Die Stimme in der Medienkultur der Nachkriegszeit
Workshop für Inge Münz-Koenen
Freitag/Samstag, 26./27.01.2007
Ort: Zentrum f. Literatur- u. Kulturforschung, Schützenstr. 18, 10117
Berlin, 3. Etage, Auerbach-Saal
Die Stimme hat sich in den letzten Jahren wieder erhoben, abgesetzt von dem
unansehnlichen Platz, den eine logo- und phonozentrische Schrifttheorie ihr
zuschrieb. Auf der einen Seite ist die Aufmerksamkeit für die menschliche
Stimme als kreatürlicher Äußerung - auch jenseits des Wortes - gewachsen,
auf der anderen Seite haben seit der Entwicklung von Phonograph und
Telephonie technische Medien die Ablösbarkeit der Stimme vom menschlichen
Körper auf unheimliche Weise vertraut gemacht. Der Workshop versucht,
Markierungen zu setzen für eine Phänomenologie der Stimme in der
Medienkultur vor allem (aber nicht nur) der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg.
Er fragt nach der Historizität von Stimmen(kulturen) und ihrer
Überlieferungsträger; nach der Spannung zwischen Repräsentativitäts- und
Personalitäts-Ansprüchen der und an die Stimme; nach der affektiven und
illusionistischen Übertragungskraft der Stimmen in der Oper und auf dem
Sprechtheater; nach den visuellen Übersetzungen prototypischer und
prominenter Stimmen im Design, in den Illustrierten, Filmen und Plakaten;
nach der paradoxen Überlagerung der live-Stimmen im seinerzeit dominanten
Massenmedium Radio mit konservierten Stimmen, die aus der Vergangenheit und
von Verstorbenen stammten. Das Identifizierende jeder sozialisierten
stimmlichen Äußerungen und die Abhängigkeit ihrer Wirkung von einem Ort im
soziokulturellen Echoraum scheinen das Versprechen zu enthalten, dass das zu
restituierende Stimm- und Hörbild der Nachkriegszeit anderes und mehr bietet
als das restaurative Image, das die Kulturgeschichte bisher für sie
bereithält.
PROGRAMM (vorläufig):
Freitag, 26.1.2007
14h30
Justus Fetscher (ZfL): Einführung
MODERNE STIMMEN
Moderation: Thorsten Palzhoff (ZfL)
14h45
Karl Ludwig Pfeiffer (Siegen/Bremen): Stimmen - Farinelli, Proust, Farinelli
15h45
Nils Plath (Osnabrück): "So was Stimmen nennen! Warum eigentlich, sobald
man weiß, daß es nicht stimmt." Skizzen zur Autorität der Stimme nach
Unterstreichungen von T. W. Adorno bei Samuel Beckett
16h45
Kaffeepause
LITERARISCHE ECHOS
Moderation: Justus Fetscher (ZfL)
17h15
Heinz Brüggemann (Hannover): Zeitzeichen Stimmenvielfalt. Wolfgang
Koeppens Tauben im Gras
18h15
Francoise Lartillot (Metz): Stimmbruch in der Lyrik nach 1945. Töne der
frühen Friederike Mayröcker
Ende gegen 19h15
Samstag, 27.1.2007
VOKALPOLITIK
Moderation: Wilhelm Vosskamp (Köln)
10h
Helmut Peitsch (Potsdam): Nachruf, Vorklang. Die Feature-Fassung von
Günter Weisenborns Lautlosem Aufstand
11h
Wolfgang Beilenhoff (Bochum/Köln): Hörgewohnheiten. Zu Michail Romms Der
gewöhnliche Faschismus
12h
Oksana Bulgakowa (ZfL): Tonbremssspuren. Film-Stimmen der 1950er Jahre
(Marlon Brando und Innokentij Smoktunovskij)
13h
Mittagspause
MITTEBESTIMMUNG
Moderation: Walter Fähnders (Osnabrück)
14h30
Gerd Rienäcker (HU Berlin): "Was man noch nicht sagen kann, kann man
vielleicht schon singen". Über das Sagen, Sprechen und Singen, die
Bedeutungshaftigkeit des Koloraturgesangs und Dessaus Lanzelot
15h30
Marianne Streisand (Lingen): Bild und Ton beim späten Brecht
16h30
Kaffeepause
UNTERTÖNE
Moderation: Oksana Bulgakowa (ZfL)
17h
Alexander Honold (Basel): Gugeln. Die Stimmen der Flüsse
18h
Justus Fetscher (ZfL): Verschiedene Stimmen. Die Sprache des Jenseits im
Hörspiel der 1950er Jahre
19h
Abschlussdiskussion
Ende gegen 19h30
20h
Feier zum Geburtstag von Inge Münz-Koenen
*
Mit freundlichen Grüßen
S.Hetzer
--
Susanne Hetzer
Zentrum für Literatur- und Kulturforschung
Schützenstr. 18, R. 333
10117 Berlin
http://www.zfl.gwz-berlin.de/
Quellennachweis:
CONF: Die Stimme i. d. Medienkultur (Berlin, 26-27 Jan 07). In: ArtHist.net, 17.01.2007. Letzter Zugriff 21.12.2024. <https://arthist.net/archive/28889>.