CONF Jun 27, 2007

Die Aktualitaet der Conceptual Art (Bonn, 6-7 Jul 07)

Stefan Gronert

Die Aktualität der Conceptual Art

Ein Symposium des Kunsthistorischen Instituts der Rheinischen
Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Bonn und dem Bonner Kunstverein aus
Anlaß der Ausstellung "John Baldessari: Music"

Bonn, 6. und 7. Juli 2007

Kaum eine Kunstrichtung der jüngeren Vergangenheit hat in den vergangenen
Jahren so eine starke Resonanz erfahren wie die Conceptual Art. Das belegt
zum einen die zeitgenössische Kunst-Produktion, die sich aus einer
bestimmten Perspektive weitestgehend als Formen der direkten Referenzen
oder als Fortentwicklungen von konzeptualistischen Ansätzen verstehen läßt.
Das belegt zum anderen in kunsttheoretischer und -historischer Hinsicht
aber auch die auffällige Vielzahl aktueller Publikationen zur Conceptual
Art, die ihre Blütezeit zwischen 1967 und 1977 erlebte. Aus heutiger Sicht
ist die documenta X von Catherine David diesbezüglich wegweisend gewesen,
hat die Kuratorin die Konzeptkunst doch als Rückgrat und Basis für das
jüngere Kunstschaffen präsentiert. Nach der Euphorie über die Kontext-Kunst
der frühen neunziger Jahre, die inhaltlich an die Institutionskritik der
Conceptual Art anknüpfte, ist heute kaum mehr ein Kunstwerk ohne
konzeptuellen Hintergrund zu sehen: was aber heißt hier "Konzept"?

In einem ersten Teil des Symposiums geht es darum, die Conceptual Art in
ihrer historischen Dimension neu zu befragen. Im Unterschied zur Minimal
Art, die sich als eine genuin amerikanische Kunst verstand, finden sich
dabei Beiträge zur "Conceptual Art" auf mehreren Kontinenten - selbst wenn
die Unterschiede der jeweiligen Ansätze womöglich doch kontinentale
Zuordnungen erlauben. Ist dies Ausdruck einer künstlerischen
"Globalisierung" oder nicht vielleicht eher das Resultat eines offenen
Stil- oder Begriffs-Feldes? Was heißt eigentlich "konzeptuell" im
Unterschied zu "konzeptualistisch" und kann es überhaupt Kunst jenseits
eines "Konzepts" geben?

Obwohl - wie wohl bei jedem etikettierenden Zugriff - die Zuordnung
einzelner Positionen zu dieser Bewegung immer problematisch ist, so haben
doch einige inhaltliche "Leitbegriffe" die Diskussion um die Conceptual Art
nachhaltig bestimmt. Gerade in der Diskussion einzelner Ansätze wird es
deshalb bei dem Bonner Symposium zur Aktualität der Conceptual Art zu
fragen sein, wie tragfähig Ansätze wie "Ideenkunst" , "Schrift und
Sprache", "Dematerialisierung", "Intermedialität oder "Cross over" und
"Institutionskritik" tatsächlich sind, um dem Verständnis des Phänomens
gerecht zu werden. Inwieweit sind die Ansätze jener Zeit vor einem
gesellschaftspolitischen Hintergrund zu verstehen, sind sie nur historisch
relevant oder besitzen sie auch heute noch Aktualität? Wie läßt sich die
aktuelle "Renaissance" der Conceptual Art in der wissenschaftlichen
Diskussion begreifen? Hängt dies mit der strukturellen Perzeptionsschwäche
von Kunsttheorie und dem Fach Kunstgeschichte zusammen, welche sich durch
die neuen Fragestellungen der Moderne aufgefordert sieht, neue Sichtweisen
einzunehmen und daher eine bessere Rezipierbarkeit von konzeptuellen
Phänomenen qua Reproduktion begünstigt? Ist diese Form der Aktualität der
Conceptual Art nicht vorwiegend ein angelsächsisches Phänomen, dem in der
deutschsprachigen Literatur nichts Vergleichbares zur Seite steht? Und wie
kann die akademische Kunstgeschichte produktiv mit dem Umstand umgehen,
dass sie aufgrund der Zeitzeugenschaft der mittlerweile gealterten
Conceptual artists Formen einer "oral history" methodisch in ihre Forschung
integrieren muss, ohne gleichzeitig ihre wissenschaftliche Distanz zu
verlieren?

Während sich der erste Tag des Symposiums im Kunstmuseum Bonn mit
kunsttheoretischen und -historischen Fragestellungen beschäftigt,
fokussiert der zweite Tag im Bonner Kunstverein sich stärker auf die
gegenwärtige Kunst-Praxis. Hier wird es vor dem Hintergrund der
ortsspezifischen Arbeit von John Baldessari zu Beethovens Schwerhörigkeit
zunächst um Fragen des Verhältnisses von Sehen und Hören, von bildender
Kunst und Musik gehen. Hören im Gegensatz zu Sehen deutet im Kontext der
bildenden Kunst auf eine spezifische Form der Dematerialisierung der Kunst
hin. Inwiefern hat die mit der Konzeptkunst eingeleitete
"Dematerialisierung" zur Einführung auditiver Elemente in der bildenden
Kunst geführt? Im ersten Block geht es um eine Geschichte und Theorie des
Hörens, um die Frage nach der Vorherrschaft des Visuellen über das Auditive
und ebenso um die unterschiedlichen Beziehungen zwischen bildender Kunst
und Musik.

