CFP Nov 13, 2022

NEW DEADLINE: IMAGE März 2024: Bild und Augmentation

Deadline: Apr 10, 2023

Lars Christian Grabbe

Call for Abstracts: Bild und Augmentation. Digitale Bildpraktiken zwischen Display, Positionierung und Handlungsziel. IMAGE – Zeitschrift für interdisziplinäre Bildwissenschaft.

Augmented Reality ist begrifflich eine Erweiterung des digitalen Bildes, wobei hier entweder das Digitale als Superadditum des Wirklichen gilt oder aber das Virtuelle selbst durch Hinzufügen von physikalischen Interfaces und Interpositionen als augmentiert erscheint (vgl. Milgram et al. 1994). Bildtheoretisch problematisch erscheint die Frage, im Spannungsfeld von Augmented Reality und Augmented Virtuality, wie sich die Erweiterung als eine Frage des Bildes oder des Bildverstehens analytisch fassen und bestimmen lässt. Die Augmentation stellt neben den Begriffen der Extension (Extented) und der Expansion (Expanded) eine Erweiterung, Ausdehnung, ein sich-breit-machen, eine Fortsetzung oder gar Verlängerung in Aussicht. Eine Ausweitung der Realitätszone könnte somit auf die Übertragung bestimmter Wirklichkeitseigenschaften in einen anderen Bereich hindeuten. Die unidirektionale Erweiterungsmetaphorik der Realität verunsichert gleichzeitig das Geschehen und fordert zu einer genaueren Bestimmung einer Augmented Virtuality heraus. Welche Bereiche treffen aufeinander? In welche Richtung, wo und wie finden die Übergänge statt? Zusammen mit der Augmentation erscheint somit das große X der Crossed Realities (Dresscher u. Verhoeff 2020) an deren Schnittmengen, die Frage nach dem Bild zu stellen ist. Der Sammelband „Bild und Augmentation“ möchte daher explizit verschiedene Art und Weisen des Übergangs in den Fokus rücken.

Schnittstellen. Das Erweiternde Moment des digitalen Bildes verweist dabei einerseits auf technische Abhängigkeiten, denn ohne eine spezifische Technologie wäre das digitale Bild nicht an eine Wirklichkeit (oder deren Ausschnitt) heranzuführen, und andererseits auf eine semantische Prozedur der logischen Verwendung, denn ohne verwirklichte Handlungsprozesse wäre der Nutzwert augmentierter Bilder schlicht nicht gegeben. Mit Augmentations-Apparaten stehen zudem natürliche und technische Weltwahrnehmung mindestens in einem Verhältnis – wirkliche Gegenstände werden in das berechnete Bild der Umgebung eingefügt wie auch digitale Bilder in die wirkliche Umgebung. Dadurch ergeben sich eine Vielzahl an Interaktionsmöglichkeiten: zwischen verschiedenen Wahrnehmungsprozessen, Prozessoren, Displays, Interfaces und Umgebungen, Eingriffen in das Bild und/oder bestehende Objekte, etc.

Rahmenkonzepte. Da sich in der westlichen Kunstgeschichte für Bilder herauskristallisiert hat, dass diese ihre eigene Abgrenzung zur Welt markieren können (durch den Rahmen, die Leinwand, die Monitorgröße etc.), müssten bildtheoretische Modelle der Augmented Reality die artifizielle Ebene der Erweiterung produktiv nutzbar machen können. Die Augmentation stellt zentrifugale Kräfte in Aussicht, die auf das Außerhalb der Bilder wirken – eine Aussicht, die letztlich den Begriff des Bildes einer Revision unterziehen lässt. Schließlich werden Grenzen durch Augmentationen nicht konsequent verneint, sondern bedürfen der Berücksichtigung von Schwellen, Übergängen, Kaschierungen und beweglichen Grenzen. Welche alternativen Rahmenkonzepte aus der Bild- und Mediengeschichte sind zu bedenken, um dem Aufspaltungsinteresse und den Substitutionsträumen produktive (Dis-)Kontinuitäten entgegenzusetzen?

