CONF Mar 27, 2006

UEBER LEBEN (Zuerich, 22 Apr 06)

ICS

INSTITUTE_CULTURAL_STUDIES
IN_ART_MEDIA_AND_DESIGN

HGK_ZUERICH

S Y M P O S I U M

Nachdiplomstudium MAS Cultural/Gender Studies an der Hochschule für
Gestaltung und Kunst Zürich/ICS

U E B E R

L E B E N

Internationales Symposium zu Fragen von
Biografie, Biologie und Biopolitik

Samstag, 22.April 2006, 10-19 Uhr, Vortragssaal hgkz, Workshops 5.Stock
Ausstellungsstrasse 60, 8005 Zürich

Konzept: Prof. Dr. Marion Strunk, Sigrid Adorf, PD Dr. Pietro Morandi,
Studienleitung ncgs

Nicht endende Krisen im Kern und an den Rändern der wirtschaftlichen
Zentren, zunehmende Migrationsbewegungen, Sozialabbau, wirtschaftliche
Unterhöhlungen des demokratischen Prinzips und ein erhöhter Druck auf die
Konkurrenzfähigkeit des/der Einzelnen haben in den letzten Jahren auch in
Gesellschaften des Westens zu einem Gefühl permanent gewordener Instabilität
und Unsicherheit geführt. Erneut sind einseitige Erklärungen am Werk.
Phänomene von Diskontinuität und Differenz werden auf ein paar
kontrollierbare Muster reduziert. So obliegt es beispielsweise Genetik und
Gehirnforschung, als ebenso hoch angesehene wie kritisierte Disziplinen, vor
diesem Hintergrund neue vermeintliche Gewissheiten zu etablieren und
Lebenssinn zu formulieren.

Gegenwärtig ist ein drohender Verlust der Fähigkeit, das eigene Leben
erzählen zu können, beobachtbar. Die grossen Erzählungen von Freiheit und
Befreiung sind verblasst und dem beunruhigenden Empfinden gewichen, dass
zwischen der Idee eines unabhängigen, beweglichen Selbst und der von
Wirtschaft und Politik geforderten Flexibilität womöglich ein zeitgemässer,
signifikanter Zusammenhang besteht. Das Ideal von einem selbst bestimmten,
allein den eigenen Anforderungen und Gesetzmässigkeiten unterstellten Lebens
ist der common sense neoliberaler Gesellschaften, aber viele erfahren ihren
Kampf um Selbstständigkeit als tragische Wiederholung von Selbstverlust
unter den Vorzeichen eines"unternehmerischen Selbst".

Das Symposium will die individuellen Handlungsm_glichkeiten diskutieren, die
gegenüber diesen Herausforderungen noch verbleiben. Auf der Ebene des
Biografischen ist zu fragen, ob die bewährten Möglichkeiten von
Bewusstwerdung mittels Erinnerung und Verstehen auch in der Ungewissheit von
Orten noch gelten, wenn Spuren, Bilder, Räume einer permanenten (Ver-)
Änderung unterliegen. Können Erinnerungsarbeit und Vergegenwärtigung von
Vergangenem noch zu Erkenntnissen führen, die auf Gegenwart verändernd
einwirken? Auf der Ebene des Biologischen stellt sich die Grundfrage, was
überhaupt im Leben und Erleben veränderbar ist und was nicht. Wenn
biologische Erklärungen als determinierende Gesetzmässigkeiten aufgefasst
werden, ist zu fragen, ob und in welcher Form Plastizität denkbar bleibt.

