[english version below]
Symposium
Kanonisierung, Regelverstoß und Pluralität in der Kunst des 19.
Jahrhunderts
Kunsthistorisches Institut
der Universität zu Köln
30.09. - 01.10.2005
Kunst und Architektur des "langen" 19. Jahrhunderts sind in vielfältiger
Weise durch Grenzziehungen und -überschreitungen gekennzeichnet: So
steht der normativen Verfestigung eines Gattungssystems an den Akademien
zeitgleich dessen konzeptionelle Auflösung in allen Medien gegenüber.
Mit den von der philosophischen Ästhetik unternommenen Versuchen, "die
Kunst" zu definieren, kontrastieren praktische Ausweitungen des
Kunstbegriffs auf Gattungen und Medien auch außerhalb des tradierten
Kanons. Die Historisierung der Kunst sowie die hierarchische Scheidung
von Fächern und Themen durch die neu installierte Disziplin der
Kunstgeschichte sieht sich in der zeitgenössischen Kunst mit einem
radikal formulierten Anspruch konfrontiert, der unbedingte
Zeitgenossenschaft als zentralen Bestandteil künstlerischer Qualität
fordert. Lokale Konzentrationen koexistieren mit einem
Internationalismus, der entschieden mit neuen medialen und
marktorientierten Verbreitungsformen rechnet.
Im Moment ihrer Fixierung sind demnach die Auflösungserscheinungen und
Überschreitungsgesten kunsttheoretischer, historischer, geo-graphischer
und materialer Normierungen bereits enthalten. Darüber hinaus reagiert
die Kunstproduktion auf ein verändertes bürgerliches Publikum mit sich
zunehmend wandelnden Erwartungshorizonten sowie eine erweiterte
Öffentlichkeit.
Das Symposium des Kunsthistorischen Instituts der Universität zu Köln
will untersuchen, inwieweit diese scheinbar widersprüchlichen Befunde
sich nicht vielmehr wechselseitig bedingen und ob den relevanten
Ordnungsschemata ihre eigene Auflösung zugleich inhärent sein muss.
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Art and architecture of the "long" nineteenth century seem to be
characterized by a complex system of confinements and by the
simultaneous breach of these confinements: for instance while a
normative fixation of the diverse genera of painting was taking place at
the academies aesthetics attempted to define "the Art". At the same time
these dogmatic classifications collided with the actual developments in
contemporary art: media, techniques and themes multiplied, the demand
"to be of one's time" became a central concept. Furthermore artistic
creation was responsive to a changing audience and to new expectations
towards art. Parallel to this evolution the new formed discipline of art
history continued the academic tradition of establishing hierarchies,
schools and norms. Regionalism coexisted with a new international scope
in art dealing with new forms of representation and the
market-orientated circulation of art products. Thus the dissolution of
art theoretical concepts, historic, geographic and material norms had
already been inherent in their inauguration.
The colloquium organized by the Institute of Art History at the
University of Cologne aims at analyzing these apparent antagonisms and
contradictions.
Programm
Freitag, 30.09.05
9.00-9.30 Uhr
Stefan Grohé
Begrüßung und Einführung
9.30-10.15 Uhr
Simone Schimpf (Stuttgart)
La Vie de Notre Seigneur: James Tissots Bibelillustrationen zwischen
mystischer Verklärung und historischer Aufklärung
10.15-11.00 Uhr
Ekaterini Kepetzis (Köln)
Objekt, Materialität und Wahrheit - Kunstwerke auf den Gemälden von
Lawrence Alma-Tadema
11.00-11.30 Uhr Kaffeepause
11.30-12.15 Uhr
Gabriele Genge (Düsseldorf)
Von der Statue zum ethnographischen Objekt. Ästhetische Neubestimmungen
der Skulptur im Kontext angewandter Anthropologie
12.15-13.00 Uhr
Barbara Wittmann (Berlin)
L'arte dei bambini oder Wie kommt die Kinderzeichnung ins Museum?
13.00-14.00 Uhr Mittagspause
14.00-14.45 Uhr
Joanna Lubos-Koziel (Breslau)
"...in bester künstlerischer Ausführung für reelle mäßige Preise." Die
Entwicklung des Marktes für kirchliche künstlerische Massenproduktion im
19. Jh.
14.45-15.30 Uhr
Grischka Petri (Bonn)
Rechtsnorm, wirtschaftlicher Wert der Kunst und ästhetische
Normenpluralität: der Fall Whistler vs. Ruskin
15.30-16.00 Uhr Kaffeepause
16.00-16.45 Uhr
Lars Blunck (Berlin)
"The Most Abominable Things Ever Produced in Art" - Aufstieg und
Niedergang der Visitenkartenfotografie
16.45-17.30 Uhr Tagesdiskussion
Samstag, 01.10.05
9.00-9.30 Uhr
Stefanie Lieb
Begrüßung und Einführung
9.30-10.15 Uhr
Henrik Karge (Dresden)
Renaissance - die Kanonisierung eines neuen Stils in der
Kunsthistoriographie und Architekturpraxis des 19. Jahrhunderts
10.15-11.00 Uhr
Ulrich Fürst (Bonn)
Die Abkehr von Historismus und Stikunst im Zeichen von Weltwirtschaft
und -politik
11.00-11.30 Uhr Kaffeepause
11.30-12.15 Uhr
Daniela Mondini (Zürich)
Initialwerk und/oder Auslaufmodell? Séroux d'Agincourts ,Histoire de
l'Art' und der kunsthistoriographische Kanon
12.15-13.00 Uhr
Johannes Rößler (Berlin)
"Stil" und "Mode". Anton Springer im Kontext der realistischen Ästhetik
und der nationalliberalen Historiographie
13.00-14.00 Uhr Mittagspause
14.00-14.45 Uhr
Christian Drude (München)
Ironischer Historismus. Zur Selbstreflexion gründerzeitlicher
Versatzstückkultur im graphischen Frühwerk Max Klingers
14.45-15.30 Uhr
Claudia Hattendorff (Marburg)
Französische Karikaturen unter Napoleon I. High und Low, Eigenes und
Fremdes
15.30-16.30 Uhr Abschlussdiskussion
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Veranstalter und Kontakt:
Prof. Dr. Stefan Grohé
PD. Dr. Ekaterini Kepetzis
PD Dr. Stefanie Lieb
Kunsthistorisches Institut
der Universität zu Köln
Albertus Magnus-Platz
D-50923 Köln
Tel.: +49-(0) 221-470-2362
www.uni-koeln.de/phil-fak/khi
stefan.groheuni-koeln.de
ekaterini.kepetzisuni-koeln.de
stefanie.liebuni-koeln.de"
Quellennachweis:
CONF: Kanonisierung, Regelverstoss & Pluralitaet i. d. Kunst des 19. Jh. (Koeln 30 Sep-1 Oct 05). In: ArtHist.net, 16.07.2005. Letzter Zugriff 04.07.2025. <https://arthist.net/archive/27342>.