CFP 25.07.2010

Re-Animationen (Weimar, 3.-5. Februar 2011)

Ulrike Hanstein

Re-Animationen

Tagung des Graduiertenkollegs "Mediale Historiographien"
Universität Erfurt, Friedrich-Schiller-Universität Jena,
Bauhaus-Universität Weimar
3.-5. Februar 2011, Weimar

Re-Animationen sind Prozesse der Wieder-Beseelung oder Wieder-Belebung von
Dingen und Organismen, Theorien, Modellen und Wissensordnungen sowie von
Repräsentationslogiken, Verfahren und Praktiken.

Re-Animationen treten als Wieder-Aufnahme, Wieder-Herstellung oder
Wieder-Einsetzung eines Vergessenen in Erscheinung. Sie setzen etwas, das sie
als unbelebt, vergangen, widerlegt oder wirkungslos beschreiben, neuerlich in
(Eigen-)Bewegung. Sie bringen es in Umlauf, sie transformieren es und
versehen es mit (neuen) Geltungsansprüchen. Re-animatorische Praktiken
entfalten Deutungen des Verhältnisses zwischen Vergangenheit und Aktualität.
Formen der Animation gilt es aufgrund ihrer Angewiesenheit auf Techniken,
Praktiken und Darstellungen aus kultur- und medienwissenschaftlicher
Perspektive zu untersuchen. Die Vorsilbe "Re-" vermag es dabei, die Medien zu
markieren, die Formen der Vergegenwärtigung ermöglichen und strukturieren.
Die Konferenz soll Re-Animation als heuristische Figur erproben. Mit ihrer
Hilfe sind mediale Interventionen zu reflektieren, die der Verlebendigung im
Sinne des Erhalts oder der Wiederherstellung des Gleichen zuwider laufen. Die
Konferenz möchte Vorgänge einer diskontinuierlichen Überlieferung neu
konzeptualisieren, für die Begriffe wie Unterbrechung, Latenz, Entdeckung,
Symptom oder Rückbezug einstehen. Zu fragen ist dabei nicht nur nach
narrativen und audiovisuellen Konstruktionen des Vergangenen, sondern auch
nach Verselbständigung und Eigensinn des Wiederbelebten.

Die Konferenz stellt folgende Fragen zur Diskussion:
An welchen Stellen ist im "Nachvollzug der Geschichte" das Re-Enactment von
der Re-Animation abzugrenzen oder als solche zu charakterisieren? Wie können
am konkreten Beispiel eines Re-Enactment-Projektes die damit einhergehenden
Techniken als re-animierte Historiographie beleuchtet werden? Kann
Re-Animation gar als Versuch einer Geschichtstheorie erarbeitet werden?
Welches Wissen von Re-Animationen inszenieren Literatur, Film und Fotografie?
Inwiefern können gerade diese Aufzeichnungstechniken oder -verfahren die
Strukturen der Re-Animationen erkennbar machen oder generieren? Welche
medialen Faktoren sind dafür verantwortlich, dass Re-Animationen die
historische Wirksamkeit von bereits Vergessenem potenzieren, dezimieren oder
abermals verdrängen können?
Wie ist ausgehend von Konzepten der Wiederbelebung, Wiedergeburt oder
Seelenwanderung das Verhältnis von Re-Animation und Religion zu bestimmen?
Welchen Ort besetzen Medien der Verlebendigung sowie Techniken und magische
Praktiken der Beseelung innerhalb religiöser Systeme? Wie lassen sich
religiöse Praktiken als Strategien der Re-Animation von Glaubensinhalten
denken? Welche religiöse Überzeugungskraft geht von Beseeltem und Belebtem
aus?
Wie lassen sich Animismustheorien der Kultur- und Religionswissenschaften
seit dem 19. Jahrhundert als selbstbegründende Rückprojektion oder
wissensgeschichtliche Re-Animation begreifen? Welche methodologischen
Einsätze erfordern historische und gegenwärtige Konstellationen von
Kulturtheorie und Beseelung? Welche epistemologischen Neubewertungen
amoderner Wissensformen lassen sich vor diesem Hintergrund entwerfen?
Welche Rolle spielen Modelle der Re-Animation in Theorien ästhetischer
Erfahrung? Für welche künstlerischen Praktiken sind Konzepte wie Einfühlung
oder Lebendigkeit als Affekt- und Wahrnehmungstheorien (noch) relevant? Wo
treten Diskurse der verlebendigenden Anschauung in Medientheorien des 20.
Jahrhunderts wieder in Erscheinung? Inwiefern beerbt"liveness" als
Beschreibung aufführungsgebundener Erfahrungsdimensionen historische Diskurse
der ästhetischen Verlebendigung?
Gegenstandsbezogene und/oder methodenreflexive Beiträge aus den
Geschichtswissenschaften, der Literatur-, Theater-, Tanz- und
Filmwissenschaft, der Philosophie, der Kultur-, Medien- und Kunstwissenschaft
können dem Tagungsthema der Re-Animationen Konturen geben. Ausdrücklich
erwünscht sind dabei interdisziplinäre Forschungsperspektiven.

Abstracts im Umfang von max. 3000 Zeichen erbitten wir bis zum 1. Oktober
2010 an folgende Adresse: Re-animationenweb.de.

Die Tagung findet vom 3.-5. Februar 2011 in Weimar statt. Die
Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch.

Den eingeladenen Vortragenden werden die Kosten für An- und Abreise sowie
Unterkunft erstattet.

Quellennachweis:
CFP: Re-Animationen (Weimar, 3.-5. Februar 2011). In: ArtHist.net, 25.07.2010. Letzter Zugriff 26.04.2024. <https://arthist.net/archive/32870>.

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