Call for Papers
"Das Geschlecht der Antike"
Nachwuchstagung des Integrierten Graduiertenkollegs "Transformationen
der Antike" (SFB 644) an der Humboldt-Universität zu Berlin, 23.-24.
Juni 2011
Die geplante Tagung soll diskutieren, inwiefern die kritische
Analysekategorie "Gender" für die Transformationen eines Konzepts
von "Antike" aufschlussreich sein kann. Damit soll eine Grundannahme des
Berliner Sonderforschungsbereichs 644 "Transformationen der Antike"
aufgegriffen werden, die lautet, dass die "Antike" nicht nur gewesen,
sondern im Lauf der Geschichte zugleich geworden ist. Transformationen
der Antike können so als bipolare Konstruktionsprozesse verstanden
werden, in denen sich Referenz- und Aufnahmebereich wechselseitig
modifizieren: Wird die "Antike" von nachantiken Gesellschaften in den
Medien der Rezeption stets neu hervorgebracht und verändert, so gilt
diese dynamische Produktivität auch für die Rezeptionskulturen selbst,
in denen das jeweils entworfene Antike-Bild zur aktuellen
Selbstverständigung dient. Vor diesem theoretischen Hintergrund soll die
geplante Tagung zwei Fragen stellen, die in wechselseitiger
Interdependenz stehen: Welche Rolle spielt die Kategorie Geschlecht bei
der Konstruktion der Antike? Und: Welche Rolle spielt die Referenz auf
die Antike bei der Konstruktion von Geschlecht in nachantiken
Gesellschaften? ¬
Die möglichen Anknüpfungspunkte in Kunst-, Literatur-, Kultur- und
Wissenschaftsgeschichte sind zahlreich und vielfältig: Konstruktionen
und Repräsentationen von Geschlecht, Schönheit und Sexualität, die
Entwürfe der Antike transformieren, zeigen sich etwa in den zahlreichen
mythologischen Darstellungen weiblicher Akte, die in der Malerei seit
dem frühen Cinquecento in Italien und auch nördlich der Alpen populär
wurden. Zu denken ist daneben an Winckelmanns Resemantisierung antiker
Statuen, die gleichermaßen als Verhandlungen über die Kategorie
Geschlecht im 18. Jahrhundert und als Entwürfe einer antiken
"Männlichkeit" zu verstehen sind. Die Fragestellung eröffnet auch eine
Perspektive auf die Pluralität der Entwürfe von verschiedenen
synchronen "Altertümern", deren Differenz geschlechtlich codiert werden
kann (wie der effeminierte spätantike Römer neben dem männlichen
Germanen), oder auf diachrone Epochenkonstruktionen wie in Johann Jakob
Bachofens anthropologischem Entwurf "Mutterrecht" (1861), in dem eine
frühe Kulturstufe des Matriarchats durch die griechische patriarchale
Kultur abgelöst wird. Das Spektrum möglicher Themen reicht schließlich
bis zu aktuellen Blockbustern wie Ridley Scotts "Gladiator" oder Zack
Snyders "300" mit ihren durch die Verbindung von Eros und Gewalt
geprägten Männlichkeitsentwürfen und ihren charakteristischen
Imaginationen homosozialer Strukturen.
Die Tagung soll die geschlechterspezifische Dimension von
Antike-Entwürfen und den Formen ihrer Transformation interdisziplinär
kontextualisieren. Mögliche Fragen können sein:
- Welche neuen Problemhorizonte ergeben sich durch die kritische
Analysekategorie "Gender" in der Antikeforschung und wie lassen sie sich
methodisch fassen? Und umgekehrt: Welchen Beitrag kann der spezifische
Blick auf Antikeentwürfe zur Theoriediskussion um den Begriff "Gender"
leisten?
- Welche Funktion hat die Referenz auf die Antike in Kunstprodukten
nachantiker Gesellschaften für deren Geschlechterdiskurse? Wie ist das
Verhältnis von Subversion und Affirmation mit Blick auf das
axiologisch-normative Konzept "Antike" zu fassen?
- Wie charakterisieren sich die Modi der Antikentransformationen z. B.
bezogen auf Schönheits- und Körperdiskurse?
- Wie wird das Verhältnis von Geschlechterdifferenz und kultureller
Differenz im Hinblick auf die "anderen" Altertümer modelliert?
- Wer setzt sich in welchen Zusammenhängen mit Antike/Altertümern
auseinander? Was bedeutet das für das jeweilige Antikebild?
Doktoranden und Postdoktoranden aus den Disziplinen der Bild-,
Literatur-, Altertums-, Geschichts- und Kulturwissenschaften sowie der
Gender Studies sind eingeladen, bis zum 31. Oktober 2010 ein kurzes
Abstract (ca. 300 Wörter) einzureichen. Eine Publikation der
Tagungsergebnisse ist vorgesehen.
Kontakt:
Anna Heinze, M.A.
Humboldt-Universität zu Berlin
SFB 644 Transformationen der Antike
Unter den Linden 6
10099 Berlin
Tel.: (030) 2093-7460
Fax: (030) 2093-7396
Mail: anna_heinzeculture.hu-berlin.de
Friederike Krippner, M.A.
Humboldt-Universität zu Berlin
SFB 644 Transformationen der Antike
Unter den Linden 6
10099 Berlin
Tel.: (030) 2093-4775
Fax: (030) 2093-7396
Mail: friederike.krippnerstaff.hu-berlin.de
Reference:
CFP: Das Geschlecht der Antike (Berlin, 23-24 Jun 11). In: ArtHist.net, Sep 9, 2010 (accessed Nov 5, 2025), <https://arthist.net/archive/32982>.