me. I was serene, sad, pensive, tender, violent, passionate, enthusiastic. But I was never such as you see me here.” With these words, Denis Diderot rejected the portrait Louis-Michel van Loo had painted of him, which was exhibited at the Salon of the Académie royale de peinture et de sculpture in 1767. His criticism reflects the somewhat contradictory stakes of portraiture in the 18th century: as a tool of social distinction, a commemorative object, and a conveyor of the sitter’s sentiments, the portrait served to capture the individual as well as his or her place in society. Moreover, the antagonistic principles of resemblance and idealization were increasingly compounded by the expectation that the portrait be of high artistic quality; for Diderot, therein lay the capacity of one’s effigy to remain relevant to future generations: “The dabbler’s likeness dies with its subject, whereas that of the skilled man lasts forever.”
During the Enlightenment, the art of portraiture was marked by exceptional diversity throughout Europe. From the apogee of absolutism to the political, social, and intellectual upheavals of the revolutionary era, the genre became the mirror of a society in full mutation, enacting an unprecedented “physiognomonization” of the public (Willibald Sauerländer): kings, nobles from the capital and the provinces alike, the wealthy bourgeoisie, artists and intellectuals, men, women, and children were portrayed according to their gender, social status and the respective functions served by their portraits. Very different modes of representation – oscillating between the manifestation of political power and the encapsulation of intimate feelings, between the embellishing masquerade and faithful resemblance of the sitter – coexisted and were in constant transformation, favoured by the century’s variety of tastes and fashions. Changes in the art market and the evolution of public exhibitions were also decisive factors in the diversity of portraiture, as institutional codes came to be challenged by non-academic forms of criticism. Finally, the negative reception of this supposedly minor artistic genre among learned viewers of the 18th century speaks to a historic tension between the social functions of portraits, on the one hand, and their claimed status as works of art, on the other. This polarization has contributed greatly to the dynamics of portraiture.
An in-depth analysis of these fundamental changes in portraiture in the 18th century remains among the desiderata of art history, though several important publications have emerged in recent years to renew the scholarly debate. It is now necessary to go beyond monographic approaches focusing on a single artist or a single subtype, such as the royal portrait, the artist’s portrait, or the mythological portrait. This conference aims to explore the art of portraiture from multiple perspectives, tracing its social, theoretical, artistic, and material conditions. It seems appropriate to situate its evolution during the Enlightenment primarily in the French context, while also opening up dialogue with larger European developments.
What were the concepts and themes that characterized the debates on portraiture, and what relationship existed between the theory and the practice of this artistic genre, decried by men of letters but nevertheless very much appreciated by the public? How did the uses of portraiture variously evolve, and with what stakes for the production and materiality of these objects? By what means and networks did modes of portraiture that had been developed in Paris circulate in other European artistic centres, like London, Madrid, Rome and Vienna, but also Sankt-Petersburg or Stockholm?
The goal of the conference will be to highlight these different aspects of portraiture and their interdependence: the iconographic diversification of the genre, shaped by its socio-cultural context, coincided with the technical and material evolution of the works. Family portraits, miniatures, or pastel portraits perfectly illustrated these tendencies, that also resulted from an intense reflection on fashion and the image of the body. The production of portraits was rooted in workshop practices and economic conditions, with implications for the quality of the craftsmanship. In addition to the transfer among European courts, new ways of circulating models gave rise to international trends as well as to competition at the local level. Only an analysis from this multifaceted point of view will allow us to understand the complex success-story of portraiture in the 18th century.
We welcome contributions investigating portraiture’s socio-cultural conditions, theoretical discourses, technical and material innovations, but also aspects of transfer and circulation in 18th century Europe. Proposals (max. 800 words) for a 25-minute paper in French, German, or English, accompanied by a short CV, should be sent by email to the organizers by 15 September 2023.

Marlen Schneider (marlen.schneideruniv-grenoble-alpes.fr)
Martin Schieder (schiederuni-leipzig.de)
Markus A. Castor (mcastordfk-paris.org)

Le portrait au XVIIIe siècle en Europe
Œuvre d’art – pratique sociale – objet de transfert

Colloque international
Centre allemand d’Histoire de l’Art (DFK Paris), Paris, 11-12 mars 2024
Conception et organisation : Markus A. Castor (DFK Paris), Martin Schieder (Universität Leipzig), Marlen Schneider (Université Grenoble Alpes/LARHRA)

