CFP 29.10.2008

Sommerkurs: Barock/Licht, Farbe (Einsiedeln, 28 Jun- 2 Jul 09)

Anja Buschow Oechslin

Stiftung Bibliothek Werner Oechslin
Luegeten 11
CH 8840 Einsiedeln

Der 10. internationale Barocksommerkurs der Stiftung Bibliothek Werner
Oechslin zum Thema Barock / Licht, Farbe findet von Sonntag, 28. Juni bis
Donnerstag 02. Juli 2009 statt.

Die Veranstaltung steht jüngeren und älteren Wissenschaftlern offen, die
sich dem Thema durch Kurzreferate - 20 Minuten - und durch das gemeinsame
Gespräch annähern. Der Kurs ist interdisziplinär ausgerichtet,
Kunsthistoriker und Architekten sind ebenso willkommen wie Physiker,
Mathematiker, Lichtdesigner und Interessierte anderer Fachrichtungen.

Bedingungen: Die Stiftung übernimmt die Kosten für die Hotelunterkunft,
mehrere gemeinsame Abendessen und die Exkursion. Reisespesen könnten nicht
erstattet werden.

Wir bitten um Bewerbungen mit kurzem Exposé bis zum 10.12.2008 per E-mail
an Philipp Xaver Enea Tscholl:

tschollgta.arch.ethz.ch

BAROCK / LICHT, FARBE

Mit der newtonianischen Optik scheint der Mythos gebrochen und das
\'rationale\' Licht hell und blendend in unser Leben getreten zu sein: ein
Vorbote der \'Aufklärung\' zu einem durchaus (noch) \'barocken\' Zeitpunkt.
Von hier heraus hat sich Algarottis \"Newtonianismo per le Dame ovvero
Dialoghi sopra la Luce e i Colori\" (1737)\" einen Weg gebahnt, \'zum
Licht\'. Gegen zuviel Optimismus hatte dann Goethe in seiner Farbenlehre
bemerkt, es seien die Menschen der Poesie mehr als der Wissenschaft
zugeneigt. Wenn denn schon solches - \'modern\' - geschieden sein soll, so
soll man sich auch der alten aristotelischen Zuweisung erinnern, wonach das
Wissenschaftliche sich auf das Erkennen und die Überprüfung des
Sachverhalts, die \'poiesis\' hingegen auf das Hervorbringen und die Tat
bezieht.
Was sich andererseits in barocker Zeit mit \'scientia\' verbindet, führt
uns noch in eine ganz andere Welt. Licht und göttliche Wissenschaft
verbinden sich ja ganz nach der Massgabe und dem Eingeständnis, dass der
Mensch als göttliche Kreatur doch nur vom \'Abglanz\' göttlicher Erkenntnis
und göttlichen Lichts profitieren kann. Das \'gebrochene\' Licht erreicht
ihn, und im Spiegel erhoffen wir, die \"pulchritudo animi\" abgebildet zu
finden, wozu dann jedermann aus Erfahrung hinzusetzen kann:
\"Geringer Staub/ und laues Hauchen
Macht/ das ich ferner nicht zubrauchen.\"
Ein grelles Licht ist es also nicht, das uns umgibt. Und in die Sonne zu
blicken ist riskant. Umso erstaunlicher ist es, dass das physikalische
Experiment Newtons sich in der Verherrlichung, die Pittoni und Valeriani
für Owen Mac Swinny malten, \'ikonographisch\' in die Tradition all jener
Darstellungen stellt, mit der der göttliche Lichtstrahl in seinen
Spiegelungen und Brechungen zu den Menschen gelangt.
Doch bleiben wir vorerst in der \'barocken\' Umgebung, um gerade dies, eine
voreilige Mystifizierung nämlich, zu vermeiden. Das Licht steht zwar für
die göttliche Wahrheit. Aber Anteile davon sind uns nicht verwehrt - und
unseren Sinnen zugänglich und erfahrbar, ein Mittel, um dorthin zu
gelangen, angeleitet und gelenkt. Und so stehen Licht und Farbe auch im
Mittelpunkt dessen, was uns in der Darstellung, im \'Bild\' vermittelt
werden kann. Und dies lässt zuweilen an Deutlichkeit nichts vermissen. Es
lässt sich kaum bezweifeln, dass in dem goldgelben Licht, das im
Chorscheitel von St.Peter über der Cathedra Petri - oder über dem Hochaltar
der Salzburger Kollegienkirche oder über der Rückwand der Einsiedler
Klosterkirche - in den Raum dringt, uns das \'göttliche Licht\' erscheint,
zumal Symbole (die Taube des Hl.Geistes) oder Inschriften (das \"divinitus
consecrata\" in Einsiedeln), dies auch genau bezeichnen. Es \'ist\' - für
einmal erfahrbar - das göttliche Licht.
Wo soviel \'commercium\' zwischen Gott und den Menschen stattfindet, wird
man also auch immer wieder Lichterscheinungen und auf Lichtstrahlen jeder
Art stossen. Und wo immer der Künstler gefordert ist, solches darzustellen,
wird er die sich bietende Gelegenheit ebenso nachvollziehbarer wie
adäquater Darstellung nutzen und dies \'ad oculos\' demonstrieren. Die hoch
angesetzte, vermittelnde Aufgabe des Künstlers als der, der in Licht und
Farbe die Dinge darstellt und selbst Unvorstellbares nach dieser Massgabe
in die Darstellung zu bringen befähigt ist, wird einmal mehr in ihrer
ganzen Bedeutung und in ihrem ganzen Gewicht erkennbar.
Der Künstler ist so in seiner vermittelnden Funktion hervorgehoben. Das
Licht ist andererseits selbst Mittel des Sehens; in ihm \'bewegt\' sich der
Sehsinn. Umso mehr bietet sich so die Möglichkeit an, auf das Sehen - und
über die Sinne - auf den Menschen Einfluss zu nehmen. Man wusste mit den
Lichteffekten, mit Helligkeit, mit gedämpften Licht umzugehen, sosehr, dass
sich die Kirche gelegentlich gegen soviel \'religiöse Stimmung\' - dem
schon früh auf gotische Kathedralen bezogenen \"dim light\" - ausdrücklich
verwahrte. Auch hier wie in so vielen ähnlich gelagerten Situationen gilt,
dass sich die Mittel in der Hand des Künstlers verselbständigen und er
selbst über Licht und Farbe nach seinem künstlerischen Ermessen verfügt.
Kaum ein Thema ist in jener \'barocken\' Zeit so vielfältig und reich
ausgestattet, wie das von Licht und Farbe.

Es bietet sich umso mehr an, vorerst auf eine genauere Grenzziehung zu
verzichten und der Frage freien Lauf zu geben, auf dass der Vielfalt
möglichst umfassend entsprochen werden kann... und die Teilnahme an unserem
\'Jubiläums-Barocksommerkurs\' rege sei.
Okt.08 / W.Oe.

Eine ausführliche Version dieses Textes findet sich unter:
www.bibliothek-Oechslin.ch

Quellennachweis:
CFP: Sommerkurs: Barock/Licht, Farbe (Einsiedeln, 28 Jun- 2 Jul 09). In: ArtHist.net, 29.10.2008. Letzter Zugriff 13.05.2025. <https://arthist.net/archive/30851>.

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