CONF 06.10.2010

Barocke Figuren. Zeit - Gestalt - Medien (Konstanz, 27-29 Oct 10)

Joel B.

Barocke Figuren: Zeit - Gestalt - Medien

27.-29. Oktober 2010

Universität Konstanz, Senatssaal (V 1001)

Veranstalter: Forschungsstelle "Signaturen der Frühen Neuzeit", Lehrstuhl
Prof. Dr. Schlögl, Universität Konstanz

Figuren lassen sich als ein narrativer Operator beschreiben, d.h. als eine
Größe, die Zeit organisiert und Ereignisse miteinander verbindet und diese
Verbindung gleichzeitig Gestalt annehmen läßt. Die Besonderheit dieser
narrativen, gestalterischen und medialen Leistung soll an der Tagung
dadurch konturiert werden, daß nach dem Verhältnis zwischen typologischen
und figuralen Denkformen gefragt wird. Ausgehend von der Tradition der
biblischen Figuraldeutung, deren Ursprüngen und Konsequenzen sich der
Literaturwissenschaftler Erich Auerbach in mehreren Aufsätzen zugewandt
hat, läßt sich die Funktionsweise typologischer Denkschemata im 17.
Jahrhundert bestimmen. Die Figuren und Figurenlehren der Frühen Neuzeit
gewinnen ihre historische Spezifizität durch ihre Differenz zu dem
narrativen, eschatologischen und temporalen Ordnungsmodel der Typologie.
In Abgrenzung zum Mittelalter, das nach Auerbach den Höhepunkt
typologischen Denkens bildet, gewinnt die Frage an Prägnanz, wie Figuren
in der Frühen Neuzeit typologische Relationalität unterbrechen und stören.
Die Tagung "Barocke Figuren" hat also nicht nur die Typologie zum
Gegenstand, sondern versucht, aus dem zeitlichen und semiotischen Modell,
das ihr zugrunde liegt, einen heuristischen Figurenbegriff zu entwickeln,
der für das 17. Jahrhundert und vielleicht darüber hinaus analytisch
fruchtbar gemacht werden kann.

Im 17. Jahrhundert gerät das typologische Modell der zeitlichen und
narrativen Sättigung, die in typologischen Zusammenhängen abgebildet wird,
in Unordnung. Diesen Umbruch, für den hier der Begriff des Atypischen
vorgeschlagen wird, anhand des Figurenbegriffs zu beschreiben, ist das
Anliegen der Tagung. Dabei geht es nicht um die Beschreibung eines jähen
Paradigmenwechsels, nicht um die Konstatierung eines Epochenumbruchs mit
dem Auftauchen des Atypischen, sondern vielmehr um das Operieren eines
Moments von Negativität im typologischen Denken. Der heilsgeschichtlichen
Schließung kann sich das Christentum offenbar nur durch die semiotische
Offenheit der Figuren versichern, nur durch den Bezug auf eine
uneinholbare und stets verschobene Endzeit, deren Kennzeichen das Obskure
der Figuren ist. Figuren leisten beides: die typologische Schließung und
die atypische Öffnung.

Tagungsprogramm

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Begrüßung und Einleitung
16.00-16.30h: Rudolf Schlögl/Joel B. Lande/Robert Suter

Panel 1: Zeitfiguren
16.30-17.30h: Marcus Sandl (Zürich): Die Figur des Propheten und die
Kontinuität der Reformation
17.30-18.30h: Ulrike Wels (Potsdam): Christian Gryphius ,Tempel des Todes'
(1698) als Antitypus der Danteschen ,Komödie' - Transformationen
heilsgeschichtlicher Dimensionen in pathologische Beschreibungsmuster

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Panel 2: Religiöse Figuren
09.00-10.00h: Alexander Linke (Basel): Reglementierte Freiheit. Zur
Bildlichkeit im figuralen Denken um 1600
10.00-10.30h: Pause
10.30-11.30h: Michael Neumann (Konstanz): Der aufwärts gewandte Blick. Zur
Konfiguration von Wissenschaft und Welterfahrung
11.30-12.30h: Jan Marco Sawilla (Konstanz): Freies Denken, freies
Schreiben? Konfigurationen klerikaler Gelehrsamkeit in der Publizistik des
17. Jahrhunderts

Panel 3: Soziale Figuren
14.00-15.00h: Burkhard Meyer-Sickendiek (Berlin/München):
Mikrokosmographie. Zu einer Kategorie der europäischen Satire des 17.
Jahrhunderts
15.00-16.00h: Angela Oster (München): Typologische Figuralpoetik in
Emanuele Tesauros ,Cannochiale aristotelico' und die Umcodierung des
Frauenlobs im italienischen Barock
16.00-16.30h: Pause
16.30-17.30h: Maximilian Bergengruen (Genf): Warum Frauen mit dem Teufel
schlafen, Männer hingegen mit ihm Verträge abschließen wollen.
Harsdörffers ,Mord-Geschichte und Lust- und Lehrreiche Geschichte' als
negative Figurenlehre

Freitag, 29. Oktober 2010

Panel 4: Figur und Gestalt
09.00-10.00h: Juliane Vogel (Konstanz): Formschicksale nach Ovid.
Verwandlungen in der Oper des 17. Jahrhunderts
10.00-11.00h: Claudia Blümle (Münster): Figur des Formlosen. Zur
malerischen Typologie El Grecos
11.00-11.30h: Pause
11.30-12.30h: Petra Schmid (Berlin): "Omnia in figura". Ästhetische
Gestalt und epistemologische Struktur der Figuren in Cesare Ripas
,Iconologia'

Panel 5: Erzählmodelle
14.00-15.00h: Benjamin Steiner (Frankfurt/M): Tabellenwerke als Formulare
historischer Narrative
15.00-16.00h: Christopher Wild (Chicago): Überleben erzählen. Zur
Figuration von Trauma in Grimmelshausens ,Simplicissimus'
16.00-16.30h: Pause
16.30-17.30h: Sina Rauschenbach (Konstanz): Kritik als Beruf. Die
arbitristas im frühneuzeitlichen Spanien
17.30-18.00h: Schlussdiskussion

Quellennachweis:
CONF: Barocke Figuren. Zeit - Gestalt - Medien (Konstanz, 27-29 Oct 10). In: ArtHist.net, 06.10.2010. Letzter Zugriff 05.07.2025. <https://arthist.net/archive/33038>.

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