CONF 09.03.2005

Schoenheit muss leiden (Berlin, 03 Apr 05)

Godehard Janzing

Symposium:

SCHÖNHEIT MUSS LEIDEN.
ZUR ÄSTHETISCHEN KONSTITUIERUNG WEIBLICHER HEILIGKEIT

3. April 2005
Haus der Kulturen der Welt, Berlin

Muss Schönheit leiden? Heiligt Schönheit oder wird erst die Heilige
schön? Das Symposium Schönheit muss leiden wird nach den ästhetischen,
religionsgeschichtlichen und sozialen Bedingungen von weiblicher
Heiligkeit fragen.
Bilder weiblicher Schönheit sind gezeichnet von Transzendenz und
Gewalt, Unberührbarkeit und äußerster Verletzlichkeit. In filmischen
Inszenierungen wie in zentralen religiösen Bildern berühren sich in
der Figur der Heiligen Schönheit, Hässlichkeit und Leiden auf
widersprüchliche Weise. Sexuelle Besetzungen spielen dabei eine
Schlüsselrolle. Das passive weibliche Opfer steht häufig im Zentrum.
Nur in wenigen Fällen wird die Heilige als Quelle von Gewalt namhaft
gemacht. Typisch im christlich-europäischen Kontext ist vielmehr die
Festlegung auf die Attribute heilig/keusch/leidend/schön.
Ein Fokus des Symposiums liegt daher auch auf anderen Inszenierungs-
und Codierungs-möglichkeiten: Einander fremde Kontexte, etwa des
europäischen Mittelalters, des zeit-genössischen Films oder der
arabischen Kultur, werden auf der Suche nach Aspekten weiblicher
Heiligkeit befragt. Eine abschließende Podiumsdiskussion bündelt die
unter-schiedlichen Fragen und disziplinären Perspektiven.

Veranstaltet vom Graduiertenkolleg Codierung von Gewalt im medialen
Wandel (HU Berlin) Sabine Boshamer, Elke Dubbels, Christian Jaser,
Veronika Naumann, Julia Weitbrecht, Roland Wicher in Kooperation mit
dem Haus der Kulturen der Welt.

PROGRAMM

13–13.15 Uhr Einführung

13.15–14 Uhr
Thomas Macho
[Professor für Kulturgeschichte, Berlin]
Die neuere Faszination für Martyrium und Opferung weiblicher
Heldenfiguren. Motive in Opfertheorien und künstlerischen
Darstellungen des 20. Jahrhunderts.

Die Wiederkehr einer alten Faszination für die rituell inszenierte
Tötung von Frauen soll anhand von Beispielen aus populären
Opfertheorien, künstlerischen Perfomances und Filmen beleuchtet werden.

14–14.45 Uhr
Christian Kiening
[Professor für deutsche Literaturwissenschaft, Zürich]
Opfer und Differenz. Ingmar Bergmans Entwurf weiblicher Heilsstiftung.

Die Logik des Opfers und die Ästhetik der Differenz bestimmen sowohl
literarische wie künstlerische Modelle von Heiligkeit. Am Beispiel von
Ingmar Bergmans Jungfrauenquelle kann deutlich werden, wie nicht nur
weibliche Heiligkeit im Film auf spezifische Weise gestaltet, sondern
der Prozess der Heilsstiftung selbst ästhetisch wie theologisch
reflektiert wird.

Pause

15.15–16 Uhr
Jane Tibbetts Schulenburg
[Professorin für mittelalterliche Geschichte, Madison, Wisconsin]
Beauty and Its Liabilities in the Making of Women Saints: Mulieres
Sanctae as Men of God

Hagiographic models of medieval female saints will be explored in
light of the fascinating conflicts of beauty, virginity, humiliation,
and suffering. The paper will examine the lives of a few early popular
saints in the tradition of St. Eugenia and St. Wilgefortis. It will
look at their transgressive behavior – their dilemmas of disguise – as
portrayed in their vitae and in the visual representations of these
saints.

16–16.45 Uhr
Friederike Pannewick
[Arabistin, Berlin]
Bräute des Himmels – Islamische Imaginationen weiblichen Martyriums.

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit Figuren weiblichen Märtyrertums im
Islam. An aktuellen literarischen, journalistischen und filmischen
Beispielen aus Palästina, Ägypten und Iran wird gezeigt, wie mit
ästhetischen Mitteln das geheiligte Idealbild der muslimischen Frau
geschaffen wird. Die größte persönliche Erfüllung dieser
Nationalheiligen besteht darin, sich im Märtyrertum für ihre
Gemeinschaft zu opfern.

Pause

17.15–18.15 Uhr
Daniel Kothenschulte
[Filmkritiker, Frankfurt a.M./ Köln]
Passion and Fashion: Leidende Kinoheldinnen zwischen Glaube und Glamour.

Glamour - für Howard Schickling, den Pressechef von MGM in den 30er
Jahren, war es dieser “irgendwie leidende Ausdruck”. Längst ist das
Pathos aus der Starfotografie verschwunden, der weibliche “Opfergang”
im Kino aber blieb. Sind in Filmen wie Dancer in the Dark und
Magdalene Sisters Schönheit und Erotik subtile Manipulationen, die das
Leiden erst konsumierbar machen? Eine filmhistorische Spurensuche.

18.15–19.15 Uhr Podiumsdiskussion mit den ReferentInnen
Moderation: Ulrike Brunotte Kulturwissenschaftlerin, Berlin

Veranstaltungsort:
Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles-Allee 10, 10557 Berlin
Informationen unter: http://www2.hu-berlin.de/gewalt/leiden/

Quellennachweis:
CONF: Schoenheit muss leiden (Berlin, 03 Apr 05). In: ArtHist.net, 09.03.2005. Letzter Zugriff 11.05.2025. <https://arthist.net/archive/27058>.

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