Call for Papers
Die Farbe Grau
Tagung am Institut für Kunstgeschichte der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz in Kooperation mit dem Institut für
Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik der Technischen
Universität Berlin
Mainz, 18.-20. April 2013
In Werken der Kunst kann Grau die Abwesenheit von Farbe sein oder
selbst eine Farbe, ein Nullpunkt der Malerei oder ihre Summe. Es ist
zugleich ein Mittel der (Material)Imitation und der Abstraktion, ein
Modus der Reflexion und ein Medium der Darstellung von Wirklichkeit.
Seit dem Erscheinen von Michaela Kriegers Buch "Grisaille als Metapher"
ist das Thema immer wieder in der Forschung aufgegriffen worden und in
Ausstellungen auch einem breiteren Publikum nahegebracht worden - man
denke nur an die vom Guggenheimmuseum Berlin ausgerichtete Schau
"Gerhard Richter, Acht Grau" (2002) oder an die großen Ausstellungen zu
Grünewald in Karlsruhe ("Grünewald und seine Zeit", 2007/08) und zu
Hans Holbein d.Ä. in Stuttgart ("Hans Holbein d. Ä.: Die Graue Passion
in ihrer Zeit", 2010/11). Es erscheint daher an der Zeit, eine
Zwischenbilanz zu ziehen und die Vielgestaltigkeit und die Virulenz des
Phänomens und seiner ästhetischen Implikationen zu untersuchen, aber
auch die Anwendbarkeit der Deutungsmuster kritisch zu hinterfragen
Das Konzept eines bewussten Farbverzichts reicht bis in die Antike
zurück. Folgt man Plinius d. Ä., dann standen die "monochromata" -
Bilder, die mit wenigen Farbtönen auskamen oder gar nur in einer
einzigen Farbe gemalt waren - sogar am Beginn der Malerei. Eine
Reduktion auf unterschiedliche Grautöne hingegen lässt sich erst seit
Beginn des 14. Jahrhunderts historisch fassen - zunächst in der
Buchmalerei, dann aber auch auf Außenseiten von Flügelaltären und auf
Fastentüchern, schließlich in Ölskizzen oder graphischen Verfahren. Als
Phänomen begegnet sie bis heute etwa in den Werken Gerhard Richters.
Die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Quellen sprechen meist von
Malerei in Schwarz und Weiß oder von "steinfarbigen" Bildern, in
Frankreich taucht ab dem 17. Jahrhundert der Begriff grisaille auf;
Gerhard Richter spricht von "Grauen Bildern". Schon die Begrifflichkeit
lässt auf unterschiedliche Konzepte schließen, die nach
unterschiedlichen Begründungen verlangen. Tatsächlich hat die Forschung
in den letzten zwanzig Jahren eine Vielzahl von Aspekten diskutiert,
wobei bisweilen außerästhetische Anforderungen an die Kunst - etwa die
Bildskepsis kirchlicher Reformbewegungen oder liturgische Vorgaben - im
Vordergrund stehen, bisweilen die maltechnische Seite (im Sinne eines
"rilievo" oder der "faktura") hervorgehoben oder auf genuin ästhetische
Erklärungsmodelle abgezielt wird (Paragone, Kostbarkeitsmetapher,
intellektuelles Konzept versus sinnliche Farbe). Die Entscheidung für
die Grisaille bedeutet jedoch stets auch eine Repräsentationsstrategie,
die eine Reflexion der Bildaufgabe - der Spannung von Bild und Abbild,
von Wirklichkeit und Bewusstsein, von Illusion und Zeichenhaftigkeit -
voraussetzt; sie erscheint als künstlerisches Mittel, um diese
Differenz zu thematisieren und im Farbverzicht zu überhöhen.
Dementsprechend kann gerade der Verzicht auf Buntfarbigkeit einen
höheren Wirklichkeitsgehalt der Darstellung garantieren. In gewisser
Weise setzt sich diese Tradition der Steigerung des ästhetischen
Vermögens von Kunst durch die Verwendung der Farbe Grau noch in
Fotografie und Film fort. So stellt die Ästhetik des Schwarzweiß-Fotos
und des schwarz-weißen Dokumentarfilms rhetorisch den besonderen
Wahrheitsgehalt des Gezeigten aus und hebt zugleich die Form hervor.
Dem hier skizzierten Paradox des künstlerischen Farbverzichts mittels
der Farbe Grau will eine gemeinsam vom Institut für Kunstgeschichte der
Johannes Gutenberg Universität, Mainz und dem Institut für
Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik der TU Berlin
veranstaltete Tagung nachgehen und zugleich das Phänomen in seiner
historischen Dimension und Vielgestaltigkeit thematisieren. Sie ist
bewusst gattungs- und epochenübergreifend angelegt und nimmt die
materiellen wie auch die kunsttheoretischen und ästhetischen Aspekte
des Grau in der Kunst in den Blick.
Alle diejenigen, die Interesse haben, an der Tagung mit einem Referat
teilzunehmen, sind herzlich aufgefordert, ein kurzes Exposé (1-2
Seiten) einzureichen. Der Einsendeschluss ist der 31. Oktober 2012.
Nach Auswahl der Vorschläge werden die Teilnehmer unverzüglich
unterrichtet.
Prof. Dr. Gregor Wedekind
Johannes Gutenberg Universität
Institut für Kunstgeschichte
Binger Str. 26
55122 Mainz
gregor.wedekinduni-mainz.de
Prof. Dr. Magdalena Bushart
Technische Universität Berlin
Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik
Sekretariat A 56
Straße des 17. Juni 150/152
10623 Berlin
magdalena.busharttu-berlin.de
Reference:
CFP: Die Farbe Grau (Mainz, 18-20 Apr 13). In: ArtHist.net, Sep 14, 2012 (accessed Dec 19, 2024), <https://arthist.net/archive/3819>.