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Tagung „ANDREA POZZO - zum 300. Todesjahr“
Wien, September 2009
Am 31. August 2009 jährt sich der 300. Todestag von Andrea Pozzo. In Wien
befinden sich nicht nur wichtige Spätwerke der Freskomalerei des Jesuiten,
in Wien verbrachte er auch seine letzten Lebensjahre und in Wien wurde er
schließlich begraben. Dies ist Anlass für eine internationale Tagung, die
im September 2009 in Wien von der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften (Kommission für Kunstgeschichte) organisiert werden wird.
Sie will sich vorrangig der Deckenmalerei Pozzos zu widmen und versuchen,
deren Dimensionen und Kontexte herauszuarbeiten. Das Symposium wird sich
der Neubewertung seiner Wiener Werke widmen, aber ebenso weiterreichenden
Fragestellungen, die für Pozzos gesamtes Freskowerk Gültigkeit haben. Die
erhaltenen Wiener Werke, also die Neugestaltung und malerische Ausstattung
der Universitätskirche, die Freskierung des Herkulessaales im Gartenpalais
Liechtenstein und der aus Kulissen gefügte Hochaltar der
Franziskanerkirche, geben auch die Objekte der möglichen Untersuchungen
vor: Ausstattung eines Gotteshauses der Gesellschaft Jesu,
Neuinterpretation / Umwertung von Architektur mittels Malerei, Funktion
der Scheinarchitektur, fürstlich-profaner Repräsentationsauftrag an einen
Jesuiten und dessen Erfüllung, der Hochaltar und seine Inszenierung, das
theatrum sacrum.
Folgende Themenkreise sollen im Mittelpunkt stehen:
1) Pozzo und jesuitische Identität: Ignatianische Spiritualität als Movens
und Leitbegriff künstlerischer Gestaltung: Lässt sich die These des
Einflusses der (in den Exercitia spiritualia von Ignatius von Loyola
kodifizierten) Spiritualität des Jesuitenordens auf die Kunstäußerungen
des Ordens gerade bei Andrea Pozzo verifizieren?
2) Pozzo und die Rhetorik der Bildkünste: Definiert sich die
offensichtliche, im Dienst der Persuasio stehende Wirkungsmacht der
Deckenmalerei Pozzos, über die klassische, rhetorisch strukturierte Rede?
In welchem Ausmaß sind Darstellung und Inhalt von Pozzos Fresken durch
Übertragung des Aufbaus der Rede und/oder einzelner Figuren des
Redeschmucks gegliedert? Nehmen die Rhetorik in jesuitischer Literatur
bzw. die jesuitische Beschäftigung mit Rhetorik Einfluss auf Pozzos Werk?
3) Pozzos Bildräume und Liturgie: „Mit der Änderung konfessioneller
Inhalte änderten sich die Liturgien, mit den Liturgien die Orte, und damit
verbunden die räumlichen Strukturen und Ausstattungen des Kultraumes, die
den jeweiligen liturgischen Erfordernissen Rechnung zu tragen hatten“
(Andreas Gormans, 2007). Lässt sich liturgie, bzw. lassen sich Änderungen
der Liturgie oder der Frömmigkeitspraktiken der Gesellschaft Jesu mit den
Fresken Pozzos bzw. mit den von ihnen geschaffenen Bildräumen in
Verbindung bringen? Gibt es Wechselwirkungen?
4) Perspektive, Augpunkt und Optik: Befragung von Konstruktion und
Funktion der Perspektive (bei Vertikal- und Horizontalprojektion), weiters
der Bildsysteme mit einem oder mehreren Augpunkten und damit verbunden der
These des „bewegten“ Betrachters. Das Verhältnis von architektonischer
Illusionsmalerei und Realarchitektur, im Besonderen unter Berücksichtigung
der Theatri Sacri, wäre zu verfolgen. Aber auch Pozzos Bezüge zur
Anamorphose, zur Wissenschaft der Optik gehören ebenfalls in diese
Sektion. In welchem Ausmaß bedingen die naturwissenschaftlichen
Forschungen in der „Societas Jesu“ Pozzos wirkmächtige Bildräume?
5) Ignatianische und Pozzosche Ikonologie: Ist jesuitische Ikonographie
durch Andrea Pozzos Oeuvre lediglich kanonisiert oder auch innovativ
erweitert worden? Welche bildertheologischen und
frömmigkeitsgeschichtlichen Positionen sind dort festzumachen? Zu fragen
wäre auch nach den Verfassern der concetti der Fresken Pozzos; in welchem
Verhältnis stand der angeblich „ungebildete“ Bruder Pozzo zu den
inhaltlichen Inventionen seiner Anlagen?
6) Rezeption und Transfer - Pozzo und die Nachwelt: Gibt es im 18.
Jahrhundert eine Verbreitung des Formenguts, des unverwechselbaren
Vokabulars Pozzos? Dies aber nicht im Sinne einer Aufzählung, wo überall
von Pozzo abgeleitete Scheinkuppeln zu finden sind, sondern im Sinn einer
Befragung der inhaltlichen Konnotationen, etwa: Werden von den Epigonen
mit der übernommenen Form auch deren inhaltliche Bindungen und die
entsprechenden Perspektivkonzepte wahrgenommen und transportiert? Welche
spezifischen lokalen Bedingungen sind mit der Rezeption oder
Nicht-Rezeption verbunden? Welche Impulse verdankt die mitteleuropäische
Tradition der Theatri Sacri Pozzos Erfindungen? Ergebnisreich wäre es
weiters, der literarischen Rezeption von Pozzos Werken nachzuspüren
(Christoph Friedrich Nicolai und andere).
Und schließlich: Welche entwicklungsgeschichtliche Rolle spielt Pozzos
Konstruktion des Scheins in der kunsthistorischen Dimensionierung
virtueller Wirklichkeiten in der Kunst der Gegenwart?
Arbeitssprachen: Deutsch, Italienisch, Englisch
Beitragsvorschläge (max. 2000 Zeichen) sind bis 31. Jänner 2009 an Herbert
Karner (Herbert.Karneroeaw.ac.at<mailto:Herbert.Karneroeaw.ac.at>) zu
senden. Die ausgewählten ReferentInnen werden bis Ende Februar 2009
verständigt.
Dr. Herbert Karner
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Kommission für Kunstgeschichte
Dr. Ignaz Seipel-Platz 2
A 1010 Wien
Herbert.Karneroeaw.ac.at<mailto:Herbert.Karneroeaw.ac.at>
www.oeaw.ac.at/kunst<http://www.oeaw.ac.at/kunst>
Reference:
CFP: Andrea Pozzo (Wien, Sep 09). In: ArtHist.net, Dec 22, 2008 (accessed May 11, 2025), <https://arthist.net/archive/31068>.