CFP Apr 20, 2010

31. Deutscher Kunsthistorikertag (Wuerzburg, 23-27 Mar 11)

Verband Deutscher Kunsthistoriker e.V.

XXXI. Deutscher Kunsthistorikertag.
Würzburg, Julius-Maximilians-Universität, 23.-27. März 2011

Call for papers
Deadline: 25. Mai 2010

GENIUS LOCI

In Würzburg und seiner Region ist seit dem frühen Mittelalter in
bemerkenswerter Dichte und Kontinuität eine häufig internationalen
Maßstäben standhaltende Kunsttätigkeit möglich gewesen. Dieses reiche
und vielschichtige Patrimonium hat die Sektionsthemen provoziert. Sie
nehmen dezidiert von solchen Aspekten der Würzburger Kunstgeschichte
ihren Ausgang, die in weitere Horizonte führen und damit prinzipielles
Interesse beanspruchen, zugleich neue Einsichten und methodische
Reflexion fördern können. Besonders willkommen ist, daß dabei wichtige
Arbeitsbereiche diskutiert werden, die auf Kunsthistorikertagen bislang
kaum vertreten waren. Auch die Problematisierung des heutigen und
künftigen Umgangs mit dem Erbe und nicht zuletzt unsere Verantwortung
für die bildungspolitischen Voraussetzungen drängen sich in einer Stadt
wie Würzburg geradezu auf. Das Motto beschwört also in erster Linie die
gewiß inspirierende Substanz der Würzburger Kunstgeschichte, mit der
sich zu konfrontieren auch Orts- und Museumstermine, Ausstellungen und
Exkursionen Gelegenheit geben werden. Es regt darüber hinaus die
Auseinandersetzung mit der Frage an, wie wir uns in Zeiten einer sich an
globale, manchmal ortlos verschwimmende Weiten gewöhnenden
Kunstwissenschaft der Herausforderung des historisch gewachsenen,
komplexen Systems einer lokalen Identität angemessen stellen können.

Interessierte Kolleginnen und Kollegen sind herzlich aufgefordert, ihr
Exposé (1-2 Seiten) an die Geschäftsstelle des VDK zu senden.

Die Auswahl der Vorschläge (pro Sektion sind fünf 30-minütige Vorträge
möglich) nehmen in gemeinsamer Sitzung die Sektionsleiter/innen und die
Vorstandsmitglieder vor.

Einsendeschluß für Exposés: 25. Mai 2010.

Verband Deutscher Kunsthistoriker e.V.
Haus der Kultur
Weberstraße 59a
D-53113 Bonn

E-Mail:
infokunsthistoriker.org

Sektionen:

(1)
Früh- und hochmittelalterliche Buchmalerei

Würzburg war seit Gründung des Bistums im 8. Jahrhundert ein wichtiges
Zentrum der Buchmalerei, wie illuminierte Handschriften des 8. und 9.
Jahrhunderts belegen; bekannt sind illuminierte Handschriften aus
Würzburg ebenso aus ottonischer Zeit wie aus dem 13. Jahrhundert. Der
Tagungsort lädt zur Frage ein, welche Bedeutung Kathedrale und Klöstern
bei der Buchproduktion von der ottonischen Zeit bis ins ausgehende 12.
Jahrhundert zukam und welche Anregungen dabei berücksichtigt wurden.
Neben den Problemen von Stil und Ikonographie rückten in den letzten
Jahren in der Forschung zur Buchmalerei vermehrt auch Fragen zur
Funktion des Buchschmucks und zur Organisation und Arbeitsweise von
Ateliers in den Blick. Neue Fallbeispiele können die vielfach
ungeklärten Entstehungsbedingungen von Handschriften im Hoch- und
Spätmittelalter weiter erhellen. Welche Rolle spielen laikale, nicht bei
geistlichen Gemeinschaften angesiedelte Buchmalerateliers in den
Städten? Inwieweit kam es zu Herstellung und Buchschmuck unter
Bedingungen von Arbeitsteiligkeit und Spezialisierung? Welche
Verbindungen – Beziehungen, Abhängigkeiten, Differenzen – gibt es in
dieser Zeit zwischen Buchmalerei und Wandmalerei?

Wolfgang Augustyn, München / Fabrizio Crivello, Turin

(2)
Dekorationssysteme für repräsentative Profanräume im Mittelalter.
Kontexte – Bildformen – Traditionslinien.

