deixis – Vom Denken
mit dem Zeigefinger
Eine internationale Tagung
vom 24. – 26. November 2006
TAGUNGSORT
Deutsches Literaturarchiv Marbach
Schillerhöhe 8 –10
71672 Marbach am Neckar
»Ein Hund, dem man mit der Hand
in die Richtung zeigt, läuft nie dorthin,
sondern springt zu der Hand hinauf.«
Hans-Georg Gadamer
Das Programm des Deutschen Literaturarchivs Marbach steht 2006 zum
ersten Mal unter einem Jahresthema, das zwischen Denken und Schreiben,
Wissen und Poesie, Bewahren und Vermitteln, Germanistik und anderen
Wissenschaften, Literatur und anderen Künsten Brücken schlägt. Es gehört
zur Spezifik des Deutschen Literaturarchivs, literarisches Material
nicht nur zu sammeln, zu erschließen, zu konservieren und zu
dokumentieren, sondern auch museal zu exponieren. Mit der Eröffnung des
Literaturmuseums der Moderne im Juni 2006 und dem Zuwachs von 1.000
Quadratmetern Ausstellungsfläche liegt das erste Jahresthema auf der
Hand: Zeigen. Am Ende des Jahres zeigt der Cursor auf den Akt des
Zeigens selbst: deixis.
Zeigen heißt: den Blick lenken auf etwas Drittes. Der Zeiger ist Mittel,
er muss als solches erkannt und beim Wahrnehmungsvorgang
›herausgefiltert‹ werden. Er kann und muss als solches aber auch in
seiner Technizität reflektiert werden. Das Zeigen ist nicht zuletzt eine
Angelegenheit der Rhetorik. In rhetoriktheoretischen Traktaten werden
Verfahren entwickelt, mit deren Hilfe etwas vorgeführt, etwas
aufgezeigt, etwas vor Augen und zur Schau gestellt werden kann.
Was nun zeigt die Literatur? Wie zeigt sie es? Kann sie und soll sie
selbst überhaupt gezeigt werden? Wie wird sie gedeutet, indem auf sie
gedeutet wird?
Thesen rund um das Thema Zeigen, wie sie in Ausstellungen, Gesprächen,
Lesungen und Tagungen diskutiert und in der Praxis auf die Probe
gestellt wurden, verdichten sich in der Jahrestagung des Deutschen
Literaturarchivs.
Experten stellen die deixis-Frage – aus der Perspektive der Kunst- und
Ausstellungstheorie, der Literaturwissenschaft und Linguistik, der
Semiotik, der Psychologie und der Philosophie.
Freitag, 24. November 2006
14.00 Uhr Anreise, Imbiss
Begrüßung: Prof. Dr. Ulrich Raulff,
Dr. Heike Gfrereis, DLA
14.30 Uhr 1. Sektion: »Was zeigt ein Rahmen?«
– zur Ausstellungstheorie und Museologie
Die Kunst des Ausstellens ist eine Kunst des Zeigens. Die
erste Sektion der deixis-Tagung beschäftigt sich mit Ausstellungs-
und Museumstheorien, mit der ›historischen Anthropologie‹
des Sammelns und Ausstellens, mit der Dramaturgie
bzw. dem Narrativ des Museums. Auf einer theoretischen
Achse wird es um die Ausstellbarkeit von Literatur gehen,
auf einer historischen Achse speziell um die Entwicklung der
literarischen Ausstellungspraxis – vom Dichterhaus zum
Literaturmuseum.
Moderation: Marcel Lepper, DLA
Eröffnungsvorträge:
Prof. Dr. Hubert Locher, Kunstakademie Stuttgart
Die Dinge und die Worte – zur Geschichte der visuellen und
literarischen ›deixis‹ im Museum und seinen Vorläufern
Prof. Dr. Krzysztof Pomian, CNRS Paris
Literarische Objekte im Museum
16.30 Uhr Kaffeepause
Steffen Siegel, BBAW Berlin
Zeigen/sich zeigen. Erscheinung und Ausstellung des Bild-Körpers
Prof. Dr.Werner Oechslin, ETH Zürich
Auf einen Blick
18.30 Uhr LiMo-Rundgang, Archivführung
20.30 Uhr Dinner
Samstag, 25. November 2006
9.30 Uhr 2. Sektion: Schriftbild, Bildband, Tonband
– Medien und Material
Literatur ist oft für die Augen geschrieben. Die zweite Sektion
stellt die Medien und Materialien in den Mittelpunkt: Schrift und
Illustration, Brief und Buch, Aufbau und Gestalt eines Manuskripts,
Typographie, Beschreibstoffe. Kann man Schrift zeigen? Wie verhält
es sich mit dem wechselseitigen Zeigeverhältnis von Bild und
Text, Stimme und Text?
