CFP 11.02.2023

Sichtbar werden – machen – sein (Kiel, 8-10 Jun 23)

Muthesius Kunsthochschule Kiel, 08.–10.06.2023
Eingabeschluss : 15.03.2023

Prof.in Dr. Christiane Kruse, Mona Behfeld M.A., Ileana Pascalau M.A.

Symposium "Sichtbar werden – machen – sein: in queer_feministischer Perspektive von Kunst und Design / Get – make – be visible: a queer_feminist perspective of art and design".

Wir erbitten uns Vorschläge in diversen Formaten: Diskussionsrunden, Vorträge, Lecture Performances, Workshops, Kurz-Seminare, Projektvorstellungen, Lesungen und Präsentationen von Arbeiten aus Kunst und Design und bitten um ein Exposée (800 Zeichen) nebst Kurz-CV bis zum 15. März 2023
auf die folgende E-mail Adresse: cfp.visibilitymuthesius.de
_Deutsch, Englisch

Organisatorinnen: Mona Behfeld, Christiane Kruse, Ileana Pascalau

"But most of all, I think, we fear the visibility without we cannot truly live. [...] Even within the women's movement, we have had to fight, and still do, for that very visibility which also renders us most vulnerable, our Blackness. [...] And that visibility which makes us most vulnerable is that which is also the source of our greatest strength."
Audre Lorde, Sister Outsider: The Transformation of Silence into Language and Action (1984/2007)

'Sichtbarkeit' ist ein Schlüsselbegriff der von Medien gemachten Welt – gesehen werden ist eine wesentliche Bedingung für Kunst und Design. Sichtbarkeit ist ein Kampf um Öffentlichkeit, um Medien, Räume, Anerkennung, Teilhabe – um Macht. Das Symposium öffnet sich auf das komplexe Problemfeld Sichtbarkeit aus der Perspektive
queer_feministischer Kunst und Design von der Moderne bis heute.

1.Sichtbar werden
I Sichtbarkeit und Macht
"Power. Visibiblity [...] we are visible!", freute sich die Bildhauerin Veronica Ryan bei der Verleihung des Turnerprize 2022. Sichtbarkeit und Macht bedingen einander im Kunstsystem, und die traditionelle Kunstgeschichte hat begonnen, die lange Zeit der Unsichtbarkeit von Frauenkunst und die generelle Unsichtbarkeit von queerer Kunst zum
Thema ihrer Forschungen zu machen. Das traditionelle Kunstsystem arbeitet mit Strategien der Teilhabe durch Macht, um für Kunst und Künstler:innen Erfolg durch Anerkennung zu erreichen. Es setzt auf Konkurrenz, Durchsetzungsfähigkeit, Selbstermächtigung, Selbstdarstellung, um mediale Aufmerksamkeit durch Inszenierung zu erlangen, es hat Institutionen und Rituale verankert, hat Orte und Räume besetzt – dies alles mit dem Ziel, Kunst sichtbar zu machen. Kunst verdankt ihre Sichtbarkeit dem komplizierten Zusammenspiel von vielen verschiedenen Akteuren, die aktiv daran arbeiten ihre Sichtbarkeit herzustellen bzw. zu verhindern. Das Symposium beschäftigt die Fragen, welche Machtstrategien aktiv angewendet werden, um Kunst von weiblichen und queeren Personen sichtbar werden zu lassen. Auf welche Weisen provoziert, kritisiert, redefiniert und erweitert weibliche und queere Kunst durch gezielte Sichtbarkeitsstrategien mit einer eigenen Ästhetik und Thematik das traditionelle Kunstsystem? Und wie reagiert das traditionelle Kunstsystem auf queer_feministisch motivierte Kunst?

II Sichtbarkeit und Kanon
Die Sichtbarkeit von Kunst und Design ist durch den westlichen Kunstkanon historisch abgesichert. Ein Kanon von Kunst und Design wurde in Jahrhunderten ausgebildet und gesellschaftspolitisch als Teil kultureller Identität definiert, institutionell sowie akademisch verankert und durch Rituale der Kunst (Ausstellungen, Preisverleihungen etc.) tradiert. Wie steht queer_feministische Kunst zur Tradition des Kunstkanons? Welche Bedingungen müssen eintreten, dass weibliche und queere Kunst und Design Teil des Kanons wird? Welche queer_feministische Kunst kann und will Teil des Kanons werden? Ist es überhaupt das Ziel, Teil des (erweiterten) Kanons zu sein oder zu werden?

2 Sichtbar machen
I Themen, Medien und Strategien der Sichtbarkeit
Das Symposium wird den Fragen nachgehen, welche Themen weibliche und queere Künstler:innen und Designer:innen zur Sichtbarkeit verhelfen wollen. Es wird erörtern, mit welchen Mitteln der Kunst, welchen Strategien, Forderungen und welchen Medien weibliche und queere Kunst und Design die Sinne affizieren oder gar provozieren will, um sichtbar, hörbar und fühlbar zu sein.

II Sichtbarkeit als Sichtbarkeit
Sichtbar werden bedeutet aus der alltäglichen Masse der Sichtbarkeiten herauszufallen und in der Weise aufzufallen, dass Aufmerksamkeit erregt wird. In einer medial erzeugten Dauererregung ist Sichtbarkeit von Kunst und Design eine Sache des Außeralltäglichen. Wie stellt queer_feministische Kunst Sichtbarkeit in einer künstlich produzierten Medienwelt her, in welcher Weise können queer_feministisch produzierte Zeichen im Kunst- und Designkontext eine Erregung von Aufmerksamkeit in der Weise steigern, dass Sichtbarkeit entsteht? Und: worum geht es der queer_femnistischen Kunstbewegung: 'allein' um Sichtbarkeit? Anders gefragt: Was bedeutet Sichtbarkeit für queer_feministische Künstler:innen und Designer:innen? Und: als was wird queer_feministische Kunst sichtbar
bzw. sichtbar gemacht?

Sichtbar sein
I Ambivalenz von Sichtbarkeit
Sichtbar sein, bedeutet sich Angriffen einer von der Pluralität der Meinungen charakterisierten Öffentlichkeit auszusetzen. Wer sichtbar ist, macht sich verletzbar, entnehmen wir dem Zitat der schwarzen und lesbischen Autorin Audre Lorde. Welche Streitpunkte werden anhand von queer_feministischen Kunst- und Designpositionen
verhandelt? Welche Wirkung haben queer_feministische Kunst- und Designkontroversen auf das Kunstsystem und darüber hinaus auf die Gesellschaft als Ganze?

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II Unsichtbar machen
Queere und feministische Kunst wurde bis ins 20. Jahrhundert übersehen, unsichtbar gemacht, d.h. vom Kunstsystem und -diskurs marginalisiert bzw. ausgeschlossen. Welche Gegenspieler, welche (öffentlichen) Interessen verhindern die Sichtbarkeit von queer_feministischer Kunst? Welche Argumente werden angeführt, um Kunst und Design von weiblichen und queeren Personen zu marginalisieren oder zu unterdrücken? In welchen gesellschaftlichen Kontexten wird weibliche und queere Kunst ausgeschlossen, das heißt unterdrückt, marginalisiert oder gar unsichtbar gemacht? Wer hat sich mit welchen Argumenten gegen die Marginalisierung und Unsichtbarmachung queer_feministischer Kunst und queer_feministischen Designs widersetzt?

Quellennachweis:
CFP: Sichtbar werden – machen – sein (Kiel, 8-10 Jun 23). In: ArtHist.net, 11.02.2023. Letzter Zugriff 28.04.2025. <https://arthist.net/archive/38539>.

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