Bewegung/Handlung. Das augmentierte Bild zeigt sich darüber hinaus als ein dynamisches Artefakt, welches sich kontinuierlich über unterschiedliche Verarbeitungszustände realisiert, die ihrerseits nicht fixiert sind, wie es bspw. bei dem Motiv einer Fotografie der Fall wäre. Die Überlagerung ist zwar ein Zustand, allerdings kein Endzustand, sondern stets ein prozessual offenes Bildkonstrukt. Wie ist Interaktion zu beschreiben, wenn die Konstellation Anwender:innen–Interface–Bild (Code), um tatsächliche Objekte, physikalische Kräfte, optische und taktile Phänomene, Realdistanzen, körperliche Bewegungen und psychologisch relevante Proportionen erweitert wird. Sowohl tatsächliche Orte als auch räumliche und zeitliche Abstände werden zu dynamischen Faktoren, welche die Handlungs- und Wahrnehmungsprozesse beeinflussen. Welche psychologische Affizierung resultiert aus der kaschierten Grenze zwischen Bild und Umgebung? Dient die Schnittstelle als Schutzschirm, Gebrauchsanweisung, Interface, als Persönlichkeitserweiterung oder zur Dosierung von Perzeptionsprojektilen? Welche rezeptionsästhetischen Ansätze lassen sich auf die neue Bildkonstellation erweitern und inwiefern werden dafür Rezeption, Interaktion und Produktion überlagert? Da sich der Verbund aus Bild und Augmentation durch Technologien realisiert, die Zeit und Raum, Bild, Beobachter:innen und Milieu (Huber 2004) handlungslogisch aufeinander beziehen, ist die sensorische Reizverarbeitung der Rezipierenden eine weitere differentia specifica als ein wahrnehmungstheoretisches Merkmal, welches klassische Bilder in dieser Form technisch nicht ermöglichten.

Die Erweiterung, so die These, erfordert Überlagerungen zwischen Bild- und Realitätsebenen: Diese Überlagerungen müssen eine kausale Beziehung herstellen zwischen Realobjekt und Bildobjekt, gleichzeitig aber muss diese Kausalbeziehung in eine Relation aus Positionsbestimmung und Kalibrierung eingebunden sein. Die Überlagerung erfordert je ausgeprägte Formen der interaktiven Aneignung und eine vollständig realisierte Echtzeitorientierung, wobei das digitale Bild gleichzeitig auf die telemetrische Verarbeitung, teilsphysikalische Abstimmung und systemische Integration von raumbezogenen Daten angewiesen ist. Erneut wird dadurch ersichtlich wie nicht nur die Realität einer Erweiterung unterzogen wird, sondern auch die Realität in das interveniert, was hier als Zusammenschluss von Bild und Augmentation skizziert wurde.

Mögliche Themengebiete lassen sich im Vorfeld wie folgt kennzeichnen:
– Augmentation im Vergleich und in der Differenzierung zu bekannten und traditionellen Bildpraktiken
– Die Mediengeschichte der (Bild-)Erweiterung und Überlagerung
– Augmented Virtuality und Augmented Reality
– Begriffsklärung (Augmentation, Virtualität, Realität)
– Alternative Rahmenkonzepte
– Rezeptionsästhetik, Produktionsästhetik und Pragmatik der Bilderweiterung
– Augmentierte Bilder als sensorische Wahrnehmungsartefakte (Sound? Taktil?)
– Augmentation und (technische) Interaktion (physikalisch/digital, Handlung/Aktualisierung, Psychologie/intentionale Ausrichtung, Orientierung/Position)
– Augmentation und Telemetrie
– Die Überlagerung zwischen Digitalem und Physikalischem
– Die Gestaltung und Ästhetik augmentierter Bilder
– Phänomenologie, Semiotik oder Anthropologie der augmentierten Bildhandlung

Die offizielle Deadline für Abstracts ist der 01. März 2023. Die Information über die Aufnahme in die Ausgabe erfolgt bis zum 01. April 2023. Die Abstracts sollten das Thema mit 600 bis 900 Wörtern produktiv und stichhaltig in Grundzügen entwickeln.

Bitte schicken Sie eine kurze Biografie, Kontaktdaten und das Abstract an Prof. Dr. Lars C. Grabbe und Dr. des. Manuel van der Veen via l.grabbefh-muenster.de. Die Artikel sollten sich generell an einem Umfang von 5000 bis 7000 Wörtern orientieren und bis zum 01. September 2023 eingereicht werden. Die Publikation erfolgt in der »IMAGE-Ausgabe März 2024« (von Halem: Köln). Bei weiteren Fragen kann gern jederzeit Kontakt zu den Herausgebern aufgenommen werden.

Reference:
CFP: NEW DEADLINE: IMAGE März 2024: Bild und Augmentation. In: ArtHist.net, Nov 13, 2022 (accessed Jun 18, 2025), <https://arthist.net/archive/37911>.

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