II. (1527-1598)
Studientag
Zwischen Lust und Frust. Die Kunst in den Niederlanden und die Kunst am
Hof Philipps II. (1527-1598)
Datum: Donnerstag, 11. 02. 2010 und Freitag, 12. 02. 2010
Ort: Universität Stuttgart, Senatssaal, Keplerstraße 7, 70174 Stuttgart
Als Philipp II. 1558 endgültig die Amtsgeschäfte von Karl V. übernimmt
und damit auch die Oberherrschaft über die Niederlanden, knüpften die
Provinzen und Städte bereits große Hoffnungen an ihn, formuliert
anlässlich seiner Reise durch die Niederlande von 1549 und 1556. Die
endgültige Verlegung des Regierungssitzes von Brüssel nach Madrid, die
Einsetzung Margaretes von Parma zur Statthalterin der Niederlande, die
Entmachtung Kardinal Granvellas und die Missachtung alter städtischer
und ständischer Privilegien hatten den Aufstand zur Folge. Der offene
Kampf der nördlichen Provinzen gegen die zentralistischen Bestrebungen
Philipps und die Entsendung Alvas (1567) führten innerhalb von 40 Jahren
zu grundlegenden Veränderungen der politischen Verhältnisse in den
Niederlanden. Dies blieb auch für die Kunst und die Künstler nicht ohne
Folgen. Viele Maler sehen ihre Werke 1566/67 im Bilderstrum zerstört,
andere mussten auf Grund ihrer politischen und religiösen Überzeugungen
in toleranteren Provinzen und Ländern Zuflucht suchen. Das blühende
kulturelle Leben der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts drohte zu
erlahmen. Maarten van Heemskercks Serien zum alttestamentarischen
Bildermissbrauch oder Bruegels „Bethlehemitischer Kindermord“ können als
kritische Kommentare zu den von Philipp II. ausgelösten
religiös-politischen Entwicklungen verstanden werden.
Auf der anderen Seite darf aber nicht übersehen werden, dass Philipp II.
nicht nur einer der bedeutendsten Sammler niederländischer Kunst war,
sondern auch einer ihrer größten Förderer und Mäzene. Von ihm gingen
bedeutende Aufträge an Michel Coxcie, Frans Floris oder den Bildhauer
Jacques Jongelinck. Noch in den 60er Jahren erscheinen Graphiken
niederländischer Künstler die Philipp gewidmet waren. Mit seiner
umfassenden Sammlung frühniederländischer Kunst und seiner Förderung
niederländischer Künstler steht Philipp in der Tradition Margarete von
Österreich und Maria von Ungarn. Große Teile von deren Sammlungen gehen
durch Erbschaft auf Philipp über. Durch seine Tante Margarete hatte
Philipp in Brüssel Kunst von hoher Qualität schätzen gelernt, doch trat
er außerhalb Spaniens vor seiner Krönung als Mäzen nicht in Erscheinung.
Als König von Spanien war es Philipps Anliegen, europäische Kunst von
Rang in seinem Land anzusiedeln. Mit dem burgundischen Erbe und den
ererbten Kunstschätzen übernahm er auch das Sammlungskonzept. Dieses
erfuhr aber während Philipps Regierungszeit durch den Bau des Escorial,
durch seine sich wandelnden Interessen, als auch durch die enorme Größe
und Vielseitigkeit theoretische und praktische Wandlungen, die für die
Geschichte des Sammelns von großer Bedeutung sind. Philipp setzte
Maßstäbe für einen „megacollector“, wie Jonathan Brown ihn nannte. Seine
Sammlung war die größte, die ein einzelner Mensch im 16. Jh.
zusammengetragen hatte. Mit Philipp zeigte sich eine Form des
Mäzenatentums, das zwar in der Dynastie der Habsburger durch Maximilian
I. und Karl V. bereits ansatzweise angelegt war und der Stellung eines
Königs entsprach, aber keineswegs üblich war.