Moderation: Prof. Dr. Hubert Locher, Kunstakademie Stuttgart
Prof. Dr. Horst Wenzel, HU Berlin
Deixis und Initialisierung. Zeighände in alten und neuen Medien
Prof. Dr. Gottfried Boehm, Basel
Was sich zeigt. Deiktische Wurzeln des Bildes
11.30 Uhr Kaffeepause
Prof. Dr. Dorothee Kimmich, Tübingen
Wie Dinge sich zeigen
12.30 Uhr Lunch und Kaffee (Cafeteria)
15.00 Uhr 3. Sektion: »cf.!« – zur Philosophie des Zeigeakts
›Index‹ heißt der Zeigefinger. Ein ›Index‹ ist ein Referenzsystem,
eine Verweisstruktur – eine Leseliste, Verbot und Lockung. ›Index‹
heißt auch ein Zeichentypus, der als ›Anzeichen‹, als ›Folgezeichen‹
zu interpretieren ist. Die dritte Sektion wird sich darum auf
philosophisch-zeichentheoretischer Ebene mit dem Zeigeakt
beschäftigen.
Moderation: Prof. Dr. Horst Wenzel, HU Berlin
Dr. Carsten Dutt, DLA
»Die Dinge zeigen, wie sie sind.« Über Wahrheit und Genauigkeit
Marcel Lepper, DLA
Bühlers Phantasma
17.00 Uhr Kaffeepause
Prof. Dr. Günter Figal, Freiburg
Zeigen und Sichzeigen. Zum Phänomen-Begriff der Phänomenologie
PD Dr.Uwe Wirth, ZfL Berlin
Spuren am Rande zwischen genuiner und degenerierter Indexikalität
19.00 Uhr Dinner
20.00 Uhr Vortrag mit Musikbeispielen, Humboldt-Saal, DLA (öffentlich)
Prof. Jörg Widmann, Freiburg
Ver-Rückungen. Aspekte der Syntax und Harmonik im Werk Robert
Schumanns
Sonntag, 26. November 2006
9.30 Uhr 4. Sektion: »Man zeigt nicht ... !«
– für eine Ethik des Zeigens?
Zeigen hat bis zu einem gewissen Grad immer
Bekenntnischarakter. Der Zeigeakt verletzt Schamgrenzen – bei
denen, die zeigen, bei denen, auf die gezeigt wird. ›Exposition‹ und
›Exhibition‹ sind als falsche Freunde gefürchtet. Muss der Zeigefinger
als moralischer gedacht werden? Warum kann Zeigen unanständig
sein?
Moderation: Prof. Dr. Ulrich Raulff, DLA
Dr. Peter Geimer, ETH Zürich
›Diese Vase wurde von Marcel Proust zerbrochen‹ –
Reliquien, Reste, Zeugs
Christian Baudisch, DLA
Der Meister – die ironiefreie Inszenierung Stefan Georges
11.30 Uhr Kaffeepause
Dr. Heike Gfrereis, DLA
Nichts als schmutzige Finger: Soll man Literatur überhaupt zeigen?
12.30 Uhr Imbiss, Abreise
TEILNAHME nach Anmeldung
EMPFOHLENE ÜBERNACHTUNG:
Parkhotel, Schillerhöhe 14,
71672 Marbach, Tel. 07144/905-0
KONZEPTION
Prof. Dr. Ulrich Raulff, DLA
Dr. Heike Gfrereis, DLA
Marcel Lepper, DLA
TAGUNGSBÜRO
Birgit Wollgarten
Deutsches Literaturarchiv Marbach
Schillerhöhe 8 –10
71672 Marbach am Neckar
Tel. 07144 - 848 433
Fax 07144 - 848 490
wollgdla-marbach.de
Reference:
CONF: deixis - Denken m. d. Zeigefinger (Marbach 24-26 Nov 06). In: ArtHist.net, Nov 14, 2006 (accessed Nov 2, 2024), <https://arthist.net/archive/28708>.