Der Tagungsort bietet mit dem sog. Wenzelsaal in dem bis heute als
Rathaus genutzten Amtssitz des bischöflichen Schultheißen von Würzburg
ein herausragendes Denkmal für die Ausstattung von Repräsentationsbauten
in hochmittelalterlicher Zeit. Dies sollte Anlaß sein, die in der
Forschung noch immer zu wenig präsenten Fragen nach den
Dekorationssystemen für Profanbauten im Mittelalter auf eine breitere
Materialbasis zu stellen. Dazu können Schriftquellen zu den
Bildprogrammen von Abts- oder Bischofspfalzen im frühen und hohen
Mittelalter ebenso beitragen wie Befunde zur Ausstattung von Adelssitzen
oder Patrizier- und Bürgerhäusern des Spätmittelalters. In methodischer
Hinsicht sollten Aspekte des Raumbezugs und der Raumbindung von Bildern
und Zyklen Berücksichtigung finden, aber auch nach regionalen wie
zeitlichen Schwerpunkten in der Verteilung religiöser oder profaner
Bildthemen wäre in diesem Kontext zu fragen. Formen der
Selbstdarstellung sowie Fragen der Herrscherrepräsentation können dabei
ebenso ins Zentrum gerückt werden wie die vielfältigen Lösungen für
Raumfiktionen und illusionistische Öffnungen nach außen. Ferner sollte
der Rolle von rahmenden und heraldischen Elementen in bilderlosen
Dekorationssystemen der gebührende Platz eingeräumt werden. Besonders
willkommen sind darüber hinaus Untersuchungen zum Anteil von
Bildteppichen und textilen Ausstattungselementen am Gesamtprogramm. Mit
einem Ortstermin im Wenzelsaal und einer Exkursion zur Gamburg sollen
die regionalen Beiträge zum Sektionsthema eine angemessene Beachtung
finden.

Matthias Exner, München / Harald Wolter von dem Knesebeck, Bonn

(3)
Spätmittelalterliche Skulptur: Stilerneuerung und Stiltradition

In den Forschungen zur spätmittelalterlichen Skulptur sind Stilfragen
nach wie vor von großer Bedeutung. Neuentdeckte, neubestimmte oder
aufwendig restaurierte Werke verändern fortwährend das gewohnte Bild. In
Würzburg soll vor dem Hintergrund des „Riemenschneider-Kultes“ eine
aktuelle Standortbestimmung vorgenommen werden, wobei außer den
Vorträgen in der Sektion auch Ortstermine vor ausgewählten Objekten
angeboten werden. Im Zentrum sollen Fragen rund um den „Individualstil“
stehen: Fragen der Stilbildung, der Stilwahl und des Stilbewußtseins
sowie des internationalen Renommees einzelner Künstler (Prager Bildhauer
um 1400, Nikolaus Gerhaert, Veit Stoß). Kontinuitäten und
Diskontinuitäten können aufgezeigt, gängige Entwicklungsmodelle
überprüft werden. Gefragt wird auch nach dem Weiterwirken von
Traditionen, nach der Verpflichtung eines Bildhauers auf bestimmte
Vorbilder seitens der Auftraggeber. Außerdem soll die regionale
Einbindung des Künstlers thematisiert werden, so daß sich die
Gelegenheit zu einer kritischen Reflexion über den Begriff der
„Kunstlandschaft“ ergibt. Erwünscht sind Beiträge zum gesamten
Themenspektrum. Dabei reicht die vorgesehene Zeitspanne von etwa 1350
bis 1530. Gedacht ist an eine Konzentration auf den deutschsprachigen
Raum, doch sind Beiträge zum Austausch mit den Nachbarländern ebenso
willkommen.

