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CALL FOR PAPERS
Beziehungsreiche Gewebe: Textilien im Mittelalter
(Köln, 24.–26. November 2006)
Deadline: 31. Januar 2006
Die Kunstgeschichte kann auf eine Tradition der v.a. ikonographischen
und stilgeschichtlichen Erforschung historischer Textilien
zurückblicken, die sich mit Kunsthistorikerinnen wie Betty Kurth,
Marie Schuette, Leonie von Wilckens und Renate Kroos verbindet.
Einzelne Werke wie der ‚Teppich von Bayeux’ oder der
‚Einhornteppich’ des Musée de Cluny fordern immer wieder neue
Deutungen heraus und prägen durch zahlreiche Reproduktionen auch das
populäre Bilderwissen vom Mittelalter. Die Bedeutung von Textilien
für kirchliche, höfische und städtische
Repräsentationsbedürfnisse ist erkannt, und mit der Aufwertung der
Kunst aus Frauenklöstern ist deren umfangreicher Textilbestand in das
Blickfeld der Forschung geraten. Es herrscht also kein Zweifel an der
Bedeutung von Textilien in den Gesellschaften des Mittelalters. Doch
scheint uns, daß das Spezialwissen zwar wächst, aber mit Ausnahme
der aktuellen Forschungen zu Frauenklöstern kaum Dialoge zwischen
stilgeschichtlichen, ikonologischen, sozial- bzw.
geschlechtergeschichtlichen und liturgiewissenschaftlichen Ansätzen
geführt werden und Kontakte mit den TextilspezialistInnen der
musealen Sammlungen und den KollegInnen anderer
geisteswissenschaftlicher Disziplinen eher zufällig als systematisch
aufgenommen werden. Meist werden stilgeschichtliche und
ikonographische Analysen der Bildprogramme von Bildteppichen und
Paramenten vorgenommen, jene aber selten in ihren symbolischen
Codierungen und in ihrer spezifischen Stofflichkeit und Medialität
gewürdigt. Als Gewebe und mobile Träger von ‚Geschichten’ weisen
sie einerseits eine große Nähe zum Text, aber auch zu anderen
Bildmedien auf, zugleich machen sie aber in ihrer mal diaphanen, mal
schimmernden und plastischen Materialität ein Wahrnehmungsangebot
jenseits der von ihnen zur Erscheinung gebrachten Bilder und Zeichen.
Die Tagung möchte die Breite der derzeitigen Ansätze und
Fragestellungen spiegeln und dieselben kritisch diskutieren, darüber
hinaus die Entwicklung medien- und kulturwissenschaftlich geprägter
Perspektiven anregen. Die Tagung richtet sich daher explizit an alle
mediävistische Disziplinen. Wir verstehen die folgenden Themenfelder
als eine erste Anregung für Tagungsbeiträge.
Mythen und Metaphern, Text und Textil
Hier könnten die mit Textilien und ihrer Herstellung verbundenen
Mythen erörtert werden, so etwa die Bildthemen der handarbeitenden
Maria und der Schicksale Arachnes und Philomeles, die in ganz
unterschiedlicher Weise von Religion, Gewalt, Konkurrenz und
geschlechtlich codierter Kommunikation handeln. Außerdem interessiert
uns, wie das Verhältnis von Text und Textil in mittelalterlichen
Schriftquellen thematisiert wird und ob sich daraus Rückwirkungen auf
die Gestaltung von Textilien ergaben. Man denke an Bildteppiche, die
mit einer Fülle von Spruchbändern und Tituli versehen sind, oder an
einzelne mit Buchstaben verzierte Teile der liturgischen Gewandung.
Intermedialität
Immer wieder wurde nach den Anregungen gefragt, die von Texten, aber
auch Wand- und Buchmalereien für die Fertigung von Textilien
ausgingen. Doch erscheint diese (zumeist ikonographisch oder
stilistisch orientierte) Perspektive zu einseitig. In welchem
Zusammenhang und vor allem: mit welchen gestalterischen Zielen sind
Ãœbernahmen von Zierformen, Rahmen- und Bildstrukturen - etwa auch aus
der Goldschmiedekunst – zu beobachten? Zu fragen wäre überdies, ob
nicht auch umgekehrt Wandmalereien oder Miniaturen die Ornament- und
Bildfülle von Textilien rezipieren.