Mit seiner Sammlung gelang es Philipp, die niederländische Malerei mit
den zeitgenössischen Venezianern zu vereinen und die Basis für die
spanische Malerei zu legen. In seiner 42-jährigen Regierungszeit
erreichte die Kunst in Spanien europäisches Niveau, vor allem aber
begann mit ihm eine eigene Identität. Die vor Philipp in Spanien gering
geschätzte Kunst ereichte einen neuen Stellenwert und höfisches Niveau,
das die Voraussetzung für das „siglo de oro“ werden sollte.
Der Studientag soll Anlass sein, einerseits die Komplexität der
Beziehungen zwischen Philipp II. und den niederländischen Künstlern zu
diskutieren, andererseits seine Verbundenheit und kulturelle
Verwurzeltheit in der burgundischen sowie niederländischen Kultur zu
hinterfragen sowie den Einfluss italienischer Künstler wie Tizian und
Federico Zuccaro in Spanien einzusehen. Der eng zeitlich umrissene
Rahmen soll die Möglichkeit geben, die sowohl für die Niederlande als
für Spanien entscheidenden Jahre parallel und einer vergleichenden
Perspektive zu betrachten. Damit schließt der Studientag an Lehr- und
Forschungsschwerpunkte zu Philipp II. (Poeschel) und zur
niederländischen Kunst und Kulturgeschichte (Büttner / Weissert) als
auch an dem am Institut für Kunstgeschichte und der Hochschule für
Bildende Künste verankerten Forschungsschwerpunkt zur Museologie an.
Programm:
Donnerstag, 11. 02. 2010
18.00 – 19.30 Uhr
• Reinhard Steiner, Universität Stuttgart:
Begrüßung
• Victor Stoichita, Universität Fribourg:
Die zweite Haut. Niederländische, italienische und spanische Rüstungen
des 16. Jahrhunderts
Freitag, 12. 02. 2010
10.00 – 13.00 Uhr
• Nils Büttner, Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart:
Cornelis Van Dalem und die niederländische Landschaftskunst zur Zeit
Philipps II. (1527–1598)
• Caecilie Weissert, Universität Stuttgart:
Zwischen Herrschafts- und Bürgertugend. Frans Floris Herkuleszyklus im
Hause des Niclaes Jongelinck in Antwerpen.
11.30 – 12.00
• Kaffeepause
• Wolfgang Cilleßen, Historisches Museum Frankfurt/M.:
Der Bildwerdung der schwarzen Legenden. Der Bilderkampf der Niederlande
gegen Spanien, Frankreich und England
13.00 – 14.30 Uhr
• Mittagsimbiss
14.30 – 18.00 Uhr
• Sabine Poeschel, Universität Stuttgart:
Le quali pitture sono appresso il re Catolico molto care. Italienische
Kunst in der Sammlung Philipps II.
• Bettina Marten, Technische Universität Dresden:
„'Spanische Kunst' am Hofe Philipps II. - Oder: Was ist mit 'Spanischer
Kunst' gemeint?“
16.00 – 16.30 Uhr Kaffeepause
• Michael Scholz-Hänsel, Universität Leipzig:
Der Escorial im Kanon der Kunstgeschichte
18.00 Uhr
• Abschlussdiskussion
Veranstaltet vom:
Institut für Kunstgeschichte. Universität Stuttgart
Keplerstraße 17
70174 Stuttgart
http://www.uni-stuttgart.de/kg1/
Kontakt: sekretariatikg.uni-stuttgart.de
In Zusammenarbeit mit der
Staatliche Hochschule der Bildenden Künste Stuttgart
Fachgruppe Kunstgeschichte und Kunsttechnologie
http://www.abk-stuttgart.de/kg/
Kontakt: rest.gemaeldeabk-stuttgart.de
Reference:
ANN: Zwischen Lust und Frust - Studientag (Stuttgart, 11-12 Feb 10). In: ArtHist.net, Jan 27, 2010 (accessed Jun 25, 2025), <https://arthist.net/archive/32178>.