Und schliesslich sind auf der Ebene des Biopolitischen (Foucault) jene
Regierungs- und Steuerungspraktiken zu thematisieren, die Menschen nicht
(mehr) in erster Linie als handelnde Personen ansprechen, sondern als sich
verhaltende, von Reizen beeinflusste Körper. Wie verschieben sich dann aber
Fragen der Emanzipation unter den Bedingungen neoliberaler
Selbstentwicklung, Fragen nach Subjektentwürfen und Lebensgestaltungen.
Können Erinnerungsarbeit und Vergegenwärtigung von Vergangenem noch zu
Erkenntnissen führen, die auf Gegenwart verändernd einwirken? Welche
Möglichkeiten bieten psychologische Ansätze? Welche die Künste?

Programm 22.April 2006

10.00>>Begrüssung Prof. Dr. Sigrid Schade, Leiterin ics

10.05-10.30>>Einführung in die Veranstaltung und Fragestellungen des
Studiums der Cultural/Gender Studies ncgs, durch die Studienleitung Prof.
Dr. Marion Strunk, PD Dr. Pietro Morandi, Sigrid Adorf

10.30-11.00>>Gender. Habitus. Gouvernementalit_t. Dr. Lars Kohlmorgen

11.00-11.30>>Biopolitik: Wie werden Menschen "regiert"? PD Dr. Pietro
Morandi

11.30-12.00>>Dynamische Systeme: Psyche und Gehirn, Dr. med Friederike
Meckel Fischer, Prof. Dr. med. Martha Lehmann Koukkou

Mittagspause

13.00-14.00>>Filmvorführung: Ich war nicht dabei. Die Shoa im Leben von
Astrid Matathias. Ein Filmprojekt von Astrid Matathias,Friederike Meckel
Fischer und Raimund Ulbrich

14.15-15.45>>Workshops 1-3 mit den Referentinnen der Vorträge:

1 Gender. Habitus. Gouvernementalitaet. Dr. Lars Kohlmorgen/Moderation:
Marion Strunk

2 Biopolitik: Wie werden Menschen "regiert"? PD Dr. Pietro
Morandi/Moderation: Sigrid Adorf

3 Dynamische Systeme: Psyche und Gehirn, Dr. med Friederike Meckel Fischer,
Prof. Dr. med. Martha Lehmann Koukkou,Astrid Matathias/Moderation: Catherine
Berger

Kaffepause

16.15-17.00>>Bericht aus den Workshops

17.00-17.30>>Re-konstruierte Gedächtnisräume.Eine Präsentation der
künstlerischen Arbeit von Anny und Sibel Öztürk

18.00-19.00>>Prof. Dr. Aleida Assmann, Erinnern und erinnert werden.
Strategien und Mechanismen des autobiographischen Gedächtnisses

Ohne die Stütze der Erinnerung gibt es keine Identität. Die Wege des
Erinnerns sind jedoch höchst labyrinthisch und nicht immer so leicht zu
einer Geschichte zusammenzubinden. Das beliebte 'Story-Konzept' unterschätzt
u.a. die Bedeutung, die konkreten Orten und sinnlichen Dingen für das
autobiographische Gedächtnis zukommt.
Erinnern kippt in erinnert werden; das 'Ich-Gedächtnis' ist stets vom
'Mich-Gedächtnis' grundiert, dem Wunsch, erinnert zu werden. Der Vortrag
baut auf gedächtnistheoretischen Überlegungen auf und bezieht die Frage der
Orte und Dinge des Gedächtnisses ein.

Anmeldung zum Symposium per Mail: ndshgkz.ch

nds Koordination, Frau Janine Bolliger, Limmatstrasse 47, Tel 043 446 40 20

Unkostenbeitrag für Imbiss und Getränke: NCGS 4. + 5. Studienjahr: gratis,
Studierende + ehem. NDS C/GS 30 CHF, alle anderen 60 CHF
Abendveranstaltung (falls separat): Studierende 5 CHF, andere 15 CHF

icshgkz.ch
http://ics.hgkz.ch

Reference:
CONF: UEBER LEBEN (Zuerich, 22 Apr 06). In: ArtHist.net, Mar 27, 2006 (accessed May 15, 2025), <https://arthist.net/archive/28016>.

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