Julien Chapuis, Berlin / Claudia Lichte, Würzburg / Ulrich Söding, München

(4)
Um 1530

Die Periodisierung der europäischen Kunstgeschichte zwischen dem
mittleren 14. und dem frühen 17. Jahrhundert ist heute offener denn je.
Die in den vergangenen zwanzig Jahren intensivierte Erforschung der
nordalpinen Renaissance hat die Epochengrenzen zusätzlich relativiert.
Ziel der Sektion ist es nicht, den Renaissancebegriff neu zu diskutieren
oder alternative Periodisierungstheorien zu entwickeln, sondern eine in
der Kunstgeschichtswissenschaft vielfach explizit oder implizit
gesetzte, doch selten explizit reflektierte Zäsur zu prüfen: „Um 1530“.
Der mittlerweile hohe Forschungsstand hinsichtlich des innereuropäischen
Kulturtransfers und der Rezeptionsgeschichte dürfte es heute
ermöglichen, die mutmaßliche Zäsur im gesamteuropäischen Spektrum zu
befragen. Die historischen Ereignisse, die künstlerischen Austausch –
sowohl Aufnahme wie Abgrenzung –begünstigen, sind zwischen der Schlacht
von Pavia 1525 und dem Einzug Karls V. in Rom 1536 von großer Dichte;
der Sacco di Roma 1527, der protestantische Bildersturm, die Krönung
Karls V. in Bologna 1530 und die Confessio Augustana vom selben Jahr
seien stellvertretend genannt. Was aber ändert sich aus der Sicht der
heutigen Forschung in Bildkünsten und Architektur? Ist in den Jahren um
1530 ein Umbruch zu konstatieren, der die Kunstgeschichte südlich und
nördlich der Alpen gleichermaßen betrifft, auch wenn stilistische
Verschiebungen unverkennbar bleiben? Läßt sich um 1530 von einem
besonders hohen Innovationspotential oder einem ästhetischen
Paradigmenwandel sprechen? Ist „um 1530“ eine valable Zäsur?

Nicole Riegel, Würzburg

(5)
Barocker Schloßbau in Süddeutschland

Die Fülle und der Variationsreichtum süddeutscher Schlösser der
Barockzeit entsprechen der Vielfalt der politischen Landkarte
Süddeutschlands im 17. und 18. Jahrhundert. Infolge des künstlerischen
Wettstreits vieler das kulturelle und künstlerische Leben bestimmender
Kräfte sind nicht nur in den bedeutenden Territorien Süddeutschlands,
wie in Baden, Bayern und Württemberg, sondern auch in den vielen
weltlichen und geistlichen Duodezfürstentümern wichtige Barockschlösser
entstanden, von denen einige sogar zu den glanzvollsten der Epoche
zählen. Die Erforschung dieser Bauten, die seit etwa einem Jahrhundert
in Gange ist, konzentrierte sich bisher vor allem auf Probleme der
Zuschreibung an einzelne Architektenpersönlichkeiten, insbesondere im
Zusammenhang der sog. „kollektivistischen“ Planungsmethode des
Spätbarocks, ferner auf die Typologie und nicht zuletzt auf stilistische
und städtebauliche Aspekte. Wenn auch hier noch längst nicht alle Fragen
beantwortet sind, so hat sich doch in den letzten Jahren das
Forschungsinteresse auf weitere Fragenkomplexe ausgedehnt, die in der
Sektion vorrangig behandelt werden sollten: Im Zuge der Erforschung der
höfischen Kultur allgemein und insbesondere der höfischen
Zeremonialkultur verfolgt die jüngere Forschung zum Beispiel den
Zusammenhang zwischen der Raumkonzeption bzw. dem Raumprogramm eines
Schlosses und den Anforderungen an das höfische Zeremoniell, das sich je
nach Fürstenhof durchaus recht unterschiedlich gestalten konnte.
Überhaupt gilt Fragen der Funktion, d. h. der Nutzungsanforderungen an
das Schloß, und deren Zusammenhang mit der formalen Gestaltung des
Bauwerks seit einigen Jahren das besondere Interesse der
Residenzen-Forschung, wobei wiederum grundsätzlich nach den
verschiedenen Schloßtypen (z. B. Stadtschloß, Lustschloß etc.) zu
differenzieren ist. Nach wie vor verdient auch das Planungsprozedere
große Aufmerksamkeit; denn fraglich ist, ob das Modell eines
„kollektivistischen“ Prozesses, so wie es vor etwa 90 Jahren postuliert
wurde, noch als Erklärungsmuster für die vielgestaltigen
Planungsvorgänge, denen ein Schloß unterworfen war, tauglich ist. Die
Logistik der baulichen Realisierung bis hin zur technischen
Infrastruktur (wie z. B. Wasserversorgung, Abwässerentsorgung,
Sanitäranlagen, Entlüftung, Beheizung usw.) ist eine weitere mögliche
Fragestellung der Sektion. In den Blickpunkt des Interesses geriet durch
die jüngere Forschung auch die ikonographische Aussage der Bauten, wie
sie sich etwa in der Bauplastik und der Ausstattung der Räumlichkeiten
niederschlug. Nicht zuletzt finden Fragen des ästhetischen Maßstabs und
des sog. „Anspruchsniveaus“ verstärkte Aufmerksamkeit. Zu all den
genannten Aspekten sind Vorschläge für Referate erwünscht.