Im letzten Teil des Symposiums wird die Frage nach der Aktualität von
Conceptual Art praxisorientiert angegangen. Kaum ein Künstler beruft sich
heute in seiner Arbeit nicht auf ein Konzept; es ist nicht möglich,
ernsthaft Kunst zu betreiben, ohne eine dem Werk inhärente Idee zu betonen.
Fast scheint es, als ob alles, was heute erschaffen wird, wenn nicht
Konzept-Kunst, so doch konzeptuell sei. Ist es überhaupt möglich, den
einmal mit der Konzeptkunst erreichten selbstreflexiven Standpunkt in der
Kunst zu verlassen? Welche Beziehungen tun sich zwischen aktuellen jungen
künstlerischen Positionen und der historischen Konzept Kunst auf? Wie kann
das Vermächtnis der Konzeptkunst auf das heutige Schaffen dargestellt
werden? Welches sind die Gründe für das nachhaltige Echo der Conceptual
Art? Nachdem Kuratoren und Kunstkritiker aktuelle künstlerische Positionen
vorstellen, die Berührungspunkte zur historischen Konzeptkunst aufweisen,
werden einige jüngere Künstler in einem Podiumsgespräch ihr Interesse an
der Conceptual Art diskutieren.

Die Idee zum Bonner Symposium ist erwachsen aus dem Dialog des
Kunsthistorischen Instituts der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität
Bonn mit dem Kunstmuseum Bonn und dem Bonner Kunstverein, wo noch bis zum
29. Juli 2007 die Ausstellung "John Baldessari: Music" gezeigt wird. Das
Symposium versteht sich darüber hinaus als ein Beitrag zum
kunsttheoretischen und kunsthistorischen Diskurs der Kunst der Gegenwart.

Organisatoren des Symposiums:
Prof. Anne-Marie Bonnet, Universität Bonn
Dr. Stefan Gronert, Kunstmuseum Bonn
Christina Végh, Bonner Kunstverein

Programm

Freitag, 6. Juli 2007
Kunstmuseum Bonn, Auditorium

THEORIE UND GESCHICHTE DER CONCEPTUAL ART

9.30 Uhr
Einführung und Begrüssung
Anne-Marie Bonnet + Stefan Gronert

Sektion "Ideenkunst"

10.00 - 10.30 Uhr: Gregor Stemmrich: Konzeptuelle Kunst als
Informationspolitik

10.30 - 11.00 Uhr: Alex Alberro: Conceptual Art and the Legacy of the
Non-Object

11.00 - 11.15 Uhr: Pause

11.15 - 11.45 Uhr: Diskussion

Sektion "Schrift und Sprache"

11.45 - 12.30 Uhr: John C. Welchman: Joseph Kosuth\'s Second Investigation

12.30 - 13.00 Uhr: Ingo Maerker: Autor - Konzept - Kunst. Zum Verhältnis
von Sprache und Bild bei John Baldessari

13.00 - 13.30 Uhr: Diskussion

Mittagspause

Sektion "Institutionenkritik"

14.30 - 15.00 Uhr: Dorothea Zwirner: Marcel Broodthaers. Korrespondenzen
jenseits des Schweigens

15.00 - 15.15 Uhr: Hanna Pannenbecker/Martina Burgwinkel: Seth Siegelaub

15.15 - 15.30 Uhr: Pause

15.30 - 16.00 Uhr: Diskussion

Sektion "Dematerialisierung / Intermedialität"

16.00 - 16.15 Uhr: Jennifer Rabe: Dan Grahams "Homes for America"

16.15 - 16.45 Uhr: Jürgen Harten: Strategievermutungen

16.45 - 17.15 Uhr: Diskussion

17.30 - 18.15 Uhr: Führung durch die Ausstellung "John Baldessari: Music"
im Kunstmuseum Bonn durch die beiden Kuratoren

18:30 Uhr: Schluss der Veranstaltung

Samstag, 7. Juli 2007
Bonner Kunstverein

DIE GEGENWART DER CONCEPTUAL ART

10.00 - 10.30 Uhr: Führung durch die Ausstellung "John Baldessari: Music"
im Bonner Kunstverein durch die beiden Kuratoren

10.30 Uhr
Einführung und Begrüssung
Anne-Marie Bonnet + Christina Végh

Sektion "Dematerialisierung II"

11.00 - 11.30 Uhr: Gavin K. Morrison: Incidental Strategies

11.30 - 12.00 Uhr: Stefan Gronert: Kein Anschluß unter dieser Nummer. Kunst
übers Telefon

12.00 - 12.30 Uhr: Diskussion

Mittagspause

Sektion "Conceptual art today?"

14.00 - 14.30 Uhr: Jörg Heiser: Eine romantische Maßnahme

14.30 - 14.50 Uhr: Ján Mancuska

14.50 - 15.10 Uhr: Stefan Roemer

15.10 - 15.30 Uhr: Hinrich Sachs

15.30 - 15.45 Uhr: Pause

15.45 - 16.30 Uhr: Podiums- und Abschlussdiskussion, u.a. mit Ján Mancuska,
Stefan Roemer, Hinrich Sachs, Moderation: Christina Végh

Die Teilnahme ist kostenlos

Reference:
CONF: Die Aktualitaet der Conceptual Art (Bonn, 6-7 Jul 07). In: ArtHist.net, Jun 27, 2007 (accessed Jan 3, 2025), <https://arthist.net/archive/29367>.

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