Gewand und Körper
Wie werden in Bildern, in theologischen Traktaten und im höfischen
Roman die Beziehungen zwischen Gewand, insbesondere einem
beschrifteten, heraldisch, allegorisch oder narrativ bebilderten
Kleidungsstück (z.B. die Haube des Bauernsohns Helmbrecht), und
seinem Träger, und die Verschränkungen von Gewand- und
Körpermetaphorik thematisiert? Im sakralen Kontext wären mögliche
Themen das Verhältnis von Träger und Tuch im Schweißtuch der
Veronika, der Schleier Mariens, die Gewänder Christi und der
‚Schleier des Fleisches’ (Hebr 10, 19-20) oder ganz konkret die
christologischen Stickereien in Korporalienkästchen. Auch in
Heiligenviten erscheint das Gewand nicht selten als Spiegel heiliger
Körperlichkeit. Welche Rolle spielen dort und in ihren bildlichen
Interpretationen beispielsweise Schleier, Vorhänge und Gewänder?
Kaum berücksichtigt wurde auch bisher, in welcher Vielfalt Textilien
im Reliquienkult zum Einsatz kamen. Nicht das Reliquiar, sondern
kostbare Textilien, oftmals aus einem anderen Verwendungskontext
stammend, boten die erste Hülle der heiligen Partikel.
Performativität und Raum
Hier sollte die Beweglichkeit mittelalterlicher Textilien und deren
Gebrauch im Zusammenspiel mit spezifischen Räumen diskutiert werden.
Kultbilder werden ver- und enthüllt, Räume können mit
Altarvorhängen, Bildteppichen oder Fastenvelen in ihrem
Erscheinungsbild verändert werden. In der Liturgie fungiert der in
bebilderte Gewänder gehüllte Priester als Stellvertreter Christi und
wird für kurze Zeit Bestandteil und Bezugspunkt der bildlichen
Umgebung des Altars. Die Bedeutung von Textilien als ‚portable
grandeur’ für höfisches Zeremoniell und herrscherliche Erscheinung
ist bekannt, Schwerpunkte der Untersuchungen waren dabei Burgund bzw.
das frühneuzeitliche Frankreich. Wie verhält es sich mit anderen
Höfen bzw. Ländern wie Spanien, über dessen mittelalterliche
Textilien generell noch wenig bekannt zu sein scheint?
Wenn Sie einen Beitrag leisten möchten, senden Sie bitte ein Konzept
(max. 1 Seite) und eine Kurzbiographie bis zum 31. Januar 2006 per E-
mail oder auf dem Postweg an:
Prof. Dr. Silke Tammen
Institut für Kunstgeschichte
Justus-Liebig-Universität Gießen
Otto-Behaghel-Str. 10/G
D-35394 Gießen
Silke.C.Tammenkunst.geschichte.uni-giessen.de
Kristin Böse, MA
Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln
Albertus-Magnus-Platz
D-50923 Köln
Kristin.Boeseuni-koeln.de
Es werden Drittmittel zur Finanzierung der Reise- und
Ãœbernachtungskosten der Vortragenden beantragt.
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CALL FOR PAPERS
Conference:
Textiles in the Middle Ages (Cologne, November 24–26, 2006)
Deadline: 31 January 2006
Art history can look back on a long tradition of research on
historical textiles. The mainly iconographical and stylistic analysis
of textiles is strongly associated with names such as Betty Kurth,
Marie Schuette, Leonie von Wilckens und Renate Kroos. Some works such
as the Bayeux Tapestry or the Lady with the Unicorn Tapestry in the
Musée de Cluny have never ceased to challenge interpretation.
Reproductions of the tapestries have made them very well known even
outside of art history.