Stefan Kummer, Würzburg

(6)
Legitimation durch Fiktion. Neue Forschungen zur Kunst der
Repräsentation in profanen Bildprogrammen der Frühen Neuzeit

Die Sektion möchte neue Forschungsansätze sondieren, die jenseits der
„patronage studies“ Alternativen zu einem bloß funktionalistischen
Verständnis profaner Ausstattungsprogramme entwerfen. In der profanen
Ausstattungskunst von Raffael bis Tiepolo wird Einzelpersonen oder
Institutionen im Medium des Bildes – vorzüglich unter Rekurs auf antike
Mythologie und Geschichte – eine Legitimation verschafft, die aus der
Erfahrungsrealität nicht zu gewinnen war. Die Fiktion ist der Schlüssel
zur legitimierenden Aufgabe der Kunst, die dafür seit der
Hochrenaissance eine eigene, ‚selbstbewußte’ Wirklichkeit konstituiert.
Welcher Art ist diese neue Dualität von Autonomie und Heteronomie der
Malerei? Wie ist es zu erklären, daß ihr Vermögen, sich selbst die
Gesetze zu geben, sich gerade in einer Epoche entfaltet, in der die
Malerei wie nie zuvor im Dienst von Repräsentation und Affirmation
steht? Wie werden aus propagandistischen Programmen „Denkmäler eines
höhern Seins“ (J. Burckhardt)? Und welche künstlerischen Mittel waren
notwendig, damit das Kunstwerk überhaupt zu einer Wirklichkeit eigener
Ordnung werden konnte – einer Wirklichkeit, die zwar viele Verbindungen
zur real-kontingenten Sphäre des Betrachters aufweist, aber daneben eine
souveräne Geltung besitzt, weil sie als etwas Gestaltetes (etwas
Fiktionales) ein ‚Reich für sich’ behauptet? Aus den Grundmechanismen,
die zur Eigenwirklichkeit des Bildes in profanen Dekorationen beitrugen,
ergeben sich mögliche Arbeitsfelder der Sektion: Rahmensysteme und
Fiktionalisierung; Gestaltung nach ornamentalen Prinzipien; Unnahbarkeit
und Zugänglichkeit des Bildes; Abgrenzung zu sakralen Bildprogrammen;
Mythologie und Idealisierung; Mythologie und Allegorisierung.

Damian Dombrowski, Würzburg

(7)
Interieur

Forschungen der letzten Jahre, die nach den situativen Kontexten
und/oder nach dem performativen Gebrauch von Kunstwerken fragten, haben
dabei gelegentlich auch die lange vernachlässigten angewandten und
ephemeren Künste wieder in den Blick genommen. Architekturstudien, die
das Funktionieren eines Bauwerks oder seine zeitweilige, einem
bestimmten Anlass dienende Transformation untersuchten, haben dabei mit
Gewinn nicht nur die baulichen Gegebenheiten, sondern auch die
Ausstattung berücksichtigt. Studien zum Themenkreis von Ritual und
Zeremoniell evozierten auch die Räume und die Gegenstände, die für deren
Vollzug benötigt wurden. Offenbar ist das Konzept „Interieur“ geeignet,
Strategien für die Wirksamkeit und unterschiedliche Modi der Rezeption
von Kunstwerken zu erschliessen. Die Sektion „Interieur“ will den
diversen Gattungen der angewandten und der ephemeren Künste ein Forum
bieten und dabei vorrangig nicht Einzelobjekte thematisieren, sondern
Ensembles, zumal solche, die Räume konstituieren bzw. für spezifische
Situationen konfigurieren. Das Themenfeld umfasst die Analyse oder
Rekonstruktion überlieferter Interieurs, die Bestimmung ihrer
konstitutiven Elemente und deren Verhältnis zueinander, ihr
Funktionieren im situativen Kontext, die Frage nach den Akteuren
(Auftraggeber, Künstler/Kunsthandwerker, Nutzer), Konzepte von Neu- und
Umnutzungen sowie das Verhältnis von Tradition und Innovation (etwa wenn
überlieferte Elemente einem neukonzipierten Interieur eingegliedert oder
zum Ausgangspunkt einer Neugestaltung werden). Andere Fragestellungen
sind natürlich ebenfalls willkommen.

