CFP 17.04.2008

Raeume. Kunstpaedagogisches Kolloquium (Loccum, 30 Jun 08)

Andrea Sabisch

Call for papers

Fünftes kunstpädagogisches Kolloquium in Loccum

Räume

20.-21.9.2008

Räume der Bildung und Forschung verändern sich derzeit in brisanter
Schnelligkeit. Nicht erst das digitale Zeitalter verwandelt Klassenzimmer
und Universitäten in Funkareale, softwaregesteuerte Kursanmeldepools und
elearning-Stationen. Auch die staatliche und private Schul- und
Hochschulreform der letzten Jahre verwandelt Lernlandschaften,
Organisationsabläufe, Kommunikationsstrukturen und Lernkulturen.

Räume der Bildung und Forschung sind nicht unabhängig von den historisch
bedingten Raum-Zeit-Vorstellungen zu denken und bedingen spezifische
Handlungsformen.

Wenn beispielsweise Descartes in Auseinandersetzung und Abgrenzung mit den
mittelalterlich tradierten aristotelischen Raumvorstellungen die newtonsche
Raumkonzeption vorbereitet, so verweist er neben der geläufigen Einteilung
des Raumes in dreidimensionale Koordinaten auch auf relationale Aspekte der
Raumvorstellung.

"Bewegung (...) ist nichts anderes als das Ereignis, durch das ein Körper
aus dem einen Ort in einen anderen übergeht." (René Descartes: Prinzipien
der Philosophie, Hamburg 2005, Zweiter Teil, Satz 24, S. 119) Damit
impliziert er die Bezüglichkeit von Körper und Raum im Kontext der Bewegung.
Ein spezifischer Raum definiert sich erst durch die Präsenz eines Körpers
bzw. Objektes.

Auch wenn die Annahme eines absoluten Raumes im Sinne eines alles
umfassenden Behältnisses seit Einstein und Planck nicht mehr aufrecht
erhalten werden kann, so legt Descartes durch diese Gedankenführung den
Grundstein für heutige Raumvorstellungen, die vor allem die performative
Modellierung des Raumes durch Bewegung und Relation von Objekten
fokussieren.

Dieses relationale Raumkonzept hat dazu geführt, dass sich die Raumtheorie
in unterschiedliche Disziplinen aufgliederte, die unterschiedliche Facetten
und Systeme von Räumlichkeit beleuchtet (z.B. körperliche, technische,
mediale, soziale, politisch-geographische, ästhetische).

Da menschliche Praxis schwerlich ohne die Rahmung durch die Kategorien von
Raum und Zeit denkbar ist, setzen sich auch die Erziehungs- und
Sozialwissenschaften notwendigerweise mit diesem Phänomen auseinander. Dies
gilt insbesondere für die Kunstpädagogik, die sich mit diversen Nahtstellen
der zuvor unterschiedenen Dimensionen von Räumlichkeit befasst. Als
pädagogische Disziplin fokussiert sie den sozialen Raum und seine
Adressaten, d.h. es geht um visuelle, performative und mediale Setzungen im
ästhetischen Kontext von Raum. Insofern verwundert es nicht, dass gerade in
jüngster Zeit zahlreiche kunstpädagogische Monografien die Thematik aus
unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Vgl. die Arbeiten zu Mapping
(Busse), Kartierung (Heil), Displacement (Brohl) und ästhetischen
Erfahrungsräumen (C. Meyer).

In diesem Zusammenhang findet verstärkt das durch den »spatial turn«
eingeführte und durch den japanischen Philosophen Kitar? Nishida begründete
topische Raumkonzept Beachtung. Die Vorstellung eines durch bestimmte
Koordinaten sich formierenden Feldes, das es durch kartierende Verfahren zu
bestimmen gilt, prägt nicht nur eine forschende künstlerische Praxis im
Kontext von Performance und Land-Art, sondern bringt auch eine adäquate
kunstpädagogische Methodologie hervor. Im diesjährigen fünften Loccumer
Forschungskolloquium soll die angesprochene Thematik im Spiegel aktueller
Forschungen und Forschungsvorhaben facettenreich ausgelotet und diskutiert
werden. Wie in jedem Jahr findet auch die diesjährige Planung und Konzeption
des Kolloquiums unabhängig von institutionellen Anbindungen und
Betreuungsverhältnissen statt.

Zeit: 20.-21.9.2008
Ort: 20.-21.9.2008v. Akademie in Loccum
Leitung: Prof. Dr. Andreas Brenne, Dr. Blanka-Sophie-Siebner

Teilnehmerzahl: Das Kolloquium ist auf 15 Teilnehmende begrenzt.

Abstracts: Bitte senden Sie die Abstracts bis spätestens zum 30.6.2008 per
E-Mail an brenneuni-kassel.de
Auf ca. zwei Seiten soll der Beitrag die eigenen methodischen, theoretischen
und praktischen Fragen skizzieren. (Eine Orientierung an dem diesjährigen
Thema "Räume" ist erwünscht, aber keine Voraussetzung für die Teilnahme!)

Konzeption des kunstpädagogoschen Kolloquiums
Das kunstpädagogische Kolloquium wurde von Andrea Sabisch gegründet und
findet jährlich unter wechselnder Leitung statt. Die Idee besteht darin,
eine andere Tagungs- und Kommunikationskultur zu entwickeln, in der ein
Forum geschaffen wird, um Wissenschaft als gemeinsame Arbeit zu
praktizieren. Dabei stehen die eigenen Forschungsfragen, insbesondere auch
des wissenschaftlichen Nachwuchses, im Mittelpunkt. Das Ziel dieser Tagung
ist, deren Bruchstellen, Ungereimtheiten und offene Fragen zu thematisieren.
Dies soll vor dem Hintergrund geschehen, die Kulturen der
Forschungskommunikation an den Nahtstellen der Kunstpädagogik auszuloten. Es
geht darum, am 'Rohmaterial' die eigene Forschungspraxis zu reflektieren und
in Aspekten zur Diskussion stellen. Wünschenswert ist deshalb mehr die
Thematisierung von noch brüchigen Zusammenhängen, akuten Fragen und
methodischen Vorgehensweisen. Die jeweilige Planung und Konzeption eines
Kolloquiums findet unabhängig von institutionellen Anbindungen und
Betreuungsverhältnissen statt.

Kosten pro Person: EZ + Verpflegung: ca. 85 ¤
Web: http://loccum.edublogs.org/

--
Dr. Andrea Sabisch
Universität Hamburg
Fakultät 4, FB Erziehungswissenschaft
Arbeitsbereich ästhetische Bildung und Medienpädagogik
Von-Melle-Park 8, Raum 405a
D - 20 146 Hamburg
Mail: andrea.sabischuni-hamburg.de

Quellennachweis:
CFP: Raeume. Kunstpaedagogisches Kolloquium (Loccum, 30 Jun 08). In: ArtHist.net, 17.04.2008. Letzter Zugriff 10.05.2025. <https://arthist.net/archive/30291>.

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