« Mes enfants, je vous préviens que ce n’est pas moi. J’avais en une journée cent physionomies diverses, selon la chose dont j’étais affecté. J’étais serein, triste, rêveur, tendre, violent, passionné, enthousiaste. Mais je ne fus jamais tel que vous me voyez là. » C’est en ces mots que Denis Diderot s’indigna face à son propre portrait, peint par Louis Michel Van Loo et exposé au Salon de l’Académie royale de peinture et de sculpture en 1767. Sa critique est un reflet des enjeux parfois contradictoires de l’art du portrait au XVIIIe siècle : outil de distinction sociale, objet commémoratif, ou bien expression de sentiments, le portrait servait à saisir l’individu tout comme sa place dans la société. Qui plus est, aux principes antagonistes de la ressemblance et de l’idéalisation se joint de plus en plus l’attente que le portrait devait avant tout être d’une grande qualité artistique, ce qui lui confère son seul intérêt, selon Diderot, pour les générations futures : « Le portrait ressemblant du barbouilleur meurt avec la personne, celui de l’habile homme reste à jamais. »
En effet, l’art du portrait au siècle des Lumières fut marqué par une diversité exceptionnelle partout en Europe. Entre l’apogée de l’absolutisme et les bouleversements politiques, sociaux et intellectuels de l’ère révolutionnaire, le portrait connut une richesse artistique remarquable. Il devint un miroir d’une société en pleine mutation, marquée par une « physiognomonisation » du public (Willibald Sauerländer) jusqu’alors inédite. Les rois, les nobles de la capitale et de province, les parvenus de la bourgeoisie aisée, les artistes et les intellectuels, les hommes, les femmes et les enfants ont été représentés de différentes manières selon leur sexe, leur statut social et en fonction des usages du portrait. Oscillant entre manifestation du pouvoir politique et témoignage de sentiments intimes, entre mascarade embellissante et ressemblance fidèle, des modes de représentation très variés coexistèrent et furent en constante transformation, favorisée par la différenciation du goût et des modes au cours du siècle. De même, les changements du marché de l’art et l’établissement progressif des expositions publiques furent déterminants pour la diversité des portraits, les codes institutionnels furent défiés par les jugements non-académiques. Enfin, la critique du portrait qui fleurit en même temps que ce genre artistique considéré à tort comme « mineur », témoigne de la tension croissante entre les fonctions sociales des effigies et leur revendication comme une œuvre d’art à part entière, une polarisation qui a largement contribué à la dynamique du portrait.
Cependant, une analyse approfondie de ces changements fondamentaux de l’art du portrait au XVIIIe siècle figure encore parmi les désidérata de l’histoire de l’art, même si plusieurs publications importantes ont vu le jour ces dernières années pour renouveler notre regard. Il s’agit maintenant de dépasser les approches monographiques concentrées sur un artiste ou un type de portrait, comme le portrait royal, le portrait d’artiste ou le portrait mythologique. Le colloque a pour objectif d’étudier l’art du portrait d’un point de vue transversal, retraçant ses conditions sociales, théoriques, artistiques et matérielles. Il s’agit de situer son évolution à l’époque des Lumières dans le contexte français, tout en ouvrant vers une perspective européenne. Quels sont les concepts et les thèmes qui marquèrent les débats autour du portrait et quel fut le rapport entre la théorie et la pratique de ce genre artistique, décrié par les hommes de lettres, mais pourtant très apprécié par le public ? Comment évoluèrent les usages et les fonctions des portraits et quelles en furent les conséquences pour la production et la matérialité de ces objets ? Par quels moyens et réseaux les modes du portrait développés à Paris circulaient-ils dans les différents centres artistiques européens, tels que Londres, Madrid, Rome et Vienne, mais aussi Saint-Pétersbourg ou Stockholm ?
L’objectif du colloque sera de mettre en lumière ces différents aspects de l’art du portrait dans leur interdépendance. Ainsi, l’ouverture iconographique de ce genre, déterminée par son contexte socioculturel, eut des conséquences sur la réalisation technique et matérielle des œuvres, favorisant par exemple l’évolution du portrait de famille, des miniatures, des portraits en pastel, ou bien la réflexion autour de la mode et de l’image du corps. La production des portraits dépendait quant à elle de la qualité de l’artisanat, des pratiques d’atelier et des conditions économiques. Au transfert entre cours européennes s’ajoutèrent des aspects mercantiles et de nouveaux moyens de circulation des modèles, faisant émerger des tendances internationales ou se heurtant à la concurrence des traditions locales. Seule l’analyse selon ce regard croisé permet de comprendre l’histoire complexe du portrait et de son succès au XVIIIe siècle.
Nous envisageons les contributions sous forme d’études de cas, d’analyses quantifiées ou d’interprétations contextualisantes, interrogeant les conditions socioculturelles, le discours théorique de l’époque, les innovations techniques et matérielles ou bien le transfert et la circulation du portrait. Les propositions pour une communication de 25 minutes en français, en allemand ou en anglais (800 mots max.), accompagnées d’un CV court, sont à envoyer par mail aux organisateurs avant le 15 Septembre 2023.

Marlen Schneider (marlen.schneideruniv-grenoble-alpes.fr)
Martin Schieder (schiederuni-leipzig.de)
Markus A. Castor (mcastordfk-paris.org)

Quellennachweis:
CFP: Das Portrait im 18. Jahrhundert in Europa (Paris, 11-12 Mar 24). In: ArtHist.net, 03.07.2023. Letzter Zugriff 21.05.2025. <https://arthist.net/archive/39685>.

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