Birgitt Borkopp-Restle, Bern

(8)
Quellenprobleme der Gartenkunstgeschichte

Gartenkunst bedarf als kunsthistorischer Forschungsgegenstand auf
besondere Weise einer Problematisierung des Quellenbestandes, da es sich
bei Gärten um künstlerische Artefakte handelt, denen eine permanente
Veränderung und damit einhergehend ein beständiger Substanzverlust
eignet. Wie bei keiner anderen Gattung ist die gartenkunsthistorische
Forschung und gleichermaßen die Gartendenkmalpflege bereits bei der
Konstitution ihrer Gegenstände auf Sekundärquellen angewiesen:
Zeichnungen, Gemälde, Druckgraphiken sowie Pläne auf der einen und
Textzeugnisse (Garteninventare, Gartenführer, Gartenbeschreibungen etc.)
auf der anderen Seite. In einem hohen Maß fungieren Bilder und Texte in
einem solchen Gattungsrahmen nicht nur als Reproduktionsmedien mit
stabiler Referenz, sondern auch als Dokumentationsmedien. Bild- und
Textmedien sind jedoch von einem Eigenleben bestimmt, normativen Mustern
wie Genreansprüchen und funktionalen Erwartungen unterworfen, die den
Zeugnischarakter unterlaufen. Ziel der Sektion ist es, die
Auseinandersetzung mit gartenkunsthistorischen Quellen bild- und
textwissenschaftlich sowie diskursanalytisch zu fundieren. Erwünscht
sind Beiträge, die den spezifischen Quellenwert von bildlichen und
textlichen Gartendarstellungen und Gartenkunsttheorien, aber auch von
archäologischen Artefakten reflektieren und die als Quellen in Frage
kommenden Dokumente kritisch und exemplarisch systematisieren. Die
Fokussierung auf kunsthistoriographische Fragen im engsten Sinne soll
auch dazu anregen, die oft marginalisierte Gattung Gartenkunst dezidiert
als kunsthistoriographisches Themenfeld in Anspruch zu nehmen.

Stefan Schweizer, Düsseldorf

(9)
Zeichnung in Kunst und Wissenschaft. Zwischen Darstellungsmedium und
Erkenntnisinstrument

Die Zeichnungsforschung fand in den letzten Jahren nach einer langen,
fruchtbaren Phase eher peripherer Expertenneugier in die Mitte der
Kunstgeschichte und des zeitgenössischen Diskurses zurück. Sie hat
insbesondere auf drei Gebieten spektakuläre Fortschritte gemacht: (1.)
in der kennerschaftlichen Erschließung und Neubewertung bedeutender
Künstler-Zeichnungen, darunter so hochkomplexer wie umstrittener Œuvres
wie die von Michelangelo und Rembrandt, (2.) in der Erkundung zentraler
Erkenntnisinstrumente der neueren Kunst-, Kultur- und
Wissenschaftsgeschichte sowie schließlich (3.) im Prozeß eines sich
erweiternden Kunstbegriffs und Kunstbetriebs, in dem die Zeichnung ihrer
strukturellen Offenheit wegen zu einem Leitmedium avancierte. So sind
exemplarische, methodisch reflektierte Beiträge zu folgenden
Themenfeldern willkommen:

1. Historische Typologie, Funktion und Graphologie der Zeichnung /
Geschichte der Zeichnungsforschung / Aporien der Kennerschaft -
„Kennerschaft“ heute / das „vergleichende Sehen“ / Memorial- und
Differenzierungsleistungen - neurowissenschaftliche Aspekte der Kennerschaft
2. Fundamentalbegriff Disegno / Die Zeichnung im Universum der Forschung
und der Wissenschaften, u. a. in der Natur- und Völkerkunde, der
Psychologie, Anthropologie und Morphologie, der Geschichtswissenschaft
(iconic turn), der Kunstgeschichte.
3. Entgrenzung: Die „unklassische“ Zeichnung / neue Formen der
Bilderzählung (Manga, Comic, Zeichentrick- und Digitalfilm) /
internationale Metazeichen (Graffiti, Piktogramm, technische
Illustration) / diskursive „Räume der Zeichnung“ / Zeichnungen in Raum
und Zeit (Licht, Laser, Hologramm, Feststoff-Linien) / Zeichnung als
life skill: das Kind, der Dilettant, Du und Ich (jeder Mensch ist ein
Zeichner).

