Call for Papers
Vom roten Mars und runden Atomen.
Bilder von Wissenschaft und Technik zwischen öffentlicher
Wissensvermittlung und Faszinationsproduktion.
Tagung im Rahmen der Förderinitiative
"Wissen für Entscheidungsprozesse" des BMBF
und des DFG-Schwerpunktes 1143 "Wissenschaft, Politik und Gesellschaft"
Veranstalter:
Ralf Adelmann, Alexander Gall, Jochen Hennig und Martina Heßler
Ort: Hochschule für Gestaltung, Offenbach
25./26. Oktober 2007
Ähnelt die Oberfläche der Venus tatsächlich einer europäischen
Gebirgslandschaft? Ist der Mars wirklich rot, und gibt es dort Wasser?
Sind Atome rund? Hat Lucy braune Augen? Können wir unsere Emotionen und
unser Denken sehen? Die Bilder der Wissenschaft scheinen das jedenfalls
zu "belegen", indem sie es uns so deutlich zeigen.
In ihrer medialen Omnipräsenz prägen diese Bilder das "Bild" von
Wissenschaft. Bilder vermitteln uns Wissen über naturwissenschaftliche
und technologische Phänomene, Ereignisse und über neueste Erkenntnisse.
Sie dienen aber auch der Legitimation von Wissenschaft, wecken
Faszination und Begeisterung. Und nicht zuletzt im Kontext der
"Medialisierung" von Wissenschaft wird Bildern in den verschiedenen
Öffentlichkeiten eine zunehmend größere Bedeutung zugeschrieben. Die
Wissenschaftsforschung, aber auch die Kunstgeschichte widmeten sich
daher in jüngster Zeit mit guten Gründen den visuellen Repräsentationen
von Wissenschaft und Technik.
Die geplante Tagung knüpft an diese aktuellen Diskussionen mit der These
an, dass die in den verschiedenen Öffentlichkeiten zirkulierenden Bilder
nur als Ergebnis eines langwierigen und komplexen Herstellungsprozesses
zu verstehen sind, als dessen inszeniertes Ergebnis sie sich nicht
zuletzt auch durch das nicht Gezeigte auszeichnen. Bilder dürfen daher
nicht bloß als statisches oder "gefrorenes" Element in den Blick
geraten, sondern vielmehr als Prozess, in dem unzählige Entscheidungen
fallen, in dem hinzugefügt und weggelassen wird.
In der Forschung zur Wissenskommunikation in der Öffentlichkeit wird
zudem immer wieder darauf hingewiesen, dass die Vorstellung des
"Einbahnstraßenmodells" überholt sei und statt dessen von vielfältigen
Wechselwirkung zwischen innerwissenschaftlicher Kommunikation und der
Kommunikation mit den verschiedenen Teilöffentlichkeiten auszugehen sei.
Bislang gibt es jedoch wenig konkret-empirische Erkenntnisse zu den
Verflechtungen dieser verschiedenen, oft nicht klar abgrenzbaren Sphären
im Hinblick auf visuelle Repräsentationen. Hier möchte die Tagung
ansetzen und fragen, welche Rückwirkungen, Verflechtungen und Einflüsse
sich tatsächlich anhand der wissenschaftlichen Bildproduktionen
beobachten lassen.
Insbesondere möchte die Tagung die Strategien der Bildproduktion in den
Blick nehmen. Dazu gehört ein Vergleich der Bildverwendungen im
innerwissenschaftlichen Gebrauch und in unterschiedlichen
Teilöffentlichkeiten. Dazu gehört weiter die Analyse der
wissenschaftlichen Bildherstellungsprozesse und der ästhetischen
Strategien. Zu untersuchen ist der Einfluss der jeweiligen visuellen
Kultur, die Anschlüsse der Bilder an Populärkultur und Kunst, aber auch
Verselbständigungsprozesse wissenschaftlicher Bilder, wenn sie
beispielsweise zu Ikonen werden.
Ästhetischen Strategien, das Anknüpfen an populäre und künstlerische
Darstellungskonventionen sind genuiner Bestandteil der Sinnerzeugung von
Bildern, indem so Assoziationen geweckt, Evidenzen erzeugt, Narrationen
erstellt oder Visionen begründet werden. Als zentralen Aspekt soll sich
die Tagung daher auch mit der Analyse des gezeigten Wissens befassen.
Welches Wissen wird in den Bildern erzeugt? Welche Rolle spielt
überhaupt das Wissen im Vergleich zur Produktion von Faszination und
Legitimation? Dabei stellt sich die Frage nach der Bedeutung von Bildern
im Wettbewerb um öffentliche Zustimmung und heutzutage vor allem um
Forschungsgelder, der anhand konkreter Fallstudien nachgegangen werden
soll. Des Weiteren sind Beiträge von Interesse, die Aufschlüsse über die
Intentionen der Bildproduzenten sowie über die öffentlichen
Rezeptionsformen wissenschaftlicher Bilder geben: Dienen sie im
traditionellen Sinne der Belehrung und Aufklärung, besitzen sie bloß
einen tagesaktuellen, rein informativen Charakter oder steht doch eher
ihr Unterhaltungswert im Vordergrund, so dass "Konsum" die treffendste
Beschreibung für ihre Rezeption wäre?
Schließlich möchte die Tagung nach dem Einfluss verschiedener Medien wie
Holzschnitt, Photographie, Film, Fernsehen und Computer fragen. Nicht
zuletzt diese technischen Medien hatten -- neben Drucktechniken -- Anteil
an der Verbreitung und der Ästhetik der Bilder. Insofern gilt es, ihre
Bedeutung im Bildherstellungsprozess zu analysieren, zumal mit der
Verbreitung digitaler Bilder die These einer neuen visuellen Kultur in
den Wissenschaften einhergeht. Diese These zu überprüfen, ist eines der
zentralen Anliegen der Tagung. Beiträge, die die genannten Fragen in
historischer Perspektive behandeln, sind deshalb besonders willkommen.
Abstracts (Umfang max. 350 Wörter) zu den genannten Fragen sowie einen
kurzen CV bitte bis zum 30. März 2007 per e-mail senden:
Martina Heßler
hesslerem.uni-frankfurt.de
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Quellennachweis:
CFP: Bilder von Wissenschaft und Technik (Offenbach Okt 07). In: ArtHist.net, 07.02.2007. Letzter Zugriff 26.12.2024. <https://arthist.net/archive/28950>.