It has been recognised that textiles held great importance as
representational media for the church and the court, as well as a
civic means of representation. Furthermore, the fairly recent
acknowledgement of art in convents has drawn academic attention to
the nuns’ extensive use and production of textiles. There is,
therefore, no doubt as to the importance of textiles in medieval
societies. And yet, whilst specialist knowledge on the subject is
increasing, it seems to us that there is very little discussion
between the different approaches. Apart from the recent studies on
medieval convents, there is little interaction between readings of
textiles focusing on aspects of style, of gender, or liturgical
aspects, on social history or iconology. Collaborations between
experts on textiles working within collections and museums on the one
hand, and colleagues from other academic disciplines on the other
hand, seem to take place accidentally rather than being brought about
systematically. Analyses of style and iconography are frequently made
of tapestries and paraments, but the works are rarely appreciated for
their symbolic encoding, specific texture and mediality. As fabric
and as mobile bearers of ‘stories’, textiles have an affinity with
texts, but also with other visual media. At the same time, textiles
enable a perception of them that lies beyond the images and signs
that are brought forth by them, a perception created by their
shifting materiality which can be diaphanous, gleaming, or richly
textured. This conference endeavours to reflect and critically assess
the breadth of current approaches and further a development of
viewpoints from the perspective of media and cultural studies. The
conference is therefore aimed especially at researchers of all kinds
of medieval studies. The following topic areas are intended as first
suggestions for contributions to the conference.
Myths and Metaphors, Text and Textile
In this section, the myths formed around textiles and their creation
could be discussed, for instance images of the embroidering or
weaving Virgin Mary or the fates of Arachne and Philomela – images
which, in diverse ways, speak of religion, violence, rivalry and
gender-defined communication. Further, we are interested in the way
that the relation between text and textile is dealt with in medieval
texts, and whether repercussions of this can be seen in the design of
textiles themselves. Points of contact between text and textile are,
for example, tapestries that have been literally filled with speech
scrolls and tituli, or items of liturgical clothing which have been
adorned with letters.
Intermediality
There has been much interest in the role that texts, wall paintings
and book illustrations play in the creation of textiles. This
perspective, usually dealing with the iconography or the style of the
work in question, seems insufficient. One might ask instead: what is
the context for the appropriation of decorative motifs, borders,
frames and visual structures? And what is their aim? Furthermore, it
is also necessary to approach the question from the other side: do
wall paintings or miniatures not equally absorb the ornamental
structures and wealth of images that textiles convey?
Garments and the Body
How do images, theological treatises, or courtly poetry and romance
portray the relations between a garment (especially one covered with
writing, or one with images of a heraldic, allegorical or narrative
nature) and its wearer? A case in point might be the cap of
Helmbrecht the farmer’s son. How do body metaphors and garment
metaphors play on one another? In a sacred context possible topics
for this section might be: the relation of bearer and cloth in
Veronica’s veil, the veil of the Virgin Mary, the clothes of Christ
and the ‘veil of his flesh’ (Hebr 10, 19-20), or, more palpable,
the Christological embroidery inside corporal boxes. In the lives of
saints their garments often appear as mirrors of holy corporality.
Which role do motifs such as veils, curtains, draperies and clothes
play in these texts and their visual interpretations? Another area
which has yet to be considered is: in which different ways have
textiles been employed in the cult of relics? Precious fabrics (often
originally coming from a different functional context) provided the
first cover for the holy particles.
Performance and Space
In this section, the mobility of medieval textiles and their use
within, or in interaction with, specific spaces will be discussed.
Cult images were veiled and unveiled, the appearance of certain
spaces could be changed by adding or removing altar curtains,
tapestries or Lenten veils. In the liturgy, the priest, clothed in
garments adorned with woven or embroidered images, is the
representative of Christ and for a short time becomes the focal point
of the imagery surrounding the altar. The importance of textiles as
“portable grandeur� for court ceremony and sovereign appearance
has been researched. The main focus of research in this area has been
Burgundy, or early modern France. Other courts and countries have yet
to be examined. Little is known, for example, about the medieval
textiles of Spain.
If you wish to make a contribution, please send an outline (1 page
max., conference languages will be English and German) and a short
biography via e-mail or regular mail to the following by January
31st, 2006:
Prof. Dr. Silke Tammen
Institut für Kunstgeschichte
Justus-Liebig-Universität Gießen
Otto-Behaghel-Str. 10/G
D-35394 Gießen
Silke.C.Tammenkunst.geschichte.uni-giessen.de
Kristin Böse, MA
Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln
Albertus-Magnus-Platz
D-50923 Köln
Kristin.Boeseuni-koeln.de
We apply for funding in order to cover the expense of the participants.
Reference:
CFP: Textilien im MA (Köln, 24-26 Nov 06). In: ArtHist.net, Nov 16, 2005 (accessed Dec 3, 2024), <https://arthist.net/archive/27680>.