Der Sektion geht einer der offenen Ortstermine voraus. Unter dem Motto
draw in – teach in können sechs Teilnehmer/-innen des
Kunsthistorikertages einen jeweils 15-minütigen Impulsvortrag
vorbereiten, in dem sie ihre Thesen über ein Werk der Graphischen
Sammlung des Martin-von-Wagner-Museums vor dem Original zur Diskussion
stellen. Auch von diesen Beiträgen wird eine exemplarische Note, eben
ein Impuls für die Zeichnungsforschung und ihre Methodik erwartet.
Erwünscht sind Zuschriften sowohl für Vorträge in der Hauptsektion als
auch kürzere Exposés für den Ortstermin.

Heinrich Schulze Altcappenberg, Berlin

(10)
Architekturzeichnungen vom 17. bis zum 20. Jahrhundert:
Verführung zum Bauen

Die Sektion widmet sich einem lange vernachlässigten Thema, das aber in
letzter Zeit vor allem als Bindeglied zwischen Technik und
Kunstgeschichte zunehmend Interesse findet. Die Architekturzeichnung
nimmt unter den Handzeichnungen eine Sonderstellung ein. Ihr technischer
Charakter führt oft zu einer Unterbewertung der künstlerischen Qualität;
sammlungsgeschichtlich hat sie daher einen anderen Stellenwert als die
figürliche Zeichnung. Für den Architekten ist die Zeichnung das Medium
des Entwurfs wie der Vermittlung. Das Spannungsverhältnis zwischen
Bautechnik und künstlerischem Impuls führt zu einem komplexen
Referenzsystem von Visualisierungs- und Kommunikationsstrategien vor
allem im Bereich der Präsentationszeichnung. Wie entwickelte sich die
zunehmende Ästhetisierung der Zeichnungen? Wie ist das Verhältnis von
eventuell wechselseitigem Einfluß der Illustrationen topographischer
Stichwerke auf die Präsentationszeichnung? Entsteht durch den
zunehmenden Bildcharakter der Zeichnungen im Verlauf des 18.
Jahrhunderts ein Verlust an Funktionalität? Wie wirkt sich die
Entwicklung der technischen Zeichnung auf die Architekturzeichnung aus?
Wie reagiert eine Zeichenkunst, die der orthogonalen Darstellung
verpflichtet ist, auf die Unmöglichkeit, komplexe kurvierte Räume
wiederzugeben? Welchen Stellenwert erhält die Vermittlung sozialer
Utopien durch die Architekturzeichnung seit dem Ende des 18. Jahrhunderts?

Elisabeth Kieven, Rom

(11)
Stadtbaukunst: Zerstörung und Wiederaufbau

Der Wiederaufbau nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs prägt bis
heute viele unserer Städte. Allerdings läßt sich in jüngerer Zeit
vielenorts eine erneute Überformung der Stadtstruktur feststellen, die
sich oft an älteren Paradigmen der sog. Europäischen Stadt orientiert,
dabei aber nicht selten Qualitäten der Wiederaufbauplanung negiert. Der
Tagungsort, an dem gegenwärtig solche Prozesse virulent sind, soll daher
Anlaß sein, um nach den Planungen von städtebaulichen Umgestaltungen
für, im und nach dem Zweiten Weltkrieg, nach Projekten, Ideen,
Protagonisten und Akteuren zu fragen. Zu diskutieren sind Konzepte des
Wiederaufbaus: von der Rekonstruktion oder angepaßten Erneuerung der
alten Stadt bis hin zur willkommenen Chance zum Neubeginn. Gefragt wird
aber auch nach der Wirkungsgeschichte des Wiederaufbaus: Welche Chancen
und Defizite haben aus den Wiederaufbauplanungen resultiert, wie
beurteilte man die Planungen in den Jahrzehnten danach und wie werden
sie heute gesehen, wie geht man mit ihnen um?
Vorausgesetzt wird von den Referent/innen dieser Sektion die
Bereitschaft zur Teilnahme an einem Vorbereitungstreffen im Herbst 2010,
um aus gegebenem Anlaß die Fragestellungen der Sektion am Beispiel von
Würzburg mit den lokalen Akteuren zu diskutieren.

