Veranstaltungsreihe "Fetisch + Konsum"
Akademie Schloss Solitude, Stuttgart
18. April 2008, 20.00 Uhr
Vortrag von Wolfgang Ullrich
Jenseits des Fetischismus. Dingkultur im Konsumismus
Wer den Konsumismus als Fetischismus beschreibt, spricht einen
doppelten Verdacht aus. So wird in ihm einerseits ein diffus-
religiöses, vor jeder Aufklärung stehendes magisches Phänomen
vermutet, andererseits aber bringt man den Konsumismus in Nähe zum
Pathologischen: Ist er nicht eine Macht, die emotionale Abhängigkeiten
und perverse Prioritätenverschiebungen erzeugt? In Vokabeln wie
"Markenkult" und "Kaufrausch" artikuliert sich dieser doppelte
Verdacht - der aber vielleicht auch nur ein Ressentiment ist. Auf
jeden Fall - das ist der Ausgangspunkt des Vortrags - verlegt die
Gleichung von "Ware" und "Fetisch" den Blick auf alternative
Beschreibungen des Konsumismus. Warum etwa sollten dessen Produkte
nicht als Zeugnisse einer Hochkultur gewürdigt werden? Und was
passiert, wenn man Konsumgüter als Gipfelpunkte wissenschaftlicher
Erkenntnis, als Instrumente der Selbstreflexion oder als real
gewordene Wünsche erörtert?
Wolfgang Ullrich ist Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie
an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Weiterhin arbeitet er
als freier Autor und Unternehmensberater im Bereich Marken-, Image-
und Trendforschung. Zu seinen letzten Buchveröffentlichungen zählen Zu
seinen letzten Buchveröffentlichungen zählen "Bilder auf Weltreise.
Eine Globalisierungskritik" (Berlin 2006), "Habenwollen. Wie
funktioniert die Konsumkultur?" (Frankfurt am Main 2006), "Gesucht:
Kunst! Phantombild eines Jokers" (Berlin 2007).
25. April 2008, 20.00 Uhr
Vortrag von Catherine Perret
Fetischismus und Perversion
Ist der Fetischismus eine Perversion? Diese Frage durchzieht die
Freud'schen Analysen und trennt sie in zwei Lager. Indem er die Frage
schließlich bejaht, begibt sich Freud ins Lager der Aufklärung. Er
bekräftigt einmal mehr die traditionsgemäße Ausgrenzung des Fetisch,
den er, wie seine Vorgänger, jenseits der zivilisierten Welt
ansiedelt. Der Preis, in theoretischer wie in politischer Hinsicht,
der für eine solche Verbannung gezahlt werden muss, ist jedoch immens.
Er betrifft jenen Anteil, den wir im Zivilisationsprozess dem
Gedächtnis zuteilen. Denn, so sagt Freud selbst: "Der Fetisch ist ein
Denkmal."
Kann die Vernunft ohne Denkmäler auskommen? Diese Frage leitet unsere
Überlegungen seit Freud und über ihn hinaus und führt uns zur
Erforschung der Beziehung zwischen Fetisch und Erinnerung.
Vortrag in französischer Sprache mit deutscher Übersetzung.
Catherine Perret ist Professorin für Philosophie an der Universität
Paris X - Nanterre und initiierte das Projekt "Fetisch und Konsum".
Von 1995 bis 2001 war sie Programmleiterin des Collège international
de philosophie. Catherine Perret schreibt regelmäßig Artikel über
zeitgenössische Kunst für französische Zeitschriften und für
Ausstellungskataloge. 2006 wurde ihr Buch "Walter Benjamin sans
destin" neu aufgelegt. Im Rahmen des Austauschs mit dem Collège
international de philosophie war sie 2005/2006 Gast der Akademie.
Eine Kooperation mit dem Collège international de philosophie in Paris
im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Fetisch + Konsum".
Das Programm art, science & business wird durch die finanzielle
Unterstützung der Landesstiftung Baden-Württemberg, der
Landeshauptstadt Stuttgart sowie der LBBW Stiftung für Kunst und
Kultur ermöglicht.
Eintritt frei.
Ort:
Akademie Schloss Solitude / Guibalsaal
Solitude 3
70197 Stuttgart
mailakademie-solitude.de
Mehr Informationen und weitere Veranstaltungen in der Reihe unter:
www.akademie-solitude.de
Quellennachweis:
ANN: Fetisch + Konsum (Stuttgart, Apr 08). In: ArtHist.net, 03.04.2008. Letzter Zugriff 05.01.2025. <https://arthist.net/archive/30332>.