ANN 07.11.2005

Deutungshoheiten - Vortragsreihe (Zuerich WS 05/06)

Jan von Brevern

Vortragsreihe WS 05/06
Universität Zürich, Kunsthistorisches Institut

Deutungshoheiten

Donnerstags, 18 Uhr, 14-tägig,
Beginn: 3. November 2005
Raum 008, Rämistr. 73

Wer darf Bilder deuten und wer deutet sie wie? Wie wird dabei diese
Deutungshoheit, d.h. die spezifische Wahrheit der Lesart eines Bildes
begründet? Jedes Nachdenken über ein Bild lässt es als ein anderes, ein
neues Bild erscheinen. Wie verhalten sich diese Bilder von Bildern
zueinander? Und wie markieren wir eigentlich, über welche Bilder wir
sprechen? Zu Antworten auf diese Fragen und zu gewagten Theorien zur Genese
von Deutungshoheiten möchte diese Vortragsreihe mit Beiträgen aus
verschiedenen disziplinären, methodischen und historischen Perspektiven
einladen. Dabei sollen besonders die verschiedenen Traditionen von
Bildlektüren und ihre Legitimationspraxis beleuchtet und auf ihre
Konsequenzen für das Bedeuten und die Bedeutung von Bildern erörtert werden.
Man setzt sich gegenwärtig allerorts mit dem Bild als Instrument für Evidenz
in der Wissenschaft und als Gegenstand der Wissenschaft auseinander, man
stellt Überlegungen über die Genese der Bilder an, spricht über ihre Rolle
in der Kunstgeschichte und ihre Bedeutung für die Gesellschaft im
besonderen. Die Bedeutung der Bilder selbst in allen diesen Ordnungen wird
jedoch nur scheinbar kontrovers diskutiert. Ein genauer Blick auf diese
Scheingefechte und ihre obsessiv wiederkehrenden Topoi von Wenden, Turns und
Schleifen offenbart, dass man sich erstaunlich einig über die eigene
Bildkultur und ihre Lesegewohnheiten hinsichtlich der Bilder zu sein
scheint. So hört man vor allem aus der Kunstwissenschaft den Anspruch, für
alle Bilder, also auch Bilder, die Werbung, Comic, Film und Computerspiele
generieren, die wahren Interpreten zu sein, eine Steigerung des
Forschungsinteresses an diesen Bildern setzt jedoch erst ausgesprochen
zögerlich ein. Es geht im Augenblick offensichtlich darum, wer Bilder
³richtig² deuten darf, wer sie benutzen, wer über sie und besonders wie
forschen darf und wem sie gehören. Dieser Machtkampf um Deutungshoheiten
hinterlässt auf den Oberflächen der Bilder nicht nur neue hochinteressante
Kerben und Narben und verändert unseren eigenen Blick auf die begehrten
Bilder, sondern deckt die Folgen ihrer Opazität, ihrer Vielschichtigkeit und
Undurchlässigkeit auf. Wenn über die historische Bedeutung von Bildern, über
die aktuelle Bedeutung von historischen Bildern, ihre wahre Bedeutung und
über falsche Sehweisen gesprochen wird, spricht man im seltensten Fall von
den Bildern selbst: Vielmehr werden im Namen des Bildes Sehverbote und
Deutungsgebote ausgesprochen.

Programm:

03. 11. 2005

"Vergleichendes Sehen oder Gleichheit aus Versehen? Begegnung eines
kunsthistorischen Paradigmas mit aktuellen Pressefotografien"

Dr. Peter Geimer, Kunstgeschichte, Wissenschaftsforschung, ETH Zürich

17. 11. 2005

"Bilder zwischen Reglement und Versagen ­ Lolita (Nabokov/Kubrick/Lyne)"

Dr. Ursula von Keitz, Filmwissenschaft, Universität Zürich

01. 12. 2005

"Unerträgliche Bilder. Extreme Gewalt und ihre Betrachter"

Prof. Dr. Valentin Groebner, Geschichte, Universität Luzern

15. 12. 2005

"Das Porträt als europäische Maske. Nicht nur bei Rembrandt"

Prof. Dr. Hans Belting, Kunstwissenschaft, Direktor des Internationalen
Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK), Wien

19. 01. 2006

"Geschmack haben. Das Kunsturteil und die Hoheit des Körpers"

Dr. des. Hannah Baader, Kunstgeschichte, Kunsthistorisches Institut Florenz,
Max-Planck-Institut

26. 01. 2006

Dr. Anne von der Heiden, Medienwissenschaft, Bauhaus-Universität Weimar

02. 02. 2006

"Das fotografische Gedächtnis. Trauma, Bild und Text bei Hugo von
Hofmannsthal."

Dr. habil. Maximilian Bergengruen, Literaturwissenschaft, Universität Basel

http://www.khist.unizh.ch/Personen/Mittelalter/VortragsreiheDeutungshoheiten
.html

Quellennachweis:
ANN: Deutungshoheiten - Vortragsreihe (Zuerich WS 05/06). In: ArtHist.net, 07.11.2005. Letzter Zugriff 22.10.2025. <https://arthist.net/archive/27734>.

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