Hans-Rudolf Meier, Weimar

(12)
Kunstgeschichte und Bildung

Zahlreiche kunsthistorische Institute bzw. Professuren sind für den
fachwissenschaftlichen Anteil in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung für
das Fach Kunst (mit) zuständig. Hier findet das Studium künftiger
Lehrerinnen und Lehrer zu den Themen und Bereichen der Bildkompetenz,
der Vermittlung des kulturellen Erbes, der schichtenübergreifenden
Hinführung zur Teilhabe an den kunsthistorischen Schätzen in den Museen
und in den Städten, der Verankerung der Denkmalpflege in der schulischen
Bildung etc. statt – oder es sollte dies zumindest. Zugleich sind in
aller Regel keine Kunsthistoriker an der Ausgestaltung von
Bildungsplänen und -standards sowie von Curricula beteiligt. Auch nimmt
das Fach keinen Einfluß auf die Ausformulierungen von Fachdidaktiken,
Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien. Damit aber prägt es – im
Unterschied zu beinahe allen anderen Fächern (wie Germanistik,
Geschichte, die Philologien, weiter auch Mathematik, Physik, Chemie
usw.) – ein entscheidendes Feld seiner gesellschaftlichen Verankerung
nicht mit, sondern überläßt die Fragen von Legitimation und Inhalten
Nichtkunsthistorikern.
Die Sektion „Kunstgeschichte und Bildung“ möchte nach dem Beitrag und
der Verantwortung der Kunstgeschichte in Bildungsprozessen fragen.
Exemplarische Fragen sind: Soll es einen Kanon geben? Soll
kunsthistorisches Wissen als Kulturvermittlung oder auch als
Wissenschaftspropädeutik unterrichtet werden? Wie kann Kunstgeschichte
in einem Einwanderungsland aussehen? Welche Rolle soll die vormoderne
Kunst spielen und gehört mittelalterliche Kunst in die Schule
(gegenwärtig werden zahlreiche Kunstgeschichtsprofessuren in der
Lehrerbildung umgewidmet in Professuren für Kunstgeschichte des 20. und
21. Jahrhunderts)? Wie lassen sich Werke der abendländischen
Kunstgeschichte (der Kölner Dom etwa) an muslimische Kinder vermitteln?
Ist das Studium der Originale unerläßlich – müssen also außerschulische
Lernorte verpflichtend gefordert werden? Sollen nur noch „Bilder“
behandelt werden (wie zunehmend in den politischen Vorgaben zu
beobachten) – oder auch Architektur und Raum? Gewünscht sind sowohl
grundsätzliche und übergreifende Beiträge wie die Diskussion von
exemplarischen Einzelfragen.

Barbara Welzel, Dortmund

Verband Deutscher Kunsthistoriker e.V.
Institut für Kunstgeschichte der Universität Würzburg

XXXI. Deutscher Kunsthistorikertag,
Universität Würzburg, 23.-27. März 2011

http://www.kunsthistorikertag.de

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Dr. des. Marcello Gaeta
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Verband Deutscher Kunsthistoriker e.V.
Haus der Kultur
Weberstraße 59a
53113 Bonn

Kontakt:
Telefon +49 (0)228 18034-182
Telefax +49 (0)228 18034-209
E-Mail infokunsthistoriker.org

Homepage:
http://www.kunsthistoriker.org

Erster Vorsitzender: Prof. Dr. Georg Satzinger
Geschäftsführerin: HD Dr. Katharina Corsepius
Vereinsregister: Amtsgericht München VR 4325

Reference:
CFP: 31. Deutscher Kunsthistorikertag (Wuerzburg, 23-27 Mar 11). In: ArtHist.net, Apr 20, 2010 (accessed Sep 16, 2025), <https://arthist.net